27.10.20 Der Wertverfall der türkischen Währung geht ungebremst weiter. Seit Beginn des Jahres verlor die Lira im Handel mit dem Euro mehr als 40 Prozent an Wert und im Handel mit dem Dollar 35 Prozent. Seit Ende 2017 hat sich der Wert mehr als halbiert.
Zuletzt hat sich das Verhältnis der Türkei zu wichtigen Handelspartnern in der Europäischen Union (EU) zugespitzt, nachdem Erdogan seinen französischen Amtskollegen Emmanuel Macron scharf angegriffen hatte.
Erdogan hatte Macron im Streit über Karikaturen des islamischen Propheten Mohammed Islamfeindlichkeit vorgeworfen und den französischen Präsidenten als Krankheitsfall bezeichnet, der sich untersuchen lassen müsse. Erdogan hatte am Samstag vor Anhängern seiner Partei gesagt: „Was ist das Problem des Mannes namens Macron mit dem Islam und den Muslimen? Macron gehört in psychische Behandlung. Was soll man einem Staatsoberhaupt raten, das nichts über Religionsfreiheit weiß und so eine Haltung Gegenüber Millionen von Menschen seines Landes zeigt, die sich zu einer anderen Religion bekennen? Zuallererst ist das mentale Kontrolle. Sie greifen Erdogan hin und wieder an. Aber Reden gegen Erdogan werden Ihnen nichts bringen. In einem Jahr finden Wahlen statt. Dann werden wir Dein Schicksal sehen. Ich denke, Dein Weg ist kurz“, sagte Erdogan.
Paris rief aus Protest seinen Botschafter aus Ankara zurück. Die beiden Nato-Mitglieder Frankreich und Türkei liegen seit längerem bei mehreren Themen über Kreuz, etwa über das Vorgehen in Syrien und Libyen, dem Gasstreit im östlichen Mittelmeer und dem Konflikt in Bergkarabach.
Erdogan kritisierte zuvor auch die Polizeirazzia in einer Berliner Moschee vom Mittwoch 21.10.20 als rassistisch und islamfeindlich. Erdogan kritisierte die Aktion auf Twitter, „welche Europa jeden Tag etwas näher in die Finsternis des Mittelalters rückt“.
Erdogan hatte auch am Montag 26.10.20 zum Boykott französischer Waren aufgerufen. „Von hier aus appelliere ich nun an mein Volk. Beachtet französische Marken bloß nicht, kauft sie nicht„.
Dazu äußerte sich der deutsche Regierungssprecher Steffen Seibert. Er hält die Aussagen des türkischen Präsidenten für indiskutabel. „Das sind diffamierende Äußerungen, die ganz und gar inakzeptabel sind“, sagte Seibert.
Weiter sagte Erdogan am Montag: «Die zunehmende Islamophobie im Westen hat sich zu einem Grossangriff auf unser Buch, unseren Propheten und alles, was uns heilig ist, entwickelt», sagte Erdogan. «Umsiedlungen, Inquisitionen und Völkermorde an Angehörigen verschiedener Religionen sind keine europafremde Praxis. Die Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die vor 80 Jahren an Juden begangen wurden, die Taten gegen unsere bosnischen Geschwister in Srebrenica vor nur 25 Jahren sind noch in guter Erinnerung».
Auch in Jordanien, Kuwait und Katar hatten nach den Aussagen Macrons zu den Mohammed-Karikaturen und der Pressefreiheit am Sonntag Händler französische Waren aus ihren Filialen genommen.
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Update 28.10.20 Die Türkei verurteilt eine Titelseite des französischen Satiremagazins «Charlie Hebdo» mit einer Karikatur des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan scharf. Erdogans Kommunikationsdirektor Fahrettin Altun wirft dem Magazin «kulturellen Rassismus» vor. Die «sogenannten Karikaturen» seien «abstossend» und «ohne menschliche Moral». Die Karikatur auf der Titelseite der Mittwochausgabe von «Charlie Hebdo», die am Dienstagabend schon online veröffentlicht wurde, zeigt Erdogan in weissem Oberteil und Unterhose auf einem Sessel sitzend. Er hält eine Dose in der Hand und hebt das Gewand einer verschleierten Frau hoch, um ihr nacktes Hinterteil zu enthüllen. «Ohh! Der Prophet!», heisst es dazu in einer Sprechblase. Die Seite ist betitelt mit den Worten: «Erdogan – privat ist er sehr lustig.» Die Oberstaatsanwaltschaft in Ankara leitet nun Ermittlungen wegen Präsidentenbeleidigung gegen «Charlie Hebdo» ein, wie die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu berichtet. mehr Informationen