Premier Netanyahu gab nach telefonischen Konsultationen mit den Spitzen von Polizei und Geheimdiensten die Anweisung, die erstmals seit 1969 in dieser rigorosen Form durchgeführte Schließung des Tempelberges vom Freitag ab Sonntagmittag schrittweise für Gläubige, Israeli und Touristen aufzuheben. An den Eingängen zum Tempelberg wurden allerdings zum Missfallen des Waqf Metalldetektoren angebracht, und außerhalb sollen Überwachungskameras in Betrieb genommen werden. Zudem wurden weitere, konkret nicht genannte Sicherheitsvorkehrungen in Aussicht gestellt.
Die US-Administration brachte ihre ausdrückliche Zustimmung zur zeitweisen Schließung des Tempelbergs zum Ausdruck, während der jordanische König Abdullah II., in einem Telefongespräch mit Netanyahu am Wochenende einerseits das von drei Israel-Arabern aus Umm el-Fahm verübte Attentat verurteilte, andererseits die Aufhebung der Schließung verlangte. Dem jordanischen Monarchen war offensichtlich nicht bekannt, dass Netanyahu zum Zeitpunkt ihres Gesprächs einen entsprechenden Beschluss bereits gefasst hatte. Das jordanische Parlament hingegen nannte die drei Attentäter „Märtyrer“. Parlamentssprecher Atef Tarawneh sprach in einer Sitzung ein Gebet: „Möge Allah unseren Märtyrern gnädig sein, die unseren reinen Boden gewässert haben.“ Für den „Widerstand“ sei die israelische Besatzung verantwortlich, fügte Tarawneh laut der Onlinezeitung „Times of Israel“ an.
Zur Beruhigung der Lage führten die Kontakte zwischen Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas und Premier Netanyahu. Das von Abbas initiierte Telefongespräch war das erste seit über einem Jahr, das er mit Netanyahu führte. Die Verurteilung des Anschlags durch Abbas (er veröffentlichte im Gegensatz zu sonst auch eine arabische Version des Textes) dürfte dabei Netanyahu beruhigt haben, während Abbas die schrittweise Wiedereröffnung des Tempelbergs als Resultat seiner Unterhaltung mit dem israelischen Premier interpretieren darf.
Viel wichtiger aber ist, dass die beiden Staatsmänner hoffentlich eingesehen haben, dass in Notlagen die Direktkontakte der einzige Weg sind, um eine dritte Intifada in der Westbank zu vermeiden. Der vorliegende Fall birgt sogar das Potential für den Ausbruch eines Religionskriegs im Nahen Osten in sich. Das war offensichtlich sowohl in Ramallah als auch in Jerusalem klar und führte dazu, dass die beiden Staatsmänner auf das sonst übliche Prozedere der gegenseitigen Beschuldigungen verzichteten und gleich zu den möglichen praktischen Schritten der Beruhigung der Situation übergingen. Das veranlasste den in der Region weilenden Jason Greenblatt, Gesandter von US-Präsidenten Trump für den Friedensprozess, sowohl Netanyahu als auch Abbas mit Komplimenten zu überhäufen. mehr Informationen
Der Chef der israelischen Polizei, Roni Alscheich, sprach von einem „außergewöhnlichen und extremen“ Anschlag. Während es in der Jerusalemer Altstadt immer wieder Angriffe mit Schusswaffen oder Messern gebe, sei eine Attacke so nahe am Tempelberg äußerst selten. „Eine Schießerei auf dem Tempelberg ist ein ernstes und sehr sensibles Ereignis, es ist diplomatisch und international bedeutend“, sagte Alscheich.
Nach dem Anschlag sagte der Jerusalemer Polizeichef Joram Halevi das Freitagsgebet auf dem Tempelberg ab. Die Stätte wurde aus Sicherheitsgründen gesperrt. Auch der Großmufti von Jerusalem, Muhammad Hussein, durfte den Tempelberg nicht betreten. Er forderte Muslime auf, trotz des Verbotes zum Tempelberg zu kommen. „Es gibt keine Macht der Erde, die sie davon abhalten würde, zum Freitagsgebet zur Al-Aksa-Moschee zu kommen“, sagte er vor Ort laut der Tageszeitung „Yediot Aharonot“.
Dem Bericht zufolge hatten zwei der Attentäter etwa drei Stunden vor dem Anschlag ein Foto von sich auf dem Tempelberg auf Facebook veröffentlicht. Dazu schrieben sie: „Das Lachen wird morgen noch schöner sein.“ Etwa eine Stunde vor dem Angriff schrieb einer der Araber: „Danke Allah und genug.“ mehr Informationen
Die Polizei geht davon aus, dass der Anschlag mit Waffen ausgeführt wurde, die vor dem Angriff auf dem Gelände des Tempelberges versteckt worden waren. Nach dem Terroranschlag durchsuchte sie das Areal. Dabei seien Dutzende Messer, Schleudern, Knüppel und Blendgranaten sichergestellt worden. Schwere Waffen oder Munition wurden jedoch nicht gefunden. Die Suche sei mit der Islamischen Behörde „Waqf“ koordiniert worden, die die Stätte verwaltet.
Die beiden getöteten israelischen Polizisten Haiel Sitawe (30) und Kamil Schna’an (22) wurden am Freitag beigesetzt. Schna’ans Vater, der frühere Knessetabgeordnete Schachiv Schna’an, betonte, die Mörder seines Sohnes stünden nicht für die Mehrheit der Araber in Israel. „Sie sind Fremdimplantate. Wir waren, wir sind und wir werden immer Teil des Staates bleiben. Wir haben Beduinen als Freunde, Tscherkessen, Muslime, Christen und nicht zu vergessen Juden, jüdische Brüder mit denen wir leben. Dieses Land ist unser Land“, sagte der Druse. mehr Informationen