Was glauben eigentlich Christen?

Hallo Ibrahim

Du hast mich gefragt: „Was glauben eigentlich Christen?“ Das ist eine gute Frage, denn wie auch Muslime unterschiedliche Dinge vertreten, so betonen auch Christen unterschiedliche Aspekte und drücken sich ganz verschieden aus. Wichtig ist zu wissen, dass es nicht nur eine Kirche gibt, sondern verschiedene, wie zum Beispiel Katholiken, Orthodoxe, Kopten, evangelische und charismatische Kirchen. Es gibt ja im Islam auch die vier Haupt-Richtungen der Sunniten (Hanafi, Hanbali, Maliki, Shafi’i), die drei großen schiitischen Gruppen (Imaili, Jafari, Zaidi), dann noch die Bewegung der Sufi und weitere muslimische Umas.

Ganz allgemein glauben Christen, dass Gott die Menschen liebt und mit ihnen in Kontakt sein will. Gottes Wunsch ist, dass die Menschen mit ihm glücklich werden. Als Jesus einmal gefragt wurde, wie man ewiges Leben erhält, sagte er: „Indem man Gott liebt und seine Mitmenschen wie sich selbst“ (Lukas 10,27). Wer Jesus in sein Leben einlädt, zu dem kommt Gottes Geist und verändert ihn Schritt für Schritt. So steht im Johannesevangelium (1,12): „So viele Jesus aufnahmen, denen gab er das Recht Gottes Kinder zu werden“. Wer anerkennt, dass Jesus für ihn am Kreuz gestorben ist, der wird zu einem Kind von Gottes Familie. Christ sein ist eine Entscheidung für den geraden Weg Gottes. Deshalb wurden Christen am Anfang als die Leute des Weges bezeichnet. 

So, wie viele als Muslime geboren wurden, sind auch viele Christen in christliche Familien hineingeboren worden. Doch das macht sie im eigentlichen Sinne nicht automatisch zu Nachfolgern von Jesus. Das ist verwirrend, denn es gibt viele Menschen, die sich als Christen bezeichnen, aber ohne Gott leben. Sie haben zwar christliche Werte, verstehen aber den christlichen Glauben selbst nicht. Sie haben kein Bedürfnis, mit Gott in Beziehung zu stehen. Sie haben Gott den Rücken zugekehrt und wollen selbst bestimmen, was gut für sie ist.

Das wird in der Bibel als Sünde bezeichnet. Das Wort „Sünde“ kommt aus der Bogensprache und bedeutet Zielverfehlung. Damit ist gemeint, dass ein Mensch nicht das lebt, wozu ihn Gott geschaffen und begabt hat. Sünde ist eigentlich nicht eine einzelne Tat, sondern eine von Gott abgewandte Haltung. Durch Jesus erhält ein Mensch wieder einen neuen Zugang zu Gott und wird durch seinen Geist verändert und begabt, sofern derjenige das zulässt. Gott stellt unsere Würde wieder her, indem er für unsere Verfehlung bezahlt.

Gott will nicht im Himmel oder in einem Gebäude sein, sondern in und mit uns. Das ständige Gespräch mit Gott ist der Schlüssel zu einem erfüllten Leben. Wer in diesem Leben Zeit mit Gott verbringt, der wird nach dem Tod bei ihm sein. Gott nimmt uns als Person ernst. Er begabt und fördert uns. Wir Menschen sollen einander ergänzen.

Im christlichen Glauben ist also manches anders als im Islam. Es geht mehr um einen aktiven Austausch mit Gott und um seine Gegenwart in unserem Leben. Es geht nicht in erster Linie um gute und schlechte Taten, sondern um eine Beziehung zu Gott, so wie zwischen einem guten Vater und seinem geliebten Kind.

Natürlich gibt es noch andere Aspekte, doch das sind die wichtigsten Leitlinien.

Herzliche Grüße

Johannes

Was hättest du auf die Frage geantwortet?

Welche Frage aus muslimischer Sicht beschäftigt dich?

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert