Sieben junge Flüchtlinge aus Syrien und Libyen haben in einer Berliner U-Bahn-Station versucht, einen Obdachlosen anzuzünden. Hätten nicht Passanten eingegriffen, der Mann hätte verbrennen können. Fast alle der Männer waren wegen Körperverletzungen polizeibekannt. Es ist, ein Verbrechen, das doppelt wütend macht, denn es verletzt neben dem Tötungsverbot noch eine andere fundamentale Erwartung: Wer als Flüchtling nach Deutschland kommt, also als Schutzsuchender, sollte diesen Schutz zu schätzen wissen, statt im Gegenteil andere zu bedrohen. Ansonsten könnten die Bürger der Aufnahmeländer sich zu fragen beginnen, warum sie eigentlich den Großmut aufbringen sollten, Leute willkommen zu heißen, die ihr Leben unsicherer machen.
Warum halsen wir uns Menschen auf, fragt die Zeitschrift Zeit, die verroht sind oder traumatisiert und bei denen nicht nur Kulturschocks drohen, sondern auch Lebensenttäuschungen, Abstoßungsreaktionen und religiöse Radikalisierung?
Das Fakt, dass nicht alle Muslime Terroristen sind, aber die meisten heutigen Terroristen Muslime, heißt statistisch eben auch, dass sich das Terrorismusrisiko in Europa erhöht, je mehr Muslime hier leben.
Welche moralische Verpflichtung sollten die Bürger eines Staates haben, den Bürgern anderer Staaten zu helfen, wenn sie damit gleichzeitig Gefahren importieren, Gefahren, die sich vielleicht erst in der zweiten oder dritten Generation nach der Einwanderung voll entfalten? Mit diesem Argument hat Frankreich während der Flüchtlingskrise 2015 eine Lastenteilung mit Deutschland abgelehnt: Liebe Nachbarn, lautete die Botschaft, wir haben schon genügend Probleme mit den Arabern, die in den letzten dreißig Jahren gekommen sind.
Man kann sich die Antwort auf die Pflicht zur Aufnahme leicht machen und auf das Verfassungs- und Völkerrecht pochen. Artikel 16a des Grundgesetzes stellt klar: „Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.“ Was genau Verfolgung bedeutet und wie Flüchtlinge behandelt werden müssen, konkretisiert die Genfer Flüchtlingskonvention. Seit 2002 begründet nach ihrer allgemeinen Auslegung auch die Verfolgung wegen des Geschlechts oder der sexuellen Orientierung ein Asylrecht. Außerdem verbietet es die Europäische Menschenrechtskonvention, erfolglose Asylantragsteller in Länder zurückzuweisen, in denen ihnen Folter oder andere schwere Menschenrechtsverletzungen drohen.
Dem Argument, dass man auch Smartphones nicht verbietet, obwohl sie zu mehr Verkehrstoten führen, oder dass man Badeseen nicht schließt, obwohl sie jedes Jahr mehr Todesopfer fordern als Terrorakte, halten sie entgegen: Na und? Wir wollen den allgemeinen Lebensrisiken eben keine weiteren hinzufügen.
Doch das rigorose Prinzip des „Im Zweifel auch gegen Unschuldige“ gilt auch in der Gefahrenabwehr, im Sportrecht etwa. Aber sollte dieses Prinzip auch auf das Asylrecht angewandt werden?
Was die Gesetzgeber sich nicht vorgestellt haben, ist, dass sich einmal Teenager aus Marokko oder Tunesien, die per Billig-Flugticket und mit Schlepperbanden in eine Schengen-EU einreisen, auf Artikel 16 berufen würden. Oder dass Bewohner des Hindukuschs auf die Idee kommen könnten, sich bis nach Deutschland durchzuschlagen. Oder dass das Internet die Annehmlichkeiten des Lebens in Europa samt Preisen für waghalsige Mittelmeerpassagen bis in den letzten Winkel Afrikas verbreiten würde.
Gemessen an der heutigen Sensibilität der Deutschen für Menschenrechtsverletzungen, gibt es im Grunde überhaupt keine sicheren Herkunftsländer außerhalb der EU mehr. Aber ist es trotzdem richtig, in dieser „neuen Welt“ die „alten“ Zufluchtsgarantien aufrechtzuerhalten?
Zugespitzt formuliert muss jeder Migrant, der aus einem autoritären Staat kommt, nur behaupten, schwul zu sein, um in Deutschland mindestens geduldet zu werden. Im Jahr 2013 wurden in Deutschland 127.000 Asylanträge gestellt, 81.000 wurden geprüft und 11.000 anerkannt. Abgeschoben wurden aber nur 10.000 Personen. 95.000 blieben als Geduldete im Land. Was Asyl ist und was Einwanderung, was Flucht ist und was Migration, ist faktisch kaum noch zu unterscheiden. Der britische Ökonom Paul Collier wirft Europa schon länger vor, zu wenig gegen diese Unklarheit zu unternehmen.
Sosehr es einem Gewaltakt gleichkommt, verfolgte und hilfsbedürftige Menschen an der Grenze abzuweisen, so sehr hat ein Staat das Recht, sich seine Zuwanderer auszusuchen. Nur so könne die Entwicklung von Staaten – vor allem von hoch entwickelten Sozialstaaten – auf Dauer gelenkt werden.
Europa sollte diejenigen auswählen, die es am schwersten haben. Diesen Weg geht bereits die britische Regierung. Statt die körperlich fittesten Migranten zu sich kommen zu lassen, suchen Diplomaten in Flüchtlingslagern, etwa in Jordanien, diejenigen Menschen aus, die am dringendsten Hilfe benötigen, und fliegen sie aus. Diese Hilfe wird zwar nur verhältnismäßig wenigen Flüchtlingen zuteil – 20.000 sollen es bis zum Jahr 2020 sein –, aber es wäre denkbar, dieses Modell auszuweiten.
Statt Asylanträge im Inland könnten Hilfe- wie Einreisegesuche beispielsweise nur noch von deutschen Botschaften im Ausland ausgestellt werden. Wer bereits bestimmte Verbrechen begangen hat, hätte weder einen Anspruch auf Schutz noch eine Chance auf ein Leben im Norden. mehr Informationen
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