Wie hat Dein eigener Vater reagiert, wenn Du etwas angestellt und es ihm nachher gesagt hast? Jeder von uns hat so seine Erlebnisse mit dem eigenen Vater gehabt. Kein Vater ist wie der andere. Doch menschlich ist, dass ein Vater „ausflippt“ oder mindestens einige kräftige Worte gebraucht. Was Jesus uns hier schildert, ist nicht menschlich sondern göttlich.
Der jüngere Sohn hatte einen Teil vom väterlichen Vermögen in der Fremde verschwendet. Jetzt hatte er nichts mehr. „Und er machte sich auf und ging zu seinem Vater. Als er aber noch fern war, sah ihn sein Vater und wurde innerlich bewegt und lief hin und fiel ihm um seinen Hals und küsste ihn zärtlich. Der Sohn aber sprach zu ihm: Vater, ich habe gesündigt gegen den Himmel und vor dir, ich bin nicht mehr würdig, dein Sohn zu heißen. Der Vater aber sprach zu seinen Dienern: Bringt das beste Kleid her und zieht es ihm an und tut einen Ring an seine Hand und Sandalen an seine Füße; und bringt das gemästete Kalb her und schlachtet es, und lasst uns essen und fröhlich sein!“ (Lk. 15,20-23)
Der Vater flippt aus vor Freude über die Umkehr seines Sohnes.
Könnte diese Geschichte nicht auch so tönen: Ein Bauer hatte einen Sohn, der einen Teil seines Hofes sinnlos verschleuderte. Sein Geschäft wurde dadurch arg in Mitleidenschaft gezogen. Jetzt kommt sein Sohn von seiner Sauftour nach Hause geschlendert. Dem Vater kommt die Galle hoch. Er ist verbittert. Er pfeift dem Hofhund und lässt den Lump vom Hof hetzen.
Der himmlische Vater muss nicht so handeln. Wenn Du diesen Schluss aus der Geschichte ziehen willst, dass Gott sich freuen muss, wenn Du zu ihm kommst, dann ist das ein Trugschluss. Er muss sich nicht freuen, aber er tut’s. Ausschlaggebend ist die Haltung des Sohnes. Er kommt nicht selbstsicher daher, sondern er bereut seine eigenwilligen Wege und weiß, dass er kein Recht mehr hat, Sohn zu heißen. Und das ist ein schwerer Verlust.
Als Sohn war er dazu bestimmt, so zu werden wie sein Vater und eines Tages sollte er in die Aufgaben des Vaters hineinwachsen. Jesus sagte das einmal so: „Seid nun barmherzig, wie auch euer Vater im Himmel barmherzig ist“ (nach Lk 6,36). Als Kinder von Gott sollen wir von seiner Art geprägt werden und sie selbst leben. Paulus sagte einmal: „Wir sollen verwandelt werden in das Bild von Jesus Christus“. Für alle, die schon lange mit Gott unterwegs sind: Betrachtet doch diese Geschichte einmal unter diesem Aspekt.
Der Vater
Wer diese Geschichte aufmerksam liest, bemerkt, dass wir am Anfang wenig vom Vater hören. Der Vater schwieg, als der Sohn sein Vermögen von ihm wegnahm. Der Vater schwieg, als der Sohn sich von ihm abwandte und in die Ferne zog. Der Vater schwieg, als der Sohn das ganze Geld mit den Prostituierten verprasste. Er schwieg, als sein Sohn im Elend war. So ist Gott. Man kann sich von ihm lossagen. Man kann seine Gebote übertreten. Man kann ohne ihn leben. Und Gott schweigt dazu! Doch wir sind ihm aber nicht egal. Jesus sagt uns mit dieser Geschichte etwas Unerhörtes: Gott läuft dem Menschen entgegen. Aber er läuft nur dem Menschen entgegen, der von seinen eigenwilligen Wegen umkehren will. Sonst nicht.
Als er noch fern war, sah ihn sein Vater (Lk. 15,20).
Gott hält Ausschau nach Dir. Gott hat einen Blick für diejenigen, die zu ihm umkehren wollen. Er sah den Zachäus auf dem Maulbeerbaum (Lk. 19). Er sah den Mann, der schon seit 38 Jahren krank am Teich Betesda lag (Joh. 5). Und er sieht Dich. Ja, er wartet auf Dich. Er vermisst Dich.
Er wurde innerlich bewegt (Lk. 15,20).
Gott ist nicht ein gefühlloses, undefinierbares Wesen. Ihn bewegt es, wie es Dir geht. Von Jesus heißt es (Mt. 9,36): „Als er aber die Volksmenge sah, wurde er innerlich bewegt über sie, weil sie erschöpft und verschmachtet waren wie Schafe, die keinen Hirten haben“.
Es gab eine Stadt, in der die Menschen böse und korrupt waren. Gott schickte deshalb einen Menschen dorthin, der den Untergang dieser Stadt ankündigen sollte. Die Einwohner waren so erschrocken, dass sie umkehrten von all ihren bösen Taten und Gott um Vergebung baten. Und das Erstaunliche geschah. Gott ließ sich bewegen und die ganze Stadt Ninive wurde gerettet (Jona 3,4-10). Je nachdem, wie wir mit Gott umgehen, bewegt sich sein Herz.
Und er lief hin (Lk. 15,20).
Wenn Du Dich aufmachst zu Gott, dann kommt er Dir entgegen. Er weiß, wie hart der letzte Schritt ist. Ich las eine Geschichte von einem Mann, der im Zorn von zu Hause weggegangen war und nach Amerika auswanderte. Doch eines Tages zog es ihn nach Hause. Er wollte zurückkommen. Er machte die lange Reise und kam in sein Heimatdorf. Schon bald erblickte er den väterlichen Hof. Und plötzlich konnte er nicht mehr. Verstohlen verdrückte er sich in die Büsche. Den Abend verbrachte er im Dunkeln am Grabe seiner Mutter. Und mitten in der Nacht machte er sich wieder auf und davon. Er konnte den letzten Schritt nach Hause nicht tun. Wie viele sind es, denen es mit Gott genauso geht. Sie haben schon an einigen Gottesdiensten teilgenommen, aber ganze Sache zu machen, das fällt ihnen schwer. Gott kommt Dir entgegen. Jetzt, da wo Du bist, kannst Du Dich ihm anvertrauen.
Er fiel ihm um den Hals (Lk. 15,20).
Gott hat offene Arme, auch für den größten Dreckskerl. Es wäre immer noch großartig gewesen, wenn der Vater gesagt hätte: „So, da bist du wieder? Nun bade zuerst einmal den Schweinedreck von dir und zieh etwas Vernünftiges an. Dann wollen wir die Sache einmal bereden“. Aber der Vater hat offene Arme für alle die einsehen, dass sie ihn brauchen und zu ihm kommen. Er fällt dem Sohn sogar um den Hals. Das heißt: Gott nimmt Dich an so wie Du JETZT bist. Manchmal denken wir: Ach, so kann ich doch nicht zu Jesus gehen. Ich muss mich zuerst bessern. Und dann kämpfen wir mit den schlechten Gewohnheiten und kommen nur noch ärger hinein und verzweifeln. Gib das auf. Gott nimmt Dich in die Arme, so wie Du jetzt bist. Er selbst wird Dich anschließend verändern. Gott will nicht unsere Taten und Leistung, sondern uns als Person.
Er küsste ihn zärtlich (Lk. 15,20).
Das ist die Spitze von Gottes Barmherzigkeit. Der Vater hätte bis jetzt alles mit einer inneren Distanziertheit tun können. Doch Gott heißt den Sohn herzlich willkommen, nicht irgendwie formell. Der zärtliche Kuss ist das Zeichen der Liebe. Gott liebt auch Dich. Wie oft erleben wir, dass Liebe abhängig ist von Bedingungen. Ich gebe dir etwas, wenn du mir gibst, was ich möchte. Doch Gottes Liebe ist anders. Sie ist nicht abhängig von Leistungen. Liebe schenkt, ohne eine Gegenleistung. Gott will mit Dir eine Liebesbeziehung und nicht eine Handelsbeziehung aufbauen. Mein Menschsein hat einen Sinn, weil ich von Gott geliebt bin. Und diese Liebe möchte ich ihm auch aus freien Stücken erwidern. In Gottes Gegenwart finden wir Ruhe und Geborgenheit.
Kannst Du Gottes Liebe, seine Nähe genießen? Gott will Dich in seine Arme nehmen und Dir seine Zuwendung schenken. Der Weg zum Sich-Lieben-Lassen ist oft viel länger, als wir manchmal denken.
Das Bekenntnis im Arm des Vaters
Wenn diese Geschichte menschlich wäre, dann hätte der Sohn zuerst sprechen müssen: Vater, ich habe gesündigt. Und dann erst wäre der Vater gnädig geworden. Hier aber geht es umgekehrt. Ehe der Sohn etwas sagen kann, kommt ihm der Vater entgegen und breitet die Arme über ihm aus. Nachdem der Vater seinem Sohn das Herz öffnet, bekennt der Sohn: „Vater, ich habe gesündigt gegen den Himmel und vor dir, ich bin nicht mehr würdig, dein Sohn zu heißen“ (Lk. 15,21).
Das ist wichtig für alle, die mit Gott ins Reine kommen wollen. Am Anfang steht nicht unser Sündenerkenntnisg. Nein, am Anfang steht Gottes Erbarmen über mir. Er verspricht mir Vergebung zu durch das Kreuz von Golgatha. Du darfst Dich in die Arme eines barmherzigen Vaters werfen und nicht in die eines Henkers, weil Jesus die Konsequenzen schon ertragen hat. Und dennoch braucht es das Bekenntnis: Ich habe gesündigt. Denn ohne Bekenntnis kann keine Heilung eintreten. Erst nach dem Bekenntnis erhält der Sohn eine neue Existenz.
Es gibt einige Menschen, die wissen zwar von der Liebe Gottes, doch sie kommen zu keinem Frieden. Sie sind keine versöhnten Kinder im Hause Gottes. Warum? Weil sie Gottes Segen wollen, ohne aber zu bekennen: Ich habe gesündigt gegen den Himmel und vor dir. Warum wollen wir die Wahrheit über uns nicht bekennen? Im Hause des Vaters können wir nicht Schweinehirt bleiben. Nachdem der Sohn seine Schuld bekannte, erhält er ein Kleid, einen Ring und Schuhe. Diese drei Dinge stellen die Ausstattung eines Christen dar.
Gottes Geschenk
Das Kleid ist ein Bild für die Vergebung. Wer mit Gott Umgang haben will, braucht ein neues Kleid. Jesus erzählte einmal eine Geschichte: Es wurde einmal ein Fest gefeiert. Jeder bekam dazu ein Festgewand. Einer wollte in seinem eigenen Kleid zum Fest kommen. Der Gastgeber sprach zu ihm: Freund, wie bist du hier hereingekommen, ohne ein Festgewand? Er aber verstummte. Da sprach der Gastgeber: Werft ihn hinaus in die äußerste Finsternis, da wird das Weinen und Zähneknirschen sein (Mt. 22,11-13).
Der Vater gibt dem Sohn ein neues Kleid. Er sagt nicht zu seinem Sohn: „Schön, dass du da bist, aber jetzt musst du zuerst deine Treue unter Beweis stellen, hart arbeiten und dir wieder ein Kleid erwerben“. Nein, Gott ist anders. Er vergibt von ganzem Herzen und kleidet den verwahrlosten Sohn ein.
Ein Lied spricht von diesem Kleid: „Christi Blut und Gerechtigkeit, das ist mein Schmuck und Ehrenkleid, damit werd ich vor Gott bestehen, wenn ich zum Himmel werd eingehen“. Und im letzten Buch der Bibel steht: „Und es wurde ihnen einem jeden ein weißes Gewand gegeben“ (Offenbarung 6,11).
Der Ring ist ein Bild für den Auftrag, den der Vater seinem Sohn gibt. Im Orient ist der Ring nicht einfach ein Schmuckstück, sondern ein Siegelring. Der Vater hat ihm damit Handlungsfreiheit und Vollmachten übertragen. Der Sohn hat von sich aus keine Macht, aber dieser Ring zeigt an, dass sein Vater hinter ihm steht. Auch wir sind aus uns heraus ohnmächtig, aber Gott hat uns viele Verheißungen mit auf den Weg gegeben, zu denen er steht. Wir Christen sind mit dem Heiligen Geist versiegelt. Und er bestätigt, dass wir Gottes Kinder sind (Römer 8,16).
Ist es nicht sonderbar? Soeben ist der Sohn mit seinem ganzen Leben gescheitert und unmittelbar danach nimmt ihn der Vater wieder in seinen Dienst. Gott liebt und braucht uns, auch wenn wir total versagt haben.
Der Vater lässt für den Sohn Schuhe bringen. Damit wird er fähig, zu arbeiten. Der Schuh hatte in der Bibel auch noch eine besondere Bedeutung. Als Mose Gott in einem brennenden Dornbusch begegnete, musste er seine Schuhe ausziehen, weil das Gottes Boden war (2.Mose 3,5). Als Boas die Witwe Ruth heiraten wollte, hatte nach dem jüdischen Eherecht ein anderer zuerst die Pflicht, für sie und ihren Besitz zu sorgen. Indem er Boas seinen Schuh gab, brachte er zum Ausdruck, dass jetzt Boas diese Verpflichtung übernahm.
Mit den Schuhen gibt der Vater seinem Sohn einen Bereich, in dem er ein Auftrag wahrnehmen soll. Gott gibt Dir eine neue Aufgabe.
Wo stehst Du? Hast Du die Geschenke Gottes schon angenommen und dankbar gebraucht? Oder bist Du noch auf dem Nachhauseweg und überlegst, ob Du es wagen kannst? Eines weiß ich: Gott wünscht sich nichts sehnlicher, als dass wir geborgen sind in seinen Vaterarmen.
Text: Hanspeter Obrist
Auszug aus dem Buch
Der barmherzige Vater
Inspirierende Gedanken zur biblischen Geschichte vom barmherzigen Vater und seinen beiden Söhnen
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Der barmherzige Vater
- Vater für tot erklärt (Lk 15,11-12)
- Freudenfest endet im Fiasko (Lk 15,13-16)
- Der rettende Gedanke (Lk 15,17-20)
- Vater ausgeflippt (Lk 15,20-23)
- Toter wurde lebendig (Lk 15,24)
- Bruder meidet Bruder (Lk 15,25-28)
- Barmherzigkeit sucht Hartherzigkeit (Lk 15,28b)
- Beziehungskiller (Lk 15,29-30)
- Gottes Reichtum (Lk 15,31-32)
- Ohne Ende (Lk 15,11-32)
Der Senioren Nachmittag heute war überzeugend eindrücklich. Das Gott Vater mich in seinem Sohn so sehr liebt, obwohl er mich kennt ist das grösste Wunder seiner Gnade.
Danke für diese wunderbare Botschaft , Hanspeter und Annemarie Obrist.
Mit lieben Grüssen Alice Denzler- Bohli, Wängi
https://www.youtube.com/watch?v=R33DZwTzzRk&list=RDR33DZwTzzRk&start_radio=1&t=0
Mein Großvater hat nicht so an meiner Mutter gehandelt. Er hat ihr das Haus verschlossen, als sie ihm gestand, sie sei schwanger.
Als wir Zwillinge geboren waren, existierten nur verschlossene Türen für unsere Mutter. Vor Verzweiflung und Not hat sie sich umgebracht, von der Marienbrücke in Dresden, einschl. dem vorangehenden „via mala“. Wir wurden im Alter von 1/2 Jahr als persona non grata in ein Heim abgeschoben. Unsere Großmutter hat ebenso nicht geholfen. Sie hat sich von ihrem Mann getrennt und ist zurück nach Flensburg.
Dem Dresdner Bombardement 13.14. Febr. (Valentinsday) 1945 sind wir nur deswegen entkommen, weil das Heim dem Landverschickungsprogramm der damaligen Regierung angeschlossen war. Unsere Rettung war der Harz. The twice killing sections of Dresden are well known to me. Desgleichen der Vers 005 aus dem Dhammapadaṃ:
Na hi verena verāni, sammantīdha kudācanaṃ;
Averena ca sammanti, esa dhammo sanantano.
Es wird ja Feindschaft nimmermehr
durch Feindschaft wieder ausgesöhnt:
Nichtfeindschaft bringt Versöhnung;
Das ist Gesetz von Ewigkeit. [Ü; Pali-Deutsch: Dr. K. E. Neumann]
Mich nahmen später sehr liebe Adoptiveltern auf. Mein Zwillingsbruder hatte ein wesentlich härteres Schicksal.
Der Großvater lebte noch bis 1965 (geboren im Jan. 1884).
Er hat 1906 am königlichen Konservatorium für Musik in Leipzig (Gründung durch F.M.Bartholdy 1843) Fagott studiert (wie ich 2015 heraus fand).
Sehn‘ Sie, auch eine Art „Verlorener Sohn“ hier die ganze Familie, wegen unterlassener Hilfeleistung. Aber bestimmt fanden sie vor Gott Vergebung, so wie der verlorene Sohn. Das wünsche ich ihnen auf jeden Fall, insbesondere meinem Großvater.
Wir hatten mal im Bremer Dom das Mozart-Requiem zu singen, als Silvesterkonzert. Mitten in der Generalprobe, das Konzert spielte gerade den ersten Satz von der Unvollendeten von Schubert, überfiel mich eine maßlose Traurigkeit. Ich konnte meinem lautlosem Tränenfluß keinen Einhalt gebieten. Ich glaube, da hat mein Großvater mich um Verzeihung gebeten. Wer wäre ich, sie ihm nicht zu geben. So sind die Gebote Gottes: Lesen Sie nicht nur Marcus 12,31 und 3. Mose 19, Vers18 und Vers 33-34, sondern erst recht und ebenfalls Matthäus 5,44: „Liebet eure Feinde“ bittet für die, so euch verfolgen (verstoßen).
Wer wäre ich, dagegen zu handeln. Ich verstehe noch nicht einmal die ‚Einstein’sche Relativitätstheorie E=mc2, oder all die Dinge, für die heute Nobelpreise verliehen werden, geschweige denn Gottes Wissen, seine Gedanken und Wege, sein meta-physisches Sein (hinter der empirischen Erfahrung unserer bekannten Naturgesetze). Es ist gut, daß er uns Gebote gab.
Viele Grüße, Bernd