Die 1,6 Milliarden Muslime weltweit sind im Glauben an Gott und den Propheten Mohammed geeint; sie verbinden Praktiken wie das Fasten während des Ramadan und das Almosengeben. Daneben gibt es weitreichende Unterschiede in Glaubensfragen – einschließlich der Auffassung, wie wichtig Religion ist, wer als Muslim gilt und was man im Islam darf.
Das ist das Ergebnis einer weltweiten Studie des Washingtoner Forschungsinstitut Pew Resarch Centers. Für die nun veröffentlichte Untersuchung hatte das Institut 38.000 erwachsene Muslime in mehr als 80 Sprachen befragt. Deren Gemeinschaften in 39 Ländern, in denen die Interviews stattfanden, repräsentieren gut zwei Drittel der muslimischen Weltgemeinde. Praktisch alle nennen das Bekenntnis zu dem einen Gott und seinem Gesandten Mohammed den zentralen Glaubensinhalt.
Im Orient und Nordafrika wächst für die Muslime die Bedeutung des Glaubens mit dem Lebensalter. Befragte über 35 Jahren gaben eher an, zu beten und den Koran zu lesen. In der übrigen Welt verzeichnete die Untersuchung keinen scharfen Generationenunterschied.
Im Gegensatz zu christlichen Gemeinschaften ist im Islam der Besuch von Gotteshäusern hauptsächlich Männersache. In Zentral- und Südasien erklärte teils sogar die Mehrheit der Musliminnen, niemals eine Moschee zu besuchen. In religiösen Praktiken wie Gebet, Fasten oder Almosengeben zeige sich jedoch keine durchgängige Differenz zwischen den Geschlechtern.
Weithin machen sich Muslime auch nicht viel aus Unterschieden zwischen Sunniten und Schiiten. In Ländern des Nahen Ostens und Nordafrikas bezweifeln wenigstens 40 Prozent der Sunniten, dass Schiiten echte Glaubensgenossen seien. Außerhalb dieser Region sieht man das lässiger. Muslime in Zentralasien sowie in Süd- und Osteuropa nannten sich zum Großteil „einfach Muslime“.
In 32 der 39 untersuchten Länder gibt es für die Mehrheit der Muslime nur eine einzige Auslegung des Islam. Pluralistischer zeigten sich die muslimischen Befragten in den USA: Dort meinen 57 Prozent, dass das Wort Gottes im Koran unterschiedlich gedeutet werden kann.
Auch im Volksglauben zeigen sich Unterschiede. Die Existenz von Engeln halten in Südostasien 98 Prozent für gegeben, in Südosteuropa 55 Prozent. In den meisten Ländern glaubt mindestens die Hälfte an Geister oder den „bösen Blick“. Vielerorts ist zudem die Erwartung verbreitet, den Beginn des Endgerichts persönlich zu erleben: bei 83 Prozent in Afghanistan, 72 Prozent im Irak und 86 Prozent in der Türkei.