Unser Vater im Himmel – Bergpredigt

In der Bergpredigt zeigt Jesus, mit wem er das Reich Gottes bauen will und wie es sich verbreitet. Es geht um die ursprüngliche Absicht. Alles beginnt mit den Gedanken und drückt sich in Worten aus. Es geht nicht um Vergeltung, sondern um Gottes Liebe und unsere Motive. Nun kommt Jesus zum Kern seiner Botschaft: zur Beziehung zu Gott. Gott will unser Vater sein.

So sagt Jesus in Matthäus 6 ab Vers7:

„7 Wenn ihr aber betet, sollt ihr nicht plappern wie die von den Nationen; denn sie meinen, dass sie um ihres vielen Redens willen erhört werden. 8 Seid ihnen nun nicht gleich! Denn euer Vater weiß, was ihr benötigt, ehe ihr ihn bittet. 

9 Betet ihr nun so: Unser Vater, der in den Himmeln, geheiligt werde dein Name; 10 dein Reich komme; dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auch auf Erden! 

11 Unser tägliches Brot gib uns heute; 

12 und vergib uns unsere Schulden, wie auch wir unseren Schuldnern vergeben haben; 13 und führe uns nicht in Versuchung, sondern rette uns von dem Bösen!

14 Denn wenn ihr den Menschen ihre Vergehungen vergebt, so wird euer himmlischer Vater auch euch vergeben; 15 wenn ihr aber den Menschen nicht vergebt, so wird euer Vater eure Vergehungen auch nicht vergeben.“ 

Beten heißt nicht, Gott zu bedrängen (viele Worte), sondern ihm zu zeigen, dass seine Anliegen auch unsere sind. „Dein Wille geschehe auch auf Erden.“

Indem wir uns mit ihm vereinen, gewinnen wir eine erweiterte Sicht von uns selbst, den Mitmenschen und vom dreieinigen Gott.

Wir freuen uns mit ihm über die faszinierende Schöpfung. Wir leiden aber auch mit ihm, weil viele Menschen ihn ignorieren und sich ihm nicht zuwenden wollen.

Es fällt auf, dass Jesus kein eigentliches Glaubensbekenntnis gelehrt hat. Wenn wir aber das Vaterunser betrachten, dann ist es mehr Bekenntnis als Gebet.

Hier wird der Kern des Glaubens beschrieben und bekannt: Es geht darum, dass wir Gott als Vater anerkennen. Wir realisieren: wir leben in Abhängigkeit von ihm (Gib uns unser tägliches Brot) und wir sollen unsere Bestimmung leben. Wir schalten sozusagen das göttliche Navi ein, das uns immer wieder auf den richtigen Weg bringt. Wir nehmen wahr, wenn es heißt: „Bitte wenden!“

Im Vaterunser geht es um die Anerkennung Gottes und um unsere Abhängigkeit und Hilfsbedürftigkeit.

Das liegt vielen Menschen queer. Sie wollen selbst bestimmen, was gut für sie ist. Sie wollen nicht abhängig sein und auch keine Fehler eingestehen.

Jesus bringt ein neues Lebenskonzept. Reich Gottes ist Gott, so wie er sich selbst versteht, anzuerkennen, die Abhängigkeit einzugestehen und sich mit Gott, den Mitmenschen und dem Leben zu versöhnen.

Die ersten Worte des Gebetes fassen eigentlich alles zusammen: „Unser Vater im Himmel“.

Vater
Der Ausdruck „Vater“ drückt eine vertraute und persönliche Beziehung aus. Gott will nicht irgendein ferner Herrgott sein, sondern dein und mein Vater. Ein Vater hat eine besondere Beziehung zu seinen Kindern. Gott möchte eine enge, familiäre Beziehung zu uns haben.

Wenn Gott mein Vater ist, dann bin ich sein Kind. Nur die Kinder dürfen ihren Vater „Vater“ nennen. Kein Kind sagt Vater zu seinem Nachbarn. Mir jedenfalls wäre das nie in den Sinn gekommen. Wer Gott als seinen Vater bezeichnet, drückt damit aus, in welcher Beziehung er zu Gott steht.

Gott nimmt uns in seine Familie auf. Wer zu einer Familie gehört, wird von ihr geprägt. Ein Kind übernimmt zum Teil das Verhalten seiner Eltern. So ist es auch mit unserer Zugehörigkeit zu Gott. Sie prägt unser Leben.

Ein Vater weiß, was seine Kinder brauchen. Und doch lehren wir unsere Kinder, dass sie sich nicht einfach alles nehmen dürfen. Sie sollen erst um etwas bitten. Ich denke, in den meisten Familien ist es üblich, dass Kinder nicht einfach die Küchenschränke ausräumen dürfen, ohne zu fragen. Jedes Kind braucht Essen, und wenn es darum bittet, werden wir ihm sicher genug geben.

Gott weiß auch, was wir täglich brauchen. Und doch mag er es, wenn wir ihn mit einfachen Worten darum bitten.

Kinder haben manchmal das Bedürfnis, ihrem Vater alles Mögliche zu erzählen und freuen sich, wenn er Zeit hat und zuhört. Das Schöne ist: Gott hat immer Zeit. Gott liebt es, wenn ich ihm erzähle, was und wie ich alles erlebt habe, welche Fragen mich beschäftigen und was mich besonders freut. Gebet ist, Gott begeistert zu erzählen, was wir erlebt haben. Auch ohne feste Zeiten.

Manchmal muss ein Vater auch Grenzen setzen. Das ist notwendig, um seine Kinder zu schützen. Gott hat uns aus Liebe auch Grenzen gesetzt. Jeder Vater will, dass seine Kinder selbständige Persönlichkeiten werden. Gott lässt uns Erfahrungen machen, damit wir daraus lernen. Gott ist kein Vater, der alles durchwinkt und uns damit als unreife Menschen zurücklässt. Er will uns zu lebenstüchtigen Menschen machen. Unser Leben auf Erden soll uns befähigen, eine Ewigkeit mit ihm zu verbringen.

Wer ist Gott für uns? Ist Gott unser Vater? Oder ist er ein ferner, unnahbarer Gott?

Paulus schreibt an die Galater (4,6): „Weil ihr aber Söhne seid, sandte Gott den Geist seines Sohnes in unsere Herzen, der da ruft: Abba, Vater!“

Abba ist der Ausdruck, mit dem ein Kind seinen Vater vertrauensvoll anspricht. Jesus betet im Garten Gethsemane: Abba, Vater, alles ist dir möglich … Nicht, was ich will, sondern was du willst!“ (Markus 14,36).

Jesus sagt uns, dass wir mit Gott reden können, wie ein Kind mit seinem Vater, dem es vertraut.

Vater im Himmel
Gott kann man nicht mit irgendeinem Vater vergleichen. Der Zusatz „im Himmel“ macht uns deutlich: Er ist der vollkommene Vater.

Gott ist nicht wie ein irdischer Vater. Bei Gott können wir unser Idealbild eines Vaters wieder herstellen. Er liebt uns. Er hat Geduld und fördert uns. Er steht zu seinen Versprechungen, die er uns in der Bibel gegeben hat. Aber er steht auch zu seinem Limit.

Manchmal stehen unsere Erfahrungen mit irdischen Vätern im Weg. Doch der eigentliche Clou ist: Gott ist uns Vater, auch wenn wir es mit den irdischen Vätern schwierig empfinden. Von den irdischen Vätern auf Gott zu schließen, ist die falsche Richtung. Die irdischen Väter – also wir alle – sollen uns vom himmlischen Vater prägen lassen.

Wir sollen Gott auch so akzeptieren, wie er sich uns offenbart. Die ganze Diskussion um Muttergott macht keinen Sinn, denn Jesus lehrt uns beten: „Unser Vater im Himmel“. Und er selbst betet: „Abba, lieber Vater“. Gott nicht als Vater anerkennen zu wollen, ist letztlich eine Ablehnung dessen, wie er sich uns offenbart. Wir müssen vielmehr korrigieren, wie ein wahrer Vater wirklich ist. Nicht wir definieren, wie Gott ist, sondern er offenbart uns, wie er verstanden werden will.

Gott ist der vollkommene Vater. Und ich bin sein eigensinniges Kind. Der Kontrast könnte nicht größer sein. Aber da ist der Vater, der sein Kind mit offenen Armen empfängt, auch wenn es Mist gebaut hat. Ich darf wissen, dass ich mit all meinen Fragen und Verfehlungen zu meinem himmlischen Vater kommen kann.

Die Anrede verbindet zwei Dinge: Das Wort „Vater“ ermutigt uns, zuversichtlich zu beten. Das Attribut „im Himmel“ lässt uns respektvoll werden. Ein plumper und leichtfertiger Umgang mit Gott wird durch den Zusatz „im Himmel“ ausgeschlossen.

Wir bringen das oft nicht zusammen. Entweder sprechen wir vom lieben oder vom gerechten Gott. Aber beides gehört zusammen. Gottes Vergebung ist nur dann echt, wenn unsere Verfehlungen nicht einfach unter den Teppich gekehrt und ignoriert werden.

Da wir immer wieder das Ziel verfehlen (die Bibel nennt das Sünde), zu dem uns Gott geschaffen hat, brauchen wir seine Vergebung. Und welcher Vater würde seinem Kind nicht vergeben, wenn es ihn von Herzen darum bittet? Unser himmlischer Vater ist noch viel größer.

Unser Vater im Himmel
Jesus lehrt uns beten: UNSER Vater, und nicht mein Vater. Wir Christen sind keine Einzelgänger. Wir haben Brüder und Schwestern um uns. Es ist eine christliche Besonderheit, dass wir beim Beten einen Blick für andere bekommen. Ein Ausdruck der Anteilnahme ist, wenn wir füreinander beten.

Paulus erwähnt in seinen Briefen immer wieder, dass wir Christen füreinander beten sollen. Füreinander und miteinander beten bringt Segen. Wo Menschen im gemeinsamen Gebet eins werden mit Gott, da kann Gott Menschen senden, weil er weiß, dass wir offen sind, uns von ihm gebrauchen zu lassen. 

Wer dem „Vater im Himmel“ begegnet, nimmt aus dieser Begegnung „Himmlisches“ mit. So wie Mose, dem man eine Begegnung mit Gott ansah. Mose verhüllte sein Gesicht, damit die anderen Menschen die Gegenwart Gottes ertragen konnten (2.Mose 34,35).

Es gibt eine Geschichte eines kleinen Jungen, der diese Geschichte von Mose las. Er heißt Xaverl.

„Oh“, sagt Xaverl, „man sieht’s einem an, wenn er viel mit dir spricht und dein Freund ist“. Beinah erschrickt er. Was ist, wenn auch sein Gesicht anfängt zu leuchten? Werden sich alle fürchten, in seine Nähe zu kommen?
Xaverl geht ins Badezimmer und schaut in den Spiegel. Sein Gesicht ist wie immer, schon ziemlich braun von Sonne und Wind, mit ein paar dunklen Sommersprossen, auf Nase und Wangen. Nichts leuchtet, gar nichts.
Fast ist Xaverl enttäuscht. Ein kleines, ganz kleines Leuchten hätte ihn nicht gestört. Xaverl holt Atem. Erst der Schreck, dann die Enttäuschung. Kein Wunder, dass er jetzt Hunger hat, er fühlt sich inwendig leer und schwach. Er geht in die Küche. Vom Garten her hört er Stimmen. Er schiebt das Fenster einen Spaltbreit auf. Die Mutter redet mit der alten Bäckerin, die über den Zaun auf das Kräuterbeet schaut.
„Ja, ja“ sagt die Mutter. „Es ist schon praktisch, das Kräuterbeet. Der Bub hat es mir zum Muttertag geschenkt, und schon Wochen vorher hat er daran gewerkt und gesät und gegossen, und ich hab nie hinschauen dürfen“.
„Mit ihrem Xaverl können sie schon zufrieden sein“, sagt die Bäckerin. „So ein liebes Kind. Und so fröhlich. Er hat etwas Strahlendes“. (Aus: Wenn du meinst lieber Gott / Verlag St.Gabriel / S.57-58)

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