Jesus lehrt uns beten: „Gib uns unser tägliches Brot“ (Matthäus 6,11). Doch einigen von uns liegt das Gebet: „Herr hilf mir bei meiner Abmagerungskur“ viel näher.
Das tägliche Brot
Gib uns unser tägliches Brot. Was meint Jesus mit diesem Gebet? Mir kommt da die Geschichte vom Volk Israel in den Sinn. Sie waren unterwegs von Ägypten in das neue verheißene Land. Ihr Weg führte durch die Wüste und es hatte da viel zuwenig Nahrung für ein ganzes Volk. Gott griff in diese Situation ein. Er schickte Brot vom Himmel. Es wurde Manna genannt und lag am Morgen auf dem Boden. Hoch erfreut sammelten die Israeliten so viel Brot, wie sie nur konnten. Mose hatte die Anweisung von Gott, dass jeder nur so viel sammeln sollte, wie er auch zu essen vermochte. Doch einige hörten nicht auf Mose und legten einen Vorrat an. Am nächsten Morgen hatten sie jedoch die Bescherung. Alles war voll Würmer und stank erbärmlich. Sie lernten sehr schnell: Gott gibt jeden Tag neu, was wir brauchen. Und für den Ruhetag gab Gott tags zuvor die doppelte Menge und komischerweise verfaulte dieses Manna nicht (2.Mose 16).
Diese Geschichte, und die Bitte um das tägliche Brot lehren mich: Gott kümmert sich um das, was ich täglich brauche. Ihm ist das nicht ein zu geringes Geschäft. Gott macht sich Sorgen um unser Wohlergehen. Wir können da einfach nur staunend und dankbar vor unserem Gott stehen und ihm von Herzen danken.
Doch die Israeliten in der Wüste mussten auch etwas tun. Gott füllte nicht einfach ihre Töpfe, sondern er streute das Brot auf die Erde, und sie mussten es täglich einsammeln. Gott sorgt für unser Brot, aber er verlangt von uns auch unseren Einsatz. Darum schreibt Paulus (2.Thessalonicher 3,10): Wenn jemand nicht arbeiten will, soll er auch nicht essen.
Gott gibt uns das tägliche Brot, doch hier steht nichts von Luxus. Gott ist nicht gegen den Reichtum, aber er ist für den richtigen Umgang damit. So steht im Predigerbuch (5,18): „Wenn Gott einen Menschen reich und wohlhabend werden lässt und ihm erlaubt, seinen Teil davon zu genießen, dann sollte er dankbar sein und sich über den Ertrag seiner Mühe freuen. Denn das ist ein Geschenk Gottes.“
Gott gibt was wir täglich brauchen. Er gibt uns aber nicht im Voraus, sondern in täglichen Rationen. Gott hat nichts gegen ein langfristiges Planen und Denken. Doch schwierig wird es, wenn wir unser Vertrauen auf unsere Güter setzen, anstatt auf Gott. Wenn man mit offenen Augen durch die Welt geht, merkt man, dass Dinge, die uns heute so sicher erscheinen, morgen wertlos sein können. Da hat jemand einen guten Job, und auf einmal wird seine Stelle wegrationalisiert. Auf einmal wird die Frage ums tägliche Brot hoch aktuell. Wenn dann unser ganzer Selbstwert nur im erreichten Lebensstandard gründet, verliert man jeglichen Halt. Wohl dem Menschen, der gelernt hat, alles aus Gottes Hand zu nehmen.
Jesus hat es uns vorgelebt, wie Gott für ihn und seine Jünger gesorgt hat. Er war damit zufrieden, dass er genug zum Leben hatte. Er lebte in der totalen Abhängigkeit von Gott. Er und seine Jünger zogen los ohne eine Sicherheit. Jesus fragte einmal seine Jünger (Lk 22,35): Als ich euch ohne Geld und Tasche und Sandalen sandte, mangelte euch etwas? Sie aber antworteten ihm: Nichts.
Gott möchte, dass wir mit dankbaren Herzen genießen, was er uns gegeben hat. Wer gelernt hat zu danken, der wird auch genügsam. Ein genügsamer Mensch hat auch immer noch etwas für die anderen übrig. Der dankbare Mensch wird zum Geber.
Sind wir dankbar für all das, was Gott uns gegeben hat? Oder sind wir immer noch ständig am Vergleichen mit anderen Menschen? Möchten wir immer mehr haben? Gott gibt uns unser tägliches Brot. Ich denke es ist gut, wenn wir gerade einmal unserem Gott dafür danken, dass wir genug zum Leben haben.
Unser Brot
Es ist schon bemerkenswert, dass es hier in diesem Gebet heißt: Gib uns. Gott gibt der gesamten Christenheit genug, aber wir sind gefordert untereinander zu teilen. Die erste Gemeinde hatte die heilsame Einstellung des Gebens und Teilens. So heißt es in Apg 4,34: Es war keiner bedürftig unter ihnen, denn wer ein Besitzer von Äckern oder Häusern war, verkaufte sie und brachte den Preis des Verkauften.
Gib uns unser tägliches Brot ist zugleich die Bitte um Weisheit mit dem Besitz richtig umzugehen. Gott möchte, dass wir mit unserem Besitz verantwortungsvoll umgehen. Im eigentlichen Sinn sind wir keine Besitzer, sondern Verwalter.
An einem Ort wohnten wir in einem Block, der einem Katholiken gehörte. Er erzählte ständig, dass er nun diesen Block schon einige Jahre verwalte. Ich war zuerst ein wenig erstaunt und fragte konkreter nach, wem dann der Wohnblock gehöre. Daraufhin erklärte er mir, dass er letztlich ja nur Verwalter sein könne, weil Gott der eigentliche Besitzer sei.
Die Bitte um unser tägliches Brot fordert uns heraus, dass wir uns Gedanken machen, wie wir von unserem Überfluss sinnvoll etwas weitergeben können. Was kann ich Gott wieder zur Verfügung stellen, das ich nicht zum täglichen Leben brauche? Jemand hat es einmal auf den Punkt gebracht indem er sagte:
Die Frage ist nicht, wie viel ich Gott geben muss, sondern was ich für mich behalten soll. Übrigens, die ersten Christen wurden bald verfolgt, und ihr ganzer Besitz wurde dadurch wertlos. Der dankende Mensch ist genügsam. Die Folge davon ist, dass er immer auch noch etwas für die anderen übrig hat. Er ist auch befreit vom Zwang, irgend etwas zu beweisen.
Warum haben manchmal Christen dennoch einen Mangel?
Einige Christen sind unzufrieden, weil sie mehr begehren als das tägliche Brot. Doch Gott lässt uns auch in echte Mangelsituationen kommen, um unser Vertrauen in ihn herauszufordern.
Dazu fällt mir die Begebenheit ein, wo Jesus 40 Tage gefastet hatte. Jetzt war er am Ende seiner Kräfte und brauchte dringend Nahrung. Plötzlich schlug ihm der Teufel vor, aus den Steinen doch Brot zu machen. Tatsächlich, das wäre doch eine nützliche Idee. Als Gottes Sohn konnte er dies auch tun. Er hätte sich ja sein Brot selber beschaffen können, anstatt auf Gottes Versorgung zu warten. Doch Jesus wehrte sich dagegen. Er antwortete und sprach (Mt 4,4): „Es steht geschrieben: Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von jedem Wort aus dem Munde Gottes“. Später hat Gott die Haltung von Jesus bestätigt. Gott schickte Engel, die ihm dienten und ihn versorgten (Matthäus 4,11).
Gott will uns in seine Abhängigkeit hineinnehmen und uns frei machen von irdischen Zwängen und Mächten. Gottes Wirtschaftsphilosophie ist manchmal undurchsichtig, da verliert ein Hiob alles, um danach mehr zu erhalten. Ein Christ erleidet Mangel, damit es sichtbar wird, ob er Gott dennoch vertraut. Ob er warten kann, bis Gott ihm hilft.
Lebensbrot
Jesus sagte einmal (Johannes 6,51): „Ich bin das lebendige Brot, das aus dem Himmel herabgekommen ist; wenn jemand von diesem Brot isst, wird er leben in Ewigkeit“.
Jesus ist unser Lebensbrot. Wir können alles Mögliche konsumieren auf dieser Welt. Was aber unseren inneren Lebenshunger stillt, ist Jesus. In ihm bekommen wir, was wir zum Leben brauchen, weil alles Hungern nach Lebenssinn und Erfüllung von ihm gestillt wird. Er macht uns zu Menschen, die wieder auf Gottes Fürsorge und Liebe vertrauen können. Ein Christ braucht deshalb nicht nur körperliche, sondern auch geistliche Nahrung. So wird die Bitte um das tägliche Brot auch eine Bitte um die tägliche geistliche Nahrung. Gott gibt uns auch da tägliche Rationen. Diese müssen wir gut verdauen, um selbst gestärkt zu werden und andere zu unterstützen. Auch in sehr stressvollen Zeiten, ist es gut, wenn wir einen Vers mit in den Tag hineinnehmen. Ein Möglichkeit sind die Losungen. Das sind Bibelverse für jeden Tag, die in einem kleinen Büchlein aufgeschrieben sind. Wann, wo und wie wir unsere tägliche geistliche Nahrung aufnehmen ist je nach Typ verschieden. Doch es ist gut, wenn wir geistlich nicht unterernährt sind. Beim Essen macht es nicht die Menge aus, sondern es ist die Regelmäßigkeit, die unserem Körper gut tut.
Es war einmal ein Bauer. Dem hat Gott eine reiche Ernte geschenkt. So hat er voll Freude geerntet und das Korn gedroschen. Jetzt ist er mit einem großen Sack Weizen auf dem Heimweg. Da begegnet ihm plötzlich Gott. Er fordert ihn auf: Gib mir von deinem Weizen. Der Bauer stellt seinen Sack auf den Boden und öffnet ihn. Er schaut hinein, nimmt das kleinste Weizenkorn, das er sieht und gibt es Gott. Dieser verwandelt das Korn in Gold und gibt es dem Bauern zurück. Jetzt ärgert sich der Bauer, dass er Gott nicht den ganzen Sack gegeben hatte.
Text: Hanspeter Obrist
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