Soll man Leichen „gefriertrocknen“ und dann kompostieren? Oder besser durch Lauge zersetzen lassen? Über „umweltfreundliche“ Bestattungen und den Respekt vor der Totenruhe ist ein Streit in der Bremer Bürgerschaft entbrannt.
Der Anlass: In einer großen Anfrage verlangt die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen Auskunft vom Senat (Landesregierung) über die Praxis der Erd- und Feuerbestattungen. Beide Formen belasteten die Umwelt: Erdbestattungen etwa durch höheren Flächenverbrauch, Medikamentenrückstände bei der Verwesung und die Bildung von sogenannten „Wachsleichen“. Problematisch bei der Feuerbestattung sei unter anderem, dass es bei der Abgasverordnung für Krematorien keine Grenzwerte für Quecksilber gebe.
Die kirchenpolitische Sprecherin der CDU-Fraktion und Vorsitzende des Evangelischen Arbeitskreises der CDU Bremen (EAK), Elisabeth Motschmann, wirft den Grünen vor, jeden Respekt vor der Würde und Ehre der Toten vermissen zu lassen. Der in der Verfassung verankerte Grundsatz „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ ende nicht mit dem Tod, schreibt sie in einem Kommentar für die Evangelische Nachrichtenagentur idea. Außerdem ehrten alle Religionen – insbesondere Christentum, Judentum und Islam – die Toten.
Doch im Text der Grünen werde der Tote als Sache, Produkt und Objekt betrachtet, der seine menschliche Würde verloren habe. Der „Gipfel der Pietätlosigkeit“ sei mit der Frage erreicht: „Wie bewertet der Senat andere umweltfreundlichere Alternativen zur Einäscherung, wie z.B. die Promession (Gefriertrocknung mit anschließender Kompostierung) oder die alkalische Hydrolyse (Laugenzersetzung)?“ Wer über solche Techniken öffentlich nachdenke, so Motschmann, verletze die religiösen Gefühle von Christen, Juden, Muslimen und Anhängern anderer Religionen.
Die CDU-Politikerin: „Der Umweltschutz ist für den Menschen da. Der tote Mensch kann nicht Mittel zum Zweck des Umweltschutzes werden. Es muss in unserer Gesellschaft noch Tabuzonen geben – dazu gehört die Würde der Toten.“
Wenn Wachsleichen entstehen, also die Leichen nicht verwesen weil die Körperfette sich chemisch zu einer Schutzschicht verändern ist das auch nichts, was mit „Menschenwürde“ zu tun hat. Alleine das Wissen um Wachsleichen, also die Tasche, dass die beerdigten, glasig konserviert in ihrer eigenen Sauce schwimmen – und das auf einigen Friedhöfen 80% der beerdigten betrifft – dürfte den meisten menschen klar machen, dass eine Beerdigung nicht der Weisheit letzter Schluss ist.
Insbesondere sollte die Achtung vor den Toten das Recht auf ökologisch verträgliche Verwesung beinhalten – also die Rückkehr in die natürlichen Kreisläufe aus denen ihr Körper entstanden ist.
Das Einsargen und die unreflektierte Beerdigung führt gerade dazu, dass den Toten unter unwürdigen Bedingungen eine körperliche Endlichkeit verweigert wird. Und so wird eben zu oft nicht nicht Staub zu Staub sondern Oma zu Wachsleiche.
Die Lösung dafür lautet: Kompostierung in einer kontrollierten Umgebung. Einer Beerdigung nicht unähnlich, gehen die die Körper der verstorbenen einen geordneten Weg der Zersetzung und werden zu einer nährstoffreichen Blumenerde.
Es ist das Verständnis aller Weltreligionen, dass der Körper wieder in die Natur die uns umgibt aufgeht. Wir sollten ihm die Möglichkeit nicht wegen unreflektierter Bestattungs-Traditionen verweigern.