Am Freitag hatten Attentäter einen Bus mit koptischen Christen angegriffen, die in der Provinz Al-Minja auf dem Weg zum Kloster des Heiligen Samuel waren. Sieben Menschen starben, 19 Pilger wurden nach Angaben eines Sprechers der koptischen Kirche verletzt. Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) reklamierte die Tat für sich.
Die kleinen Särge von Kindern und Plakate mit Bildern von verstümmelten Mädchen im Spital heizten die aggressive Stimmung bei der Beisetzung an. Zu Tausenden warfen die Beerdigungs-Demonstranten der Kairoer Obrigkeit vor, mit den Terroristen insgeheim unter einer Decke zu stecken. Das Beileid von Staatsoberhaupt Abdel Fattah al-Sissi sei nur ein Lippenbekenntnis.
So wurde den Wallfahrern der erbetene Polizeischutz ausgeschlagen, obwohl sich auf derselben Pilgerroute schon im Mai 2017 ein Feuerüberfall mit 30 Toten und 24 Verwundeten ereignet hatte. Von den damaligen Attentätern hat die ägyptische Polizei bis heute keinen gefasst! Nach diesem Anschlag wollen die Behörden IS-Kämpfer in der Wüste gestellt und 19 von ihnen im Kampf getötet haben. Koptische Kreise bezweifeln jedoch die Richtigkeit dieser Angaben und sehen in ihnen einen Beschwichtigungsversuch.
Diese Woche trugen aber dann die traditionellen koptischen Trauergottesdienste drei Tage nach der Grablegung einen hoffnungsvolleren Charakter. Bei ihnen wird grundsätzlich der Auferstehung Jesu am «Dritten Tag» gedacht und die Erwartung eines ewigen Lebens für die betrauerten Toten hervorgehoben.
Viele Kopten wollten in ihrer Verzweiflung nach der neuen Bluttat beim Samuelskloster auf diese Dreitages-Zeremonie verzichten und überhaupt als Zeichen ihres Protestes einen totalen Gottesdienststop mit geschlossenen Kirchen durchsetzen. Dazu hatten sie schon in sozialen Medien wie «Coptstoday» aufgerufen.
Die Koptische Kirchenleitung hat dagegen am 6. November beschlossen, trotz des jüngsten Terroranschlags auf christliche Pilger am vergangenen Freitag ihre Kirchen offen zu halten. Die Kirche sei aufgerufen, «ihre Märtyrer als Sieger zu feiern», hieß es.
In Mittel- und Oberägypten liegt die Wiege von Ägyptens Provinzterroristen. Im Unterschied zu den Stadtguerillas der Muslim-Bruderschaft hat sich dort schon in den frühen 1970er Jahren die islamische Umweltbewegung «Sühne und Weltflucht» (At-Takfir wa al-Higra) ausgebreitet: Zornige junge Männer, die aus den überbordenden Millionenstädten Kairo und Alexandria in die Höhlen und alten Pharaonengräber am östlichen Steilufer des Nils flüchteten, um dort ein schlichtes, frühislamisches Leben zu führen.
Was sie dazu brauchten, auch Frauen, raubten sie in der christlichen Umgebung. Die staatlichen Behörden ignorierten vorerst ihr Treiben. Erst, als sie 1977 den islamisch-fortschrittlichen Religionsminister Hussein al-Sahabi entführten und ermordeten, wurde gegen At-Takfir wa al-Higra vorgegangen. Ihre Reste schlossen sich später der globalen Terrorbewegung «Islamischer Staat» (IS) an. Diese hat sich zu den Pilgeranschlägen von 2017 und in diesen Tagen bekannt. mehr Informationen