Christen und Muslime im Nahen Osten haben nach Erkenntnissen des französischen Historikers Bernard Heyberger über Jahrhunderte ähnliche Bräuche und Rituale gepflegt. „Anhänger der verschiedenen Religionen verehrten zuweilen dieselben Heiligen, besuchten dieselben Wallfahrtsorte oder folgten denselben Hochzeits- und Trauerritualen.“ Erst in der Neuzeit habe sich ein konfessionelles Bewusstsein entwickelt.
Mit der Bildung der Nationalstaaten im Vorderen Orient im 20. Jahrhundert habe die Abgrenzung zugenommen. Nationalstaaten gerieten in Konkurrenz und bekämpften ethnische, konfessionelle und sprachliche Vielfalt – bis hin zu Völkermorden und ethnischen Reinigungen.
Heute herrsche für Christen im Nahen Osten große Unsicherheit. Ihre Zahl sei im 20. Jahrhundert fast überall zurückgegangen, da sie Regionen wie Libanon, Irak und Osttürkei verlassen hätten. Doch die Geschichte des Christentums im Nahen Osten sei nicht beendet. Nach Saudi-Arabien etwa seien eine Million Christen aus Indien oder von den Philippinen eingewandert.
Zwar seien christliche und jüdische Untertanen, die „Dhimmi“, in islamischen Reichen des Mittelalters Diskriminierungen wie Kopfsteuer, Kleiderbestimmungen und Einschränkungen im Ehe- und Erbrecht ausgesetzt gewesen, doch ein Christ konnte auch Eigentum besitzen und Geschäfte machen.
Der Kalif Umar ben Abd al-Aziz (Reg. 717-720) schrieb folgende Verpflichtung für Dhimmis auf: „Wir werden keine neuen Klöster, Kirchen, Einsiedeleien oder Mönchszellen bauen. Wir werden keine zerfallene Kirche in muslimischen Wohngegenden wieder aufbauen. Wir werden allen Muslimen, die uns begegnen, drei Tage lang Verpflegung und Unterkunft gewähren. Wir werden keine öffentlichen religiösen Zeremonien abhalten. Wir werden keinen Religionswechsel an anderen vollziehen. Wir werden niemanden davon abhalten, zum Islam überzutreten, der den Wunsch dazu hat. Wir bieten unseren Sitzplatz einem Muslim, der sitzen möchte, an. Wir reiten ohne Sattel. Wir tragen keine Schwerter oder andere Waffen. Wir werden unsere Häuser nicht höher bauen als die von Muslimen.“
Siehe auch Artikel: Leben mit dem Islam
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