28.5.23
Erdogan besiegt im zweiten Wahlgang seinen Herausforderer Kilicdaroglu und bleibt für weitere fünf Jahre Präsident der Türkei. Als erstes gratulierten der Emir von Katar und der ungarische Präsident Viktor Orban zu einem Zeitpunkt, als das Rennen eigentlich noch offen schien. Auch die Taliban-Regierung aus Afghanistan gratulierte. Wenig später verkündeten die Staatsmedien Erdogan zum Sieger.
«Wir haben die zweite Runde der Präsidentschaftswahlen mithilfe des Volkes gewonnen», sagt Erdogan vor den Medien und einer grösseren Menschenmenge in Istanbul. „Ich möchte jedem Mitglied unserer Nation danken, das uns erneut die Verantwortung übertragen hat, das Land für die nächsten fünf Jahre zu regieren. Ich hoffe, dass wir Ihres Vertrauens würdig sein werden, so wie wir es 21 Jahre lang waren. Wir werden bis ins Grab zusammen sein.“
Doch das Wahlergebnis dürfte knapper ausgefallen sein, als sich das die Regierungspartei AKP erhofft hatte. «Die Türkei ist gespalten. Erdogan wird sich öffnen müssen. Er wird sich mit der Opposition im Parlament verbünden müssen, um Verfassungsänderungen durchzubringen», sagt Politologe Hakan Akbas in einer ersten Einschätzung zu «Al Jazeera». Das Resultat müsse eine Warnung verstanden werden. Seine Unterstützung sei seit der letzten Wahl 2018 stark geschrumpft.
Er werde weiter für Demokratie kämpfen, sagte Kilicdaroglu. «Bei dieser Wahl ist der Wille des Volkes für den Wechsel einer autoritären Regierung trotz aller Repressionen deutlich zum Ausdruck gekommen.» «Wir haben den unfairsten Wahlkampf der letzten Jahre erlebt», sagte Kilicdaroglu. «Alle Staatsmittel wurden für eine politische Partei mobilisiert und einem Mann zu Füssen gelegt.»
«Erdogan hetzt bereits in seinen ersten Reden gegen LGBT und missbraucht sie damit grausam als Spielball für seine menschenfeindliche Propaganda». Dies sagte der Vorsitzende der deutsch-türkischen Parlamentariergruppe, Max Lucks (Grüne) der Deutschen Presse-Agentur. Erdogan hat am Sonntagabend die Stichwahl gegen den Oppositionskandidaten der Partei CHP, Kemal Kilicdaroglu, gewonnen und hetzte wenig später: «Meine Brüder, ist diese CHP denn nicht für die LGBT?» In seinem eigenen Wahlbündnis gebe es so etwas nicht, so Erdogan. Er erhielt dafür laute Zustimmung aus dem Publikum.
Der prokurdischen HDP droht ein Verbot, ihr ehemaliger Chef Selahattin Demirtas sitzt bereits im Gefängnis. Gegen ihn schoss der wiedergewählte Präsident gleich am Sonntagabend: Demirtas sei ein Terrorist, den er niemals freilassen werde. Die vor ihm versammelte Menge forderte daraufhin die Todesstrafe für den ehemaligen HDP-Chef. Laut Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte sitzt Demirtas zu Unrecht in Haft.
Erdogan ist in der Türkei seit 20 Jahren an der Macht.