Schon immer gab es totalitäre Systeme und autonome Gebiete. Bei den Griechen waren es freie Städte. In Neuen Testament sind es die Städte der Dekapolis (Markus 5,20 ).
Bis zur Buchdruckkunst war es eine kleine Elite, die Lesen und Schreiben konnte und Zugang zu Büchern hatte. Mit den gedruckten Büchern und Zeitschriften, konnten die meisten Menschen lesen, aber nicht schreiben. Bis zum Zeitalter des Internets waren es einige wenige Chefredaktoren und Verleger, welche bestimmten, was gelesen wird.
Nun kann jeder im Internet publizieren, was er will. Dies hat nicht nur gute Seiten, sondern auch zur Folge, dass das Gleichgewicht der Meinungen aus den Fugen geraten kann. Der konstruktive Umgang und das Abwägen über hilfreiche Informationen findet nicht mehr statt.
Fake-News und verhetzende Reden mit ungerechtfertigten Unterstellungen machen die Runde. Stalker machen anderen das Leben schwer. Der öffentliche Pranger hat sich vom mittelalterlichen Marktplatz ins Internet verschoben. Heute zählen nicht mehr Fakten, sondern Meinungen und Aufmerksamkeit. Was gelikt wird, wird zur Wahrheit. Wie sollen wir damit umgehen?
Die eine Methode ist alles staatlich zu regeln. Damit geraten wir in die Nähe totalitärer Staaten und schaffen Parallelwelten. Die andere Möglichkeit ist, dass wir Angebot und Nachfrage spielen lassen. Damit erhalten Anbieter von Plattformen eine undefinierte Macht. Eine weitere Möglichkeit ist, dass wir alle vermehrt offenlegen, was Meinung und was Fakten sind. Das wird in den Medien immer weniger definiert. Die Zuschauer und Leser müssen selbst herausfinden, was Information und was Meinung ist. Doch dazu ist Hintergrundwissen und eine Einschätzunggabe notwendig.
Immer wichtiger werden glaubwürdige Kommentatoren, welche helfen Meinungen gegenüberzustellen, damit man selbst beurteilen kann, was für einem persönlich hilfreich ist. Also anstatt Schwarz-Weiss-Denker braucht es mehr Bereitschaft und Fähigkeit, sich in die Einstellungen anderer Menschen einzufühlen und unterschiedliche Denkweisen zu analysieren und verständlich darzulegen.
Schon Paulus ermutigte die Epheser zur Mündigkeit: „Wir sollen nicht mehr unmündige Kinder sein, ein Spiel der Wellen, geschaukelt und getrieben von jedem Widerstreit der Lehrmeinungen, im Würfelspiel der Menschen, in Verschlagenheit, die in die Irre führt“ (Epheser 4,14). Für ihn war klar, dass der Anker zur Wahrheit im Schöpfer und in Christus liegt.
Jesus sagte in Johannes 18,37-38 zu Pilatus: „Ich bin dazu in die Welt gekommen, dass ich für die Wahrheit Zeugnis ablege. Jeder, der aus der Wahrheit ist, hört auf meine Stimme. Pilatus sagte zu ihm: Was ist Wahrheit?“ Wir sehen, dass Ringen um die Wahrheit ist eine alte Sache.
Mit den modernen Mitteln ist es heute einfach ein totalitäres System aufzubauen und Menschen zu überwachen. Das Mobiltelefon übermittelt, wo, mit wem und wie lang ich mich an einem Ort aufhalte. China hat sich dieses System zunutze gemacht.
Im Gegensatz dazu ist das Reich Gottes nicht totalitär, da es zum freiwilligen Beitrag ermutigt und auch eine Ablehnung respektiert.
Hanspeter Obrist, Januar 2022