Jesus fordert seine Nachfolger auf, das Gegenteil zu tun und aus dem System von Rache und Vergeltung auszusteigen.
Schon in Sprüche 20,22 heißt es: „Sage nicht: Ich will Böses vergelten! Harre auf den HERRN, so wird er dich retten!“
Und in Sprüche 25,21-22: „21 Wenn dein Hasser Hunger hat, gib ihm Brot zu essen, und wenn er Durst hat, gib ihm Wasser zu trinken! 22 Denn glühende Kohlen häufst du auf sein Haupt, und der HERR wird es dir vergelten.“
Jesus will keine Selbstjustiz oder verbitterte Grabenkämpfe. Wir sollen nicht mit den gleichen Mitteln zurückzahlen, mit denen an uns Unrecht getan wurde. Jesus will vielmehr, dass wir kreativ werden, um die zu segnen oder zu überraschen, die uns Unrecht getan haben.
Jesus sagt in Matthäus 5,38-42:
38 Ihr habt gehört, dass gesagt ist: Auge um Auge und Zahn um Zahn. 39 Ich aber sage euch: Widersteht nicht dem Bösen, sondern wenn jemand dich auf deine rechte Backe schlagen wird, dem biete auch die andere dar; 40 und dem, der mit dir vor Gericht gehen und dein Untergewand nehmen will, dem lass auch den Mantel! 41 Und wenn jemand dich zwingen wird, eine Meile zu gehen, mit dem geh zwei! 42 Gib dem, der dich bittet, und weise den nicht ab, der von dir borgen will!
Wichtig ist bei diesem Text: die Verse gehören zusammen. Aus dem Zusammenhang gerissen könnte man meinen, mit Christen könne man machen, was man will. Doch hier geht es nicht um Schwäche, sondern um Stärke. Ich handle anders, nicht weil ich es nicht kann, sondern weil ich den anderen überraschen will. Ich will ihn zum Nachdenken bringen.
Um das Zusammenleben zu klären, wurde in 2.Mose 21,24-25 die Regel gegeben: „Auge um Auge, Zahn um Zahn, Hand um Hand, Fuß um Fuß, 25 Brandmal um Brandmal, Wunde um Wunde, Strieme um Strieme.“ Jesus zitierte nur die ersten Worte, und seine Zuhörer wussten, was noch dazu gehörte.
Es ist wichtig, dass wir verstehen, in welchem Umfeld Gott diese Gebote gegeben hat. Durch Moses aus Ägypten befreit, musste ein Weg gefunden werden, wie man Grenzen setzen konnte. Das Volk war in der Wüste. Es gab keine Gefängnisse. Es mussten rudimentäre Grenzen errichtet werden.
Die Nachbarvölker kannten die Rache. Bei der Rache wurde oft noch eins draufgesetzt. Gott setzt dem Grenzen.
Manche sagen auch, dass es so verstanden wurde: Nimmst du deines Nächsten Auge, so sei sein Auge. Also in dem Sinne: Ich muss ersetzen, was ich zerstört habe. Es geht nicht darum, anderen die Augen oder die Zähne auszureißen, sondern es geht um eine gerechte Vergeltung.
Die hohe Strafe soll zeigen, dass es absolut nicht geht, dem Nächsten etwas anzutun. Alles hat Konsequenzen.
Wir brauchen Grenzen, damit nicht jeder mit dem Nächsten macht, was er will.
Gott will mit seinen Geboten einen Raum der Sicherheit schaffen. Er will menschliches Leben schützen.
Gott hat aber auch einen Schutzraum für Menschen geschaffen, die anderen Menschen nicht absichtlich Schaden zugefügt haben. Im Zusammenhang mit der Landverteilung erhielt Josua von Gott den Auftrag, sechs Orte als «Zufluchtsstädte» auszusondern. Wer unabsichtlich gehandelt hatte, konnte in die nächstgelegene Zufluchtsstadt fliehen, wo er bis zum Tod des jeweiligen Hohepriesters bleiben musste.
Die Stadtbewohner hatten die Aufgabe und Pflicht, den Beschuldigten anzuhören, ihn aufzunehmen und bis zur Klärung des Falles unter ihrem Schutz wohnen zu lassen. So konnte kein Verwandter einfach auf Verdacht Blutrache ausüben.
Diese Zufluchtsstädte sind ein Hinweis auf Jesus, der unser Zufluchtsort ist und als Hohepriester durch seinen Tod unsere Schuld wegnimmt.
In einigen Ländern ist die Blutrache so tief verwurzelt, dass sich ein Clan an einem beliebigen Mitglied des verfeindeten Clans rächt. So werden Menschen immer unfreier und Frauen und Kinder können sich nicht mehr ohne Beschützer in der Öffentlichkeit bewegen.
Jesus will diesen Kreislauf der Rache durchbrechen. Wir sollen einerseits nicht mehr zur Selbstjustiz greifen, und andrerseits kreativ einen neuen Weg suchen. Sei ein „Agierender“, nicht nur ein „Reagierender“.
Wenn dich jemand mit einem Schlag auf die Wange demütigt, musst du dich nicht darauf einlassen. Gib ihm nicht die Macht, dich wütend zu machen. Lass nicht zu, dass das Verhalten anderer dein eigenes Verhalten bestimmt. Entlarve vielmehr das Böse, indem du ihm zu verstehen gibst, dass er dich nicht beindruckt, weil du weißt, dass Gott für dein Recht sorgen wird.
Auch das zweite Beispiel soll den Unterdrücker beschämen. Wenn man einem Juden sein Untergewand nehmen will, so soll er auch sein Kleid haben, damit alle sehen, was für ein schamloses Verhalten ein Mensch haben kann. Er soll nicht mit seinem Kleid bedecken, dass man ihm sein letztes Hemd genommen hat, indem er nackt dasteht.
Jesus nennt noch ein weiteres Beispiel auf: „Wenn dich jemand nötigt, eine Meile weit zu gehen, so geh mit ihm zwei“ (Vers 41). Nach römischem Recht konnte damals jeder jüdische Bewohner dazu gezwungen werden, die 50 kg schwere Ausrüstung eines Soldaten eine Meile weit zu tragen.
Jesus ermutigte seine Nachfolger, nicht nur das Gesetz des Feindes zu befolgen, sondern sogar über die Pflicht hinauszugehen. Damit würden sie nicht das Gesetz gutheißen, sondern das Böse mit dem Guten überwinden, weil sie dann den Überraschungseffekt auf ihrer Seite hatten und der Römer ihn nun bitten musste, nicht mehr weiter zu tragen, weil das ihm nicht erlaubt war. Es drohten dem Römer schwere Strafen durch seinen Vorgesetzten, wenn er von seinem Opfer eine zweite oder dritte Meile verlangte.
Jesus geht es darum, dass wir die Regie übernehmen sollen. Wir sind nicht der Fußabtreter aller Menschen. Mit unserem Verhalten zeigen wir, dass wir nicht Opfer sind, sondern als Unterlegene das Heft selbst in die Hand nehmen. Das Wissen um Gottes Gerechtigkeit gibt uns die Freiheit, anders zu reagieren als erwartet.
Gott sorgt für Gerechtigkeit, aber oft anders, als wir es erwarten. Gott wird zu seiner Zeit und auf seine Weise für Gerechtigkeit und Wiederherstellung sorgen. Oft sind es andere Menschen, die unseren Verlust auf eine andere Art und Weise ausgleichen. Wer Gott vertraut, erwartet von ihm, dass er die Dinge in die Hand nimmt, und so entfallen die Erwartungshaltung und Enttäuschung gegenüber Menschen. Gott will, dass wir mit unserem Leben versöhnt leben.
Es geht hier also nicht um Schwäche, sondern um innere Stärke. Wir stehen kreativ für unsere Würde und unser Recht ein.
Jesus war nicht nur lieb und nett. Er konnte auch Klartext reden. Wir sollen liebevoll, stark, mutig und klug handeln. Der Heilige Geist schenkt uns dazu die Weisheit, Liebe und Standhaftigkeit, damit wir auch füreinander einstehen und einander beschützen. Ein Hirte hat nicht umsonst einen Stab. Er benutzt ihn, um den Feind in die Flucht zu schlagen.
Jesus weicht im Garten Gethsemane nicht zurück. Er geht mutig auf die Soldaten zu. Er gibt ihnen zu verstehen, dass sie nicht über ihn verfügen, sondern dass er sich dem Willen seines Vaters fügt und sich freiwillig in ihre Hände begibt.
In Jesaja 1,17 heißt es: „Lernt, Gutes zu tun! Sucht das Recht! Schreitet ein gegen den Unterdrücker! Verschafft den Waisen Recht, streitet für die Witwen!“
Im Hebräer 11,33 steht über die Glaubensvorbilder: „sie haben aufgrund des Glaubens Königreiche besiegt, Gerechtigkeit geübt, Verheißungen erlangt, Löwen den Rachen gestopft“.
Manchmal müssen wir die die Stirn bieten. Und ein anderes Mal die Wange hinhalten, damit das Böse offenbar wird.
Aber von einem dritten Mal hat Jesus nichts gesagt, hat ein ehemaliger Boxer und Christ einmal festgestellt. Also nach dem Motto, ich gebe dir noch eine Chance, mich wie einen Menschen zu behandeln, bevor ich für mein Recht einstehe.
Jesus sagt uns, dass wir dem Bösen nicht mit Wut und Rache begegnen sollen, sondern auf eine Weise, die das Böse entlarvt. Niemand hat das Recht, andere zu demütigen, weil er sie für schwächer hält. Die Selbstwürde besteht gerade darin, dem anderen zu verstehen zu geben, dass wir mit einer höheren Macht leben, die für uns sorgt.
So passt auch der Vers 42 in diesen Zusammenhang: „Gib dem, der dich bittet, und weise den nicht ab, der von dir borgen will!“
Die gegenseitige Fürsorge ist das Gegenmodell zu Rache und Selbstjustiz. Jesus sagt in Johannes 13,35: „Daran werden alle erkennen, dass ihr meine Jünger seid, wenn ihr Liebe untereinander habt.“
Es geht also nicht darum, sich unter Druck setzen und ausnehmen zu lassen, sondern zu schauen, wo man sich gegenseitig etwas leihen kann.
Paulus schreibt in Römer 12,17-21: 17 Vergeltet niemand Böses mit Bösem; seid bedacht auf das, was ehrbar ist vor allen Menschen! 18 Wenn möglich, soviel an euch ist, lebt mit allen Menschen in Frieden! 19 Rächt euch nicht selbst, Geliebte, sondern gebt Raum dem Zorn Gottes! Denn es steht geschrieben: »Mein ist die Rache; ich will vergelten, spricht der Herr« (5.Mose 32,35). 20 »Wenn nun deinen Feind hungert, so speise ihn; wenn ihn dürstet, so gib ihm zu trinken! Denn wenn du das tust, wirst du feurige Kohlen auf sein Haupt sammeln« (Sprüche 25,21-22). 21 Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit dem Guten!
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