Rund 5500 Muslime bekennen sich in Deutschland zum radikalen Islam. Waren es vor einem Jahr noch rund 3800 Menschen in Deutschland Salafisten, sind es mittlerweile bereits 5500. Sie bestehen aus zwei Gruppen: Deutschen Konvertiten und Menschen aus Familien mit Migrationshintergrund, die auf der Suche nach ihrer ethnischen und religiösen Identität sind.
Nach Schätzungen des Zentralinstituts Deutsches Islamarchiv treten pro Jahr zwischen 1000 und 1200 Menschen zum Islam über. Meistens handelt es sich laut Bundesamts für Verfassungsschutz (BfV) um junge Männer zwischen 15 und 25 Jahren, die in einem spätpubertären Selbstfindungsprozess nach Spiritualität und konkreten Handlungsanweisungen für das Leben suchen.
Die Leipziger Kultursoziologin Monika Wohlrab-Sahr, die sich in ihren Forschungen mit Islam-Konvertiten beschäftigt hat, sagt, der Übertritt zum Islam sei eine persönliche Transformation, die weit über einen Religionswechsel hinausgehe. Der Konvertit zeige seine neue Zugehörigkeit oft durch Kleidung, das äußere Erscheinungsbild (Bart) und auch durch einen neuen Namen. Gleichzeitig grenze er sich durch neue Tabus (Schweinefleisch, Alkohol) von seinem früheren Umfeld ab.
Der radikale Islam bietet durch seine scharfe Freund-Feind-Rhetorik einen idealen Zugang für den Eintritt in eine Parallelwelt, die einem jungen Menschen heute genauso rebellisch vorkommen mag, wie einem Jugendlichen in den 1970er Jahren der Marxismus.
Bis zu 20 Prozent der Salafisten in Deutschland seien Konvertiten, sagt der Verfassungsschutz. Auch der derzeit bekannteste salafistische Hassprediger ist ein Konvertit: Pierre Vogel trat nach eigenen Angaben mit 22 Jahren zum Islam über.
Noch größer aber ist die Zahl der Salafisten, die aus einem Haushalt stammen, in dem mindestens ein Elternteil einen Migrationshintergrund hat. Sie kommen oft aus wenig religiösen Elternhäusern. Ein typisches Beispiel hierfür ist der Fall der 16-jährigen Sarah aus Konstanz, die eine deutsche Mutter und einen algerischen Vater hat. Bis vor Kurzem lebte sie das Leben eines normalen deutschen Teenagers, bis sie – wohl ausgelöst durch einen Besuch in der Heimat des Vaters – sich veränderte. Sie fing an sich zu verschleiern, verweigerte Männern den Handschlag und wollte nicht mehr am gemischten Sportunterricht teilnehmen. Über Soziale Netzwerke und einschlägige Blogs rutschte sie immer tiefer in die radikale Szene ab. Seit dem Sommer letzten Jahres kämpft sie in Syrien auf Seiten der Islamisten gegen das Assad-Regime. So wie sie kämpfen derzeit knapp 300 Salafisten aus Deutschland im syrischen Bürgerkrieg. Rund zehn Prozent davon sind Konvertiten.