Das Paradox des Leidens

Leiden bringt uns an die Grenze des Verstehens und führt in die Welt des Vertrauens.

Im Internet sah ich ein Bild. Ein Mann fragt Jesus: „Warum lässt du all diese schrecklichen Dinge wie Hungersnot, Krieg, Leid, Kriminalität, Obdachlosigkeit, Hass, Verzweiflung usw. in unserer Welt zu?“ Jesus antwortet: „Wow! Das Gleiche wollte ich dich soeben fragen …“

Da wird es schon zentral. Wer muss sich vor wem rechtfertigen? Muss sich Gott vor uns rechtfertigen oder wir vor ihm? Richten wir über Gott und sehen wir uns so an der Stelle Gottes?

Viel Leid in der Welt ist hausgemacht, weil wir uns nicht an die Anweisungen Gottes halten.

Ein anderer Internetfund: „Es ist komisch, dass wir Gott bitten, unsere Situation zu ändern, nichtwissend, dass er uns in diese Situation brachte, damit wir uns ändern.“

Leiden scheint nicht schwarz-weiß zu sein. Leiden kann der Katalysator für persönliches Wachstum sein.

Dann gibt es auch noch das Bild vom Lamm Gottes. In Offenbarung 5,6 steht: „Und ich sah: Zwischen dem Thron und den vier Lebewesen und mitten unter den Ältesten stand ein Lamm; es sah aus wie geschlachtet“.

Und in Offenbarung 5,12 lesen wir: „Sie riefen mit lauter Stimme: Würdig ist das Lamm, das geschlachtet ist, Macht zu empfangen, Reichtum und Weisheit, Kraft und Ehre, Lob und Herrlichkeit.“

Leiden ist nicht ein Ausdruck von Versagen, sondern vom Sieg. Leiden ist ein Ausdruck der Liebe Gottes.

Gott war von Anfang an in seiner Liebe bereit, den Mangel des Menschen auszugleichen. Doch dazu muss der Mensch einsehen, dass er Hilfe braucht. Er darf sich nicht mehr von Gott abwenden, sondern muss sich ihm zuwenden, doch nicht mit dem Gedanken, sein Defizit auszugleichen, sondern indem man das Geschenk der göttlichen Vergebung und Liebe annimmt.

Die Antwort auf die göttliche Liebe ist, mit Gott im Gespräch zu bleiben und den Weg der Liebe zu Gott und zu Menschen zu gehen. Gott liebt sogar die Menschen, die ihm gegenüber feindlich gesinnt sind. Doch seine Liebe erreicht sie nur, wenn sie beginnen, diese Liebe zu erwidern.

Nach dem Tod und der Auferstehung von Jesus offenbart unsere Haltung zum Kreuzesgeschehen unser Denken. Jesus sagte: „Es gibt keine größere Liebe, als wenn einer sein Leben für seine Freunde hingibt (Johannes 15,13).

Nicht jeder empfindet das gleiche als Leid.

Viele Kinder mit Trisomie 21 haben eine ausgesprochene Freude am Leben. Oft ist es vor allem das Umfeld, das ein Problem mit der Behinderung hat.

Einer leidet an einer Situation, die einen anderen beflügelt. Und wenn wir mit offenen Augen durch die Welt gehen, erkennen wir: Die meisten Menschen leiden an etwas. Manchmal sind es so offensichtliche Dinge wie eine Krankheit oder eine Behinderung. Doch manche leiden auch an verborgenen Dingen, an zerbrochenen Beziehungen oder an schwierigen Lebenssituationen.

Viele sehnen sich nach besseren Umständen.

John C. Maxwell schreibt: „Die Schwierigkeiten des Lebens erlauben uns nicht, der- oder dieselbe zu bleiben. … Die Frage ist nur: Bringen sie uns vorwärts oder werfen sie uns zurück? Werden wir durch schlimme Erlebnisse besser – oder verbittert?“

Weiter schreibt er: „Viele Menschen können schlechten Zeiten nichts Gutes abgewinnen. Das Gesetz des Schmerzes kennenzulernen ist wichtig für jeden, der innerlich reifen möchte. Fragen Sie erfolgreiche Leute – die meisten werden Ihnen sagen, dass sie sich erst weiterentwickelt haben, nachdem sie harte Zeiten überstanden haben. Wenn Sie es mit Ihrem persönlichen Wachstum ernst meinen, dann sollten sie bereit sein, zu lernen, wie man mit schlechten Erfahrungen umgeht.“

Das Ziel unseres Lebens ist nicht, leidensfrei zu sein, sondern durch Leiden zu ernten. So sagt Gott zu Adam in 1. Mose 3,19: „Im Schweiße deines Angesichts wirst du dein Brot essen.“

In der Hilfsbedürftigkeit sollen wir Gottes Hilfe erleben. Im Moment des Leidens können wir das oft nicht verstehen. Leiden fordert unseren Glauben heraus.

Warum gibt es Leid?

Die Bibel sagt uns, dass Leiden zu unserem Leben dazugehört und die Konsequenz des freien Willens ist. Seit der Mensch selbst entscheiden wollte, was gut und böse für ihn ist – das ist die eigentliche Aussage des Sündenfalls – hat der Mensch mit Widerstand – Dornen und Schmerzen – zu kämpfen. Unser Leben ist ein ständiger Kampf ums Überleben und gegen den Tod. Der eigentliche Kern des Sündenfalls ist, dass der Mensch nicht darauf vertraut hat, dass es Gott gut mit ihm meint. Und da der Mensch Gott nicht vertrauen will, setzt Gott für jeden Mensch einen Endpunkt seines Lebens.

Der Mensch ist aus dem Garten Eden ausgewiesen worden, damit das Leiden des Menschen nicht in alle Ewigkeit andauert. Er soll am Baum des Lebens nicht sein Leben erneuern können, damit sein Leid ein Ende haben kann.

Leiden konfrontiert uns mit unseren Grenzen und soll uns zum Nachdenken bringen. Während seiner Lebenszeit kann sich jeder Mensch auf Gott ausrichten oder ihn ablehnen.

Was soll Leiden bewirken?

Leiden soll uns vor Augen führen, dass wir Ergänzung brauchen und dass wir auf Hilfe angewiesen sind. Das widerstrebt uns. Wir möchten selbstständig und unabhängig sein.

Eigentlich sollten wir in unserem Leben entdecken, dass gegenseitige Hilfe etwas Erfüllendes ist. Jesus spricht davon, dass einer dem anderen dienen soll. In Markus 10,43 sagt Jesus: Wer bei euch groß sein will, der soll euer Diener sein.“ Paulus schreibt den Galatern: Dient einander in Liebe!“ (Galater 5,13). Petrus schreibt: Dient einander als gute Verwalter der vielfältigen Gnade Gottes, jeder mit der Gabe, die er empfangen hat!“ (1.Petrus 4,10). Im Himmel dient einer dem anderen.

In unserem Leben entdecken wir, dass uns ohne Gott etwas fehlt. Dass wir auf seine Ergänzung angewiesen sind und er gern durch unsere Hände und Worte auf dieser Erde handeln will.

Das Ziel in unserem Leben ist, nicht Leiden zu eliminieren, sondern uns im Leiden gegenseitig zu helfen, ein jeder mit seinen Möglichkeiten.

Gott hat die Möglichkeiten, Leiden wegzunehmen, doch manchmal stillt er nicht den Sturm, sondern das Herz und gibt uns die Kraft, den Sturm durchzustehen.

Ich kenne eine Frau, die seit vielen Jahren an den Folgen der Kinderlähmung leidet. Auf meine Frage, ob sie am Leiden auch etwas Positives sehen könne, meinte sie: „Ich weiß nicht, wo ich heute wäre, wenn ich nicht durch meine Krankheit so nah zu Gott gekommen wäre.“

Hier liegt der Knackpunkt. Gott sehnt sich nach Nähe mit uns. Diese suchen wir oft erst, wenn wir an unsere Grenzen kommen. Wenn wir mit uns ehrlich sind, dann sind wir 100-prozentig von Gott abhängig. Denn unser Körper kann jederzeit seinen Dienst versagen. Jeder Tag ist ein Geschenk Gottes.

Aber ist das Leid, das wir zu tragen haben, nicht unverhältnismäßig?

Eine kleine Geschichte finde ich hilfreich: Ein Mann, der mit dem Los seines Lebens nicht zufrieden war, ging zu Gott und beklagte sich darüber, dass sein Kreuz nicht zu bewältigen sei. Gott schenkte ihm einen Traum. Der Mann kam in einen großen Raum, wo verschiedene Kreuze herumlagen. Eine Stimme befahl ihm, er möchte sich das Kreuz aussuchen, das seiner Meinung nach für ihn passend und erträglich wäre. Der Mann ging prüfend auf die Suche. Er versuchte ein Kreuz nach dem anderen. Einige waren zu schwer, andere zu kantig und unbequem, ein goldenes leuchtete zwar, war aber untragbar. Er hob dieses und probierte jenes Kreuz. Keines wollte ihm passen. Schließlich untersuchte er noch einmal alle Kreuze und fand eines, das ihm passend und von allen das Erträglichste schien. Er nahm es und ging damit zu Gott. Da erkannte er, dass es genau sein Lebenskreuz war, das er bisher so unzufrieden abgelehnt hatte. Als er wieder erwacht war, nahm er dankbar seine Lebenslast auf sich und klagte nicht mehr darüber, dass sein Kreuz zu schwer für ihn sei.

„Gott legt uns eine Last auf, aber er hilft uns auch“ steht in Psalm 68,20. Jesus sagt: „Wenn einer hinter mir hergehen will, verleugne er sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach“ (Matthäus 16,24). In Psalm 68,20 steht: Gott trägt uns, er ist unsere Rettung.“

Eigentlich sagt Jesus: Rebelliere nicht ständig gegen das, was Gott in deinem Leben zulässt, sondern vertraue darauf, dass Gott es zum Guten gebraucht.

Paulus sagt es so: Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben, alles zum Guten gereicht“ (Römer 8,28).

Wie können wir den Schwierigkeiten etwas Gutes abgewinnen?

Wenn ich in einem Tunnel bin, kann ich die Augen verschließen oder meinen Blick nur auf das Dunkle richten. Oder ich kann mich darauf konzentrieren, dass ich weiß, dass es einen hellen Ausgang gibt. Vielleicht kann ich sogar schon ein kleines Licht sehen.

Glauben bedeutet Vertrauen, dass Gott es gut mit mir meint und mich im dunklen Tal an seiner Hand nimmt und mich hinausführt. Die wichtigste Erfahrung ist dabei die Gegenwart Gottes.

Heute werden so viele Christen wie noch nie für ihren Glauben verfolgt. Auch wenn sie später aus den Gefängnissen befreit werden, sprechen viele davon, dass die Nähe Gottes, die sie erlebt haben, ihr ganzes Leben verändert hat. In manchen Ländern fragt man nicht, ob jemand eine theologische Ausbildung gemacht hat, sondern wie lange er für den Glauben im Gefängnis war.

Unter Druck gibt es zwei Reaktionen. Entweder wir werden verbittert und wenden uns von Gott ab oder wir öffnen uns für die Hilfe Gottes.

Unter Druck kommt heraus was in uns ist. Das ist oft ein schmerzvoller Prozess. Wenn wir eine Orange pressen, kommt Orangensaft heraus. Wenn wir unter Druck geraten, kommt heraus, was in uns ist. Doch wir können uns auch entscheiden, uns mit etwas Neuem füllen zu lassen.

Sadu Sundar Sing, ein indischer Wanderprediger, ging immer wieder nach Tibet, um das Evangelium zu verkünden. Dort wurde er immer wieder aufs Schärfste verfolgt und misshandelt. Also fragte ihn einmal jemand, warum er immer wieder dorthin gehe und ob er das Leiden denn liebe. Er antwortete: „Nein, nicht das Leiden, aber die Gegenwart Gottes, die ich erfahre.“

Man kann also dem Leiden auch etwas Positives abgewinnen. Dabei geht es aber nicht darum, dass wir im Leiden unsere Identität suchen, sondern dass wir unsere Identität in Jesus haben und deshalb Leiden aushalten.

Wäre es nicht hilfreich, wenn Gott uns vom Leiden befreien würde?

In der Bibel gibt es eine interessante Geschichte. Jesus kommt an den Teich Betesda und ein Mann, der schon 38 Jahre dort liegt, wird durch Jesus geheilt (Johannes 5). Der Geheilte nimmt seine Matte, auf der er gelegen hat, und trägt sie nach Hause. Allerdings ist gerade Schabbat, der jüdische Ruhetag. Als die Leute ihn darauf ansprechen, dass man am Schabbat keine Matte tragen darf, verteidigt er sich, indem er dem, der ihn geheilt hatte, die Schuld dafür gibt. Als er später Jesus im Tempel trifft, sagt Jesus zu ihm: „Siehe, du bist gesund geworden; sündige nicht mehr, damit dir nicht noch Schlimmeres zustößt!“ (Johannes 5,14). Doch anstatt Jesus nachzufolgen, ging der Mann hin und verriet den Schriftgelehrten, dass es Jesus war, der ihn geheilt hatte. Dieser Mann wurde gesund, aber nicht heil.

Hiob dagegen sagt mitten in seinem Leid: Vom Hörensagen nur hatte ich von dir gehört, jetzt aber hat mein Auge dich geschaut (Hiob 42,5).

Was hat Hiob gesehen? Er hat realisiert, dass Gott alles gemacht hat. Er hat gemerkt, wo seine Grenzen liegen. Er hat auf einmal begriffen: Wer bin ich, dass ich von Gott Rechenschaft für sein Handeln fordere?

Leiden bringt uns an den Punkt, an dem wir zwar nicht alles verstehen, aber beginnen, Gott zu vertrauen, dass er aus allem etwas Gutes machen kann.

Jesus nimmt unsere Not nicht immer weg, sondern hilft uns in unserer Situation. Wir sollen seine Hilfe erleben, seine Gemeinschaft schätzen und lieben lernen.

Gibt es praktische Tipps?

Von jemandem habe ich gehört, dass er selbst festgestellt hat, dass er damit alle Beziehungen zerstört, wenn er sich ständig über seine Situation beklagt. Nun hat er begonnen, sich auf das Gute zu konzentrieren.

In jedem Garten gibt es Unkraut, doch auch schöne Blumen. Wenn wir dem Unkraut keinen Raum geben, entsteht ein wunderschöner Garten.

John C. Maxwell schlägt folgende Tipps vor:

„Entscheiden Sie sich für eine positive Lebenshaltung. Vieles von dem, was Ihnen im Leben zustößt, können sie nicht kontrollieren. Sie können nur die innere Einstellung dazu beherrschen.“

„Wenn Sie Schlimmes erdulden müssen, gibt ihnen ihre Kreativität die Chance, aus ihrem Verdruss ein Plus zu machen.“

„Akzeptieren sie schlechte Erfahrungen. Leider brauchen wir oft eine schlimme Erfahrung, um unser Leben zu ändern.“

„Wenn Sie das nächste Mal mitten in einem schlimmen Erlebnis stecken, denken sie daran, dass Sie kurz davorstehen, sich zu verändern und zu wachsen.“

„Bleiben Sie nicht im Selbstmitleid stecken.“

William Penn, ein englischer Philosoph, sagte: Ohne Schmerz kein Glück, ohne Dornen keine Rosen, ohne Sorgen kein Ruhm, ohne Fleiß kein Preis.“

Jemand sagte einmal zu mir: Durch das Leiden können wir wahrnehmen, was vollkommen und was Leiden ist. Wir wären sonst alle gleich. Ohne Leiden würden wir das Vollkommene nicht wahrnehmen.

Leid ist eine Herausforderung für die Gesellschaft. Oft versuchen wir Leid zu ignorieren, anstatt uns damit auseinanderzusetzen.

Als Christen haben wir einen großen Vorteil:

Wir wissen: Unser Leben ist mit dem Tod nicht zu Ende. Wer mit Jesus unterwegs ist, hat ewiges Leben erhalten. Leiden ist ein Tunnel und nicht die Endstation.

Zweitens wissen wir: Gott ist da. Wir sind im Leiden nicht verlassen und nie allein. Gott trägt uns. Jesus sagte in Johannes 10,29: Mein Vater, der sie mir gab, ist größer als alle und niemand kann sie der Hand meines Vaters entreißen.“

Hat nicht Jesus für uns alle Leiden getragen?

In Jesaja 53,3-5 steht: Er wurde verachtet und von den Menschen gemieden, ein Mann voller Schmerzen, mit Krankheit vertraut. Wie einer, vor dem man das Gesicht verhüllt, war er verachtet; wir schätzten ihn nicht. Aber er hat unsere Krankheit getragen und unsere Schmerzen auf sich geladen. Wir meinten, er sei von Gott geschlagen, von ihm getroffen und gebeugt. Doch er wurde durchbohrt wegen unserer Vergehen, wegen unserer Sünden zermalmt. Zu unserem Heil lag die Züchtigung auf ihm, durch seine Wunden sind wir geheilt.“

Das tönt im ersten Moment so, als hätte Jesus an Stelle von uns alle Krankheiten getragen. In Matthäus 9,35 steht ja auch: Jesus zog durch alle Städte und Dörfer, lehrte in ihren Synagogen, verkündete das Evangelium vom Reich und heilte alle Krankheiten und Leiden.“

In Markus 1,34 wird das aber relativiert: Er heilte viele, die an allen möglichen Krankheiten litten, und trieb viele Dämonen aus.“

Paulus schreibt an Timotheus: Trink nicht nur Wasser, sondern nimm auch etwas Wein, mit Rücksicht auf deinen Magen und deine häufigen Krankheiten!“ (1.Timotheus 5,23).

Auch Paulus hatte ein Leiden, und Gott antwortete auf seine Gebete mit: „Meine Gnade genügt dir; denn die Kraft wird in der Schwachheit vollendet.“ Die Schlussfolgerung vom Paulus war: „Viel lieber also will ich mich meiner Schwachheit rühmen, damit die Kraft Christi auf mich herabkommt (2.Korinther 12,9).

Paulus schreibt den Kolossern: „Jetzt freue ich mich in den Leiden, die ich für euch ertrage. Ich ergänze in meinem irdischen Leben, was an den Bedrängnissen Christi noch fehlt an seinem Leib, der die Kirche ist“ (Kolosser 1,24).

Ich verstehe die Verse von Jesaja heute so: Weil Jesus alle Krankheiten trug, weiß er, wie es uns damit geht. Er versteht uns und trägt uns.

Petrus schreibt sogar: Freut euch, dass ihr Anteil an den Leiden Christi habt; denn so könnt ihr auch bei der Offenbarung seiner Herrlichkeit voll Freude jubeln“ (1.Petrus 4,13).

Wenn jeder Christ von allen Leiden befreit würde, dann würden wohl alle Menschen Christen werden wollen, einfach um gesund zu sein, aber ohne Gott zu wollen.

Wir wissen aus der Geschichte, dass die Christen viel zu leiden hatten. Es fasziniert, wenn der Glaube auch dann hält, wenn es schwierig wird. Jeder fünfte Christ muss heute für seinen Glauben negative Konsequenzen auf sich nehmen. Wir können niemandem versprechen, dass es ihm durch den Glauben äußerlich besser gehen wird, aber wir wissen, dass jeder Christ Gott an seiner Seite hat, der ihm hilft.

Im Iran werden die Christen verfolgt. Nach Berichten beten sie jedoch nicht für ein Ende der Verfolgung. Sie sagen: „Nein, nein, nein, tut das nicht. In der Verfolgung wächst die Gemeinde. Wenn die Verfolgung aufhört, hört das Wachstum auf. Was wir wollen, ist, dass sich das Evangelium im Iran weit und breit und tief verbreitet.“

Statt für ein Ende der Verfolgung zu beten, sollten Christen im Westen lieber für einen starken Glauben ihrer Geschwister beten.

Jesus hat in Lukas 22,32 zu Petrus gesagt: Ich aber habe für dich gebetet, dass dein Glaube nicht erlischt.

Wie hat dann Jesus selbst auf das Leiden reagiert?

Jesus selbst betete im Garten Gethsemane: „Mein Vater, wenn es möglich ist, gehe dieser Kelch an mir vorüber. Aber nicht wie ich will, sondern wie du willst(Matthäus 26,39).

In der Versuchungsgeschichte von Jesus kommt etwas Wichtiges zum Vorschein. Nach einer 40-tägigen Fastenzeit fordert ihn der Teufel auf, sich aus Steinen Brot zu machen. Es ist die Versuchung, sich selbst zu helfen. Jesus lehnt das ab.

Dann versucht ihn der Teufel dazu zu bewegen, dass er Gott zum Handeln zwingt, indem er sich vom Dach des Tempels in die Tiefe stürzt. Auch das lehnt Jesus ab mit den Worten: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht auf die Probe stellen“ (Matthäus 4,7).

Zu guter Letzt will der Teufel Jesus eine Abkürzung anbieten und ihm alles Leid ersparen. Doch Jesus befiehlt dem Teufel, wegzugehen (Vers 10). Dann dienen Jesus die Engel.

Auch wir sind in diesen drei Dingen herausgefordert: Auf den Zeitpunkt Gottes zu warten, Gott nicht unter Druck zu setzen, sondern unveränderliche Situationen auszuhalten und keine Abkürzungen zu nehmen. Wir haben einen Gott, der uns durchträgt.

Was kann uns helfen, wenn wir neben einem leidenden Menschen stehen?

Die Freunde von Hiob redeten zur falschen Zeit. Nicht alles, was sie sagten, war falsch. Doch es gibt Zeiten, da gilt es einfach, da zu sein, ohne Ratschläge zu geben. Wir stehen in der Gefahr zu reden, weil wir es nicht aushalten und nicht, weil der Leidende es nicht mehr aushält.

Wenn wir mit Leiden konfrontiert werden, gibt es verschiedene mögliche Phasen:
Schockzustand 
Verdrängung
Auflehnung
Kämpfen
eventuell Depression
Ergebung
Neuorientierung

Zuerst sind wir wie in einem Schockzustand. Wir funktionieren. Dann fragen wir uns: Ist das wirklich die Realität? Vielleicht will man die schwere Situation auch verdrängen. Dann lehnt man sich dagegen auf. Ein Kampf ums Überleben beginnt. Manche geraten in eine Depression. Wenn die Situation unveränderlich ist, kann es auch zur Ergebung kommen, in der man noch so viel wie möglich klären will und sich neu orientiert.

Wenn eine uns nahstehende Person stirbt, dann müssen wir uns wieder neu ausrichten, die Erinnerungen ordnen und einen neuen Weg finden.

Hilfreich ist, wenn wir die betroffene Person fragen, was sie wünscht. Ich weiß von einer alten Frau, die sich wünschte, dass ihr die Offenbarung vorgelesen wird. Andere schätzen es, dass man gemeinsam betet. Andere wünschen nur die stille Nähe, wieder andere möchten nur kurze Besuche.

Es gibt kein Patentrezept, was einem Menschen in einer schwierigen Situation hilft. Wir sind alle sehr verschieden. Eine Person freut sich über viel Besuch, jemand anderem kann das zu Last werden. Wichtig ist, dass wir fragen und dann den Wunsch auch respektieren.

Fazit: Weil Jesus auferstanden ist, haben alle, die ihr Leben ihm anvertraut haben, eine innere Gewissheit, dass sie eine Zukunft bei Gott haben, wo es keine Tränen mehr gibt. Diese Hoffnung lässt uns auch im Leiden nicht verzweifeln, sondern trägt uns durch. Vieles verstehen wir nicht, doch paradoxerweise kann sich unsere Beziehung zu Gott im Leiden vertiefen. So kann das Leiden zum Segen werden.

Text: Hanspeter Obrist November 21

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