Die christliche Gemeinschaft in der irakischen Stadt Karakosch setzt große Hoffnung auf den Papstbesuch in der kommenden Woche.
Wenn der Papst vom 5. bis 8. März den Irak besucht, dann steht auf seinem Besuchsprogramm auch die Kleinstadt Karakosch in der nordirakischen Ninive-Ebene. Karakosch sei zum Sinnbild des Wiederaufbaus und des Nichtaufgebens in schwierigen Momenten geworden, so Pater Jahola, der zu den Mitorganisatoren der Papstreise zählt.
Über Jahrhunderte war Karakosch die größte christliche Stadt des Landes. Bis im August 2014 die Milizen des „Islamischen Staates“ (IS) kamen. So ging es aber auch der mehr als 100 000 Bewohnern der Ninive-Ebene. Die Ninive-Ebene war binnen Stunden „Christen-frei“. Das „christliche Herz“ des Irak hatte aufgehört zu schlagen. „Es wird im Irak kein Christentum mehr geben“, schmierten die Terroristen an die Kirchenwände in Karakosch und anderen Kleinstädten und Ortschaften. Erst drei Jahre später, 2017, als der IS militärisch besiegt war, wagten einige Christen die Rückkehr. Doch mehr als ein Drittel der Häuser und Kirchen in Karakosch waren zerstört – verbrannt, zerbombt, geplündert. Gut die Hälfte der vertriebenen christlichen Familien sei wieder zurück in ihrer alten Heimat, so das Hilfswerk „Kirche in Not“.
Der Papst wird am 7. März laut Programm in Karakosch die Al-Tahira-Kirche besuchen. Diese wurde während des IS-Terrorregimes fast vollständig zerstört.
Pater Jahola sagt, er sei froh, dass bereits alles vorbereitet sei und man „ruhig“ auf die Ankunft warten könne. Es sei ihm aber bewusst, dass die Reise bis zur letzten Minute abgesagt werden könnte. Die Corona-Krise und die prekäre Sicherheitslage im Irak sehe er als zwei Damoklesschwerter. mehr Informationen
Papst Franziskus weiß, dass die Lage der christlichen Minderheiten in jedem Land der Region ganz wesentlich von der Toleranz der islamischen Mehrheitsgesellschaft abhängt. Papst Franziskus‘ Besuch wird die Lage der Christen und anderer religiöser Minderheiten für alle Iraker sichtbar machen.
Als eines der ältesten Siedlungsgebiete gehört der Irak zur Wiege der Christenheit. Hier im Zweistromland soll der Apostel Thomas erstmals das Evangelium verkündet haben. Einst Mehrheit, leben Christen heute als dramatisch geschrumpfte Minderheit in einem multireligiösen, multiethnischen Staat islamischer Dominanz.
Die Verfassung vom Irak schützt gleichermaßen die islamische Identität der Mehrheit der Iraker und die religiösen Rechte von Christen, Jesiden und Mandäern. Die Ausübung der Bahai-Religion oder der Übertritt von Muslimen zu einer anderen Religion sind ungesetzlich. Das Gesetz verpflichtet die Regierung zum Schutz heiliger Stätten und der freien Religionsausübung der anerkannten Religionsgemeinschaften, zu denen elf Kirchen sowie die Adventistengemeinde gehören. Neun der 329 Sitze im Repräsentantenrat (Parlament) sind für Minderheiten reserviert, darunter fünf christliche Vertreter. Im autonomen kurdischen Parlament entfallen 11 der 111 Sitze auf Minderheiten, darunter sechs auf Christen. Genossen Christen unter Saddam Hussein vergleichsweise große Freiheiten, wurden die Spielräume für nichtmuslimische Minderheiten nach 2003 immer kleiner. 50 Prozent der irakischen Christen, nach manchen Schätzungen bis zu 90 Prozent, verließen das Land Richtung Syrien, Jordanien, Libanon oder in den Westen. Heute machen sie laut Schätzungen des US-Außenministeriums rund ein Prozent der Bevölkerung aus und leben vor allem im Norden des Landes und der autonomen Region Kurdistan. mehr Informationen
Laut dem vom Vatikan bekanntgegebenen Programm wird er mit Staatspräsident Barham Salih und Ministerpräsident Mustafa al-Kasimi zusammentreffen, mit dem Oberhaupt der Schiiten, Großajatollah Ali al-Sistani sowie etlichen christlichen Oberhäuptern. Pandemiebedingt hat die Regierung einen Lockdown verhängt; nur zu Gottesdiensten in Bagdad sind rund 500 Menschen und zum Abschluss in Erbil in einem Stadion sogar 10.000 Teilnehmer zugelassen.
Neben der Hauptstadt Bagdad will Franziskus auf seiner 33. Auslandsreise die einstige IS-Hochburg Mossul ebenso besuchen wie die Stadt Karakosch, aus der die Islamisten Zehntausende Christen vertrieben. Der große Gottesdienst am 7. März in Erbil ist möglich aufgrund eigener Vorgaben in der Autonomen Region Kurdistan. Tags zuvor ist in der Ebene von Ur, der Heimat des für Juden, Christen und Muslimen wichtigen Stammvaters Abraham, ein interreligiöses Treffen vorgesehen.
Zuvor trifft der Papst Großajatollah al-Sistani. Beobachter erwarten von dem als persönlich deklarierten Treffen einen weiteren Impuls für den katholisch-schiitischen Dialog, eventuell mittelfristig eine Erweiterung der interreligiösen Initiative zur „Geschwisterlichkeit aller Menschen“, die Papst Franziskus im Februar 2019 mit dem sunnitischen Großimam der Kairoer Al-Azhar-Universität, Ahmad al-Tayyeb, in Abu Dhabi begonnen hatte.
Kirchenführer wie auch die Regierung des Landes werten den Papstbesuch als wichtiges Zeichen für die christliche Minderheit im Land. Der Opfer von Krieg und Terror will Franziskus eigens am 7. März in Mossul gedenken.
Wegen der Infektions-, vor allem aber auch der Sicherheitslage im Irak stand der Papstbesuch bis zuletzt unter Vorbehalt. Am 21. Januar gab es einen Bombenanschlag im Zentrum Bagdads mit 32 Toten, Mitte Februar einen Raketenangriff auf den Flughafen in Erbil. Gegen die Pandemie werden sämtliche Teilnehmer der vatikanischen Delegation wie auch mitreisende Medienvertreter bei Reiseantritt gegen das Coronavirus geimpft sein. mehr Informationen
Grossajatollah Ali as-Sistani und die traditionelle islamische Schule von Nadschaf lehnen eine rein religiöse Regierung ab. As-Sistani betrachtet das iranische Modell als gescheitert. In einer Fatwa wies as-Sistani (wie auch die Nadschafer Großajatollahs Muhammad Said al-Hakim und Muhammad Ishaq Fayadh) die 15 Millionen irakischen Schiiten an, Auseinandersetzungen mit amerikanischen Soldaten und der Zivilverwaltung zu vermeiden, denn eine Zusammenarbeit sei zulässig. Übergriffe gegen ausländische Streitkräfte erklärte er zu terroristischen Handlungen, während sie die Schule von Ghom als erwünschten muslimischen Widerstand gegen die nicht muslimischen Besatzer bezeichnet.
Programm des Papstbesuches in Irak
Freitag, 5. März:
Morgens Abflug vom römischen Flughafen Fiumicino nach Bagdad
Nachmittags Ankunft auf dem Internationalen Flughafen Bagdad
Offizieller Empfang auf dem Flughafen
Treffen mit Ministerpräsident Mustafa al-Kadhimi im V.I.P.-Saal des Flughafens
Begrüßungszeremonie im Präsidentenpalast Bagdad
Höflichkeitsbesuch bei Staatspräsident Barham Salih im Amtszimmer des Staatspräsidenten
Begegnung mit Politikern, Vertretern der Zivilgesellschaft und Diplomaten im Saal des Präsidentenpalasts. Rede des Papstes
Begegnung mit Bischöfen, Priestern, Ordensleuten, Seminaristen und Katecheten in der syrisch-katholischen Sayidat-al-Nejat-Kathedrale in Bagdad. Rede des Papstes
Samstag, 6. März:
Morgens Abflug im Flugzeug nach Nadschaf
Ankunft auf dem Flughafen Nadschaf
Höflichkeitsbesuch bei Großajatollah Ali al-Sistani in Nadschaf
Abflug im Flugzeug nach Nasiriya
Ankunft auf dem Flughafen Nasiriya
Interreligiöses Treffen in der Ebene von Ur. Rede des Papstes
Abflug im Flugzeug nach Bagdad
Ankunft auf dem Internationalen Flughafen Bagdad
Nachmittags Messe in der chaldäischen Kathedrale Sankt Josef in Bagdad. Predigt des Papstes
Sonntag, 7. März
Morgens Abflug im Flugzeug nach Erbil
Ankunft auf dem Flughafen Erbil
Begrüßung durch religiöse und zivile Autoritäten der Autonomen Region Kurdistan in der V.I.P.-Lounge des Flughafens
Abflug im Helikopter nach Mossul
Ankunft in Mossul
Gebet für die Opfer des Krieges in Hosh al-Bieaa (Kirchplatz) in Mossul. Gebet des Papstes
Abflug im Helikopter nach Karakosch
Ankunft in Karakosch
Besuch der Gemeinde von Karakosch in der Kirche der „Unbefleckten Empfängnis“. Rede des Papstes; Angelus-Gebet
Transfer nach Erbil
Nachmittags Messe im Franso-Hariri-Stadion in Erbil. Predigt des Papstes
Abflug im Flugzeug nach Bagdad
Ankunft auf dem Internationalen Flughafen Bagdad
Montag, 8. März:
Morgens Abschiedszeremonie am Internationalen Flughafen Bagdad
Abflug nach Rom
Ankunft auf dem Flughafen Rom-Ciampino
Der Papst macht einen Schritt Richtung schiitische Welt
Beim Besuch im Irak ist eine Begegnung mit hohen schiitischen Vertretern vorgesehen. Er will die islamische Selbstbesinnung stärken. weiterlesen
Haus der Abrahamitischen Familie in Abu Dhabi
Es wird auch ein Studien- und Forschungszentrum über die Brüderlichkeit aller Menschen entstehen, mit dem Zweck die drei Religionen zusammen zu führen. weiterlesen
Pluralismus ist nach dem Dokument von Abu Dhabi von Gott gegeben
Ein Dokument, das auch Nicht-Muslimen volle staatsbürgerliche Gleichberechtigung verspricht. weiterlesen