Ist der Niger Schauplatz des russisch-westlichen Konflikts?
Niger gilt als viertgrößter Uranexporteur der Welt und ist für etwa 25 % der Uranversorgung der Kernkraftwerke in der Europäischen Union verantwortlich. Es ist für 8 % der weltweiten Uranproduktion verantwortlich. Frankreich besitzt über ein eigenes Unternehmen 63 % der Minen in Niger. Die Ankündigung des Exportstopps ist für die Franzosen auf jeden Fall ein ernstes Problem. Darüber hinaus wurde berichtet, dass Burkina Faso auch die Einstellung der Uranexporte nach Frankreich und in die USA angekündigt habe.
Der Militärputsch in Niger lässt geopolitische Bedenken hinsichtlich der künftigen Energieversorgung von Afrika nach Europa über das Transsahara-Gaspipeline-/TGSP-Projekt, auch bekannt als NIGAL, aufkommen. Es sollte bis zu 30 Milliarden Kubikmeter Gas pro Jahr von Nigeria nach Algerien über 4.128 km (über Niger) nach ganz Europa pumpen. Mehrere europäische Länder setzen seit Beginn des Ukraine-Krieges alles daran, ihre Erdgasimporte aus Ländern außerhalb Russlands aufzustocken. Tatsächlich sitzt Nigeria auf den größten Ölreserven des Kontinents, und schon jetzt ist es nach Algerien der zweitgrößte Gasexporteur Afrikas. Und das Potenzial ist noch weit größer, sagt Botti. „Nigeria verfügt über eines der größten Gasvorkommen der Welt, etwa fünf Billionen Kubikmeter, mit einer Förderkapazität von 85 Milliarden Kubikmeter pro Jahr. Im krassen Gegensatz dazu stehen Armut und Instabilität in Nigeria – eine Realität, die den Bau der Pipeline unrealistisch erscheinen lässt. Terror und Gewalt breiten sich im muslimischen Norden des Landes aus. Dort kommt es häufig zu Entführungen und Angriffen durch die islamistische Terrorgruppe Boko Haram. Ein latentes Sicherheitsrisiko, sagen Experten.
Am 26. Juli 2023 hat das Militär die Macht im Niger übernommen. Der gewählte Präsident Mohamed Bazoum und seine Frau wurden von der Präsidentengarde – einer Eliteeinheit des Militärs – im Präsidentenpalast festgesetzt. Hinter dem Putsch steht deren Befehlshaber, General Abdourahmane Tchiani. Er erklärte sich am Freitag zum neuen Machthaber, wenig später setzten die Putschisten die Verfassung des westafrikanischen Landes außer Kraft und lösten alle verfassungsmäßigen Institutionen auf.
Der Putsch wird international mehrheitlich verurteilt. Die USA, die UN, die EU und die Westafrikanische Staatengemeinschaft Ecowas forderten, Bazoum wieder als Präsident einzusetzen. Die finanziellen Hilfen für das Land wurden weitgehend gestoppt. Frankreich – ehemals Kolonialmacht – steht besonders im Fokus der Proteste im Niger.
Russland, dessen Kämpfer der Söldnergruppe Wagner im benachbarten Mali aktiv sind, verurteilte den Putsch offiziell: „Es ist nötig, die verfassungsmäßige Ordnung im Niger wiederherzustellen“, sagte Außenminister Sergej Lawrow einen Tag nach dem Staatsstreich. Doch es ist nicht klar, inwiefern die Wagner Söldner präsent sind. Es werden immer wieder russische Flaggen gezeigt.
Der Niger galt bislang als eine der wenigen funktionierenden Demokratien in der vom islamistischen Terrorismus heimgesuchten Sahelzone. Deswegen haben europäische Staaten zuletzt massiv in den Wüstenstaat investiert, in Militärkooperationen und Entwicklungszusammenarbeit. Auch weil die Militärjunta im Nachbarstaat Mali immer mehr westliche Partner vergrault hat und mit der russischen Söldner-Gruppe Wagner kooperiert. Mit dem Putsch droht nun eine weitere Destabilisierung der Region. „Der bis zum Putsch relativ sichere und politisch stabile Niger hatte Hoffnung für die gesamte Region gegeben. Diese ist nun zerstört“, sagt etwa Ibrahim Yahaya Ibrahim vom Think Tank International Crisis Group.
Bis zu 2.000 französische Soldaten sollen sich in Niger befinden. Ebenso 100 deutsche Bundeswehrsoldaten.
In Niger leben etwa 26 Millionen Menschen, das Land gehört zu den ärmsten der Welt. Auf dem Index der menschlichen Entwicklung der Vereinten Nationen belegte das Land in der Sahelzone zuletzt Platz 189 von 191. Mehr als 40 Prozent der Menschen leben in extremer Armut, das Land ist auf internationale Hilfen angewiesen. Nach Mali und Burkina Faso ist Niger der dritte Staat in der Sahelzone, der seit 2020 einen Putsch erlebt. Dabei galt das Land bislang als demokratischer Vorzeige-Staat: Die Amtseinführung von Präsident Bazoum im April 2021 markierte den ersten friedlichen demokratischen Machtwechsel im Land seit seiner Unabhängigkeit von Frankreich im Jahr 1960. Außerhalb der großen Städte ist in Niger der Staat kaum präsent. Von einer Fläche, die dreieinhalbmal so groß wie Deutschland ist, sind zwei Drittel Wüste. Niger hat die höchste Geburtenrate und die jüngste Bevölkerung der Welt – Kinder unter zehn Jahren machen mehr als ein Drittel der Einwohner aus. mehr Informationen