Immer mehr verbreitet sich neugnostisches Gedankengut unter den Christen.
Was ist der Kern der Gnosis (Höhere Erkenntnis)?
In den christlichen griechischen Schriften werden zwei Wörter gewöhnlich mit „Erkenntnis“ wiedergegeben: γνῶσις – gnosis und ἐπίγνωσις – epignosis.
Paulus erwähnt sie in 1.Timotheus 6,20-21: „Timotheus, bewahre das anvertraute Gut, indem du die unheiligen leeren Reden und Einwände der fälschlich so genannten Erkenntnis [γνῶσις – gnosis] meidest, zu der sich einige bekennen und von dem Glauben abgeirrt sind!
„Erkenntnis bläht auf, die Liebe aber erbaut.“ 1.Korinther 8,1
Die Gnosis ist das Gegenteil von Glauben.
Die Gnosis will eine höhere Erkenntnis sein, weniger ein Handeln und Verantworten, während der Glaube ein Wissen und Handeln zugleich ist.
Gnosis ist die Erlösung von der Verantwortung. Sie gibt einen Anschein der Erlösung.
Gnosis will Erlösung sein, indem sie den Menschen für nicht verantwortlich erklärt. Wer die Erkenntnis der Wahrheit hat, ist frei, heißt es im gnostischen Philippusevangelium. Das Wissen des Gnostikers steht nicht nur im Gegensatz zur Unwissenheit, sondern auch im Gegensatz zum Glauben.
Ein weiteres Argument ist: «Ein guter Gott kann diese Welt nicht gewollt haben, und wenn er es nicht hindern konnte, ist er kein Gott.» Man beginnt selbst zu urteilen, wie Gott sein darf.
Der Glaube dagegen lässt sich auf Gott ein, wie er sich selbst offenbart. Von Hiob heißt es (Hiob 40,2-4): «Der da Gott zurechtweist, er antworte! Da antwortete Hiob dem HERRN und sagte: Siehe, zu gering bin ich! Was kann ich dir erwidern?»
Der Glaube erfordert auch immer eine ethische Bewährung. Das Christentum bejaht die Welt und verwirft nur den Missbrauch, allerdings auch den eigenen Missbrauch, die eigene Sünde. Nur für den Sünder, der sich als Sünder bekennt, gibt es Hoffnung auf Erlösung. Für die anderen bleibt nur die vermeintliche Selbsterlösung durch Gnosis – oder Anklage und Empörung.
Im Glauben nehme ich etwas an. Ich ergreife die rettende Hand von Jesus, das Angebot der Versöhnung.
Mit der höheren Erkenntnis nehme ich mein Schicksaal selbst in die Hand. Ich brauche kein Gegenüber. Jesus muss nicht für meine persönliche Schuld am Kreuz sterben. Es ist egal wie ich auf ihn reagiere, weil im Kreuz entweder alle pauschal erlöst sind oder der göttliche Jesus den Menschen Jesus vor der Kreuzigung verließ.
Als Beispiel für die Entwertung der Geschichte in der Gnosis können wir die Reduktion des Kreuzesleiden auf ein Scheinleiden nehmen. Im System des Basilides, so erzählt Irenäus, hat nicht Christus selbst gelitten, sondern Simon von Zyrene, von dem die Synoptiker berichten, dass er das Kreuz Christi getragen hat. «Jesus selbst hatte die Gestalt Simons angenommen, stand dabei und machte sich über sie lustig. Denn weil er die körperlose Kraft war und der Nous des ungezeugten Vaters, konnte er sich beliebig verwandeln und ist so zu dem aufgefahren, der ihn gesandt hatte … Also sind alle, die das wissen, von den weltschöpferischen Archonten befreit. Man darf nicht den Gekreuzigten bekennen, sondern den, der in Menschengestalt gekommen ist» (mehr Informationen). Das Leben von Jesus rückt in den Fokus und nicht mehr der Kreuzestod ist zentral.
Dabei liegt die christliche Kraft im Kreuz. Im Kreuz finden Opfer und Täter Frieden.
Jesus lädt das Opfer ein, ihm die Gerechtigkeit und Wiederherstellung zu überlassen. Dadurch wird man frei von Altlasten und lebt im Heute.
Der Täter sieht im Kreuzesgeschehen die Folgen seiner Tat. Wenn er seine Schuld einsieht und umkehrt, dann hat Jesus für ihn die Konsequenzen getragen. Er erhält die Chance eines Neuanfangs.
So ist das Kreuz die Schlüsselerfahrung des christlichen Glaubens.