Jahreslang herrschte im syrischen Daraa weitgehend Ruhe. Doch nun greifen Assads Truppen die frühere Oppositionshochburg wieder an. Fast 30 Menschen wurden in den vergangenen Tagen getötet, knapp 20.000 mussten UN-Angaben zufolge aus ihren Häusern fliehen. Eine Änderung der russischen Haltung macht es möglich.
Im März 2011 hatte die Festnahme der minderjährigen Sprüher von Daraa die Proteste gegen das Assad-Regime ausgelöst, die auf die Hauptstadt Damaskus und andere Landesteile übersprangen. Als der Machthaber mit Gewalt reagierte, begann der Bürgerkrieg. Daraa und andere Provinzen gingen für ihn verloren.
Assads Regime konnte zwar 2018 zwar die Region Daraa zurückerobern, doch auf Druck von Moskau musste der Herrscher in Damaskus auf eine vollständige Besetzung der Provinz verzichten. Russland kam damit Forderungen von Israel entgegen, dessen Grenze nur 30 Kilometer von der Provinz entfernt ist.
Der jüdische Staat will verhindern, dass sich iranische Milizen, die an der Seite von Assads Truppen kämpfen, in dem Gebiet festsetzen. Russland stimmte zu, weil es sich seine guten Beziehungen zu Israel nicht vom Syrien-Konflikt verderben lassen will.
Netanjahu wusste einen Großteil der Israelis hinter sich, die wie er in der Islamischen Republik – zumal in einer atomar aufgerüsteten – eine existenzielle Gefahr sehen. Die zahlreichen Drohungen der Mullahs, das „zionistische Gebilde“ müssen von der Landkarte getilgt werden, wird ernstgenommen. Dass jetzt mit Ebrahim Raisi ein Hardliner das Amt des Präsidenten in Iran bekleidet, alarmiert die Verantwortlichen in Jerusalem zusätzlich.
Bis heute ist die syrische Armee deshalb nicht in allen Teilen von Daraa präsent. Einige Gegenden werden von Aufständischen kontrolliert. Der Widerstand in der vorwiegend sunnitischen Gegend richtet sich auch gegen die Rolle der schiitischen Iraner auf der Seite der Regierungstruppen. Immer wenn Assads Soldaten versuchen, in Daraa die Kontrolle zu übernehmen, schlagen die Rebellen zurück. Im März töteten sie in einem Hinterhalt 21 Regierungssoldaten.
Nach unbestätigten Berichten zieht Damaskus inzwischen Truppen von der Belagerung der Rebellenhochburg Idlib im Nordwesten ab und schickt sie als Verstärkung in den Süden nach Daraa. Das spricht für weitere Kämpfe. mehr Informationen
Seit Naftali Bennett neuer israelischer Regierungschef ist, hat sich die Haltung Russlands geändert. Ende Juli 21 wurden von den acht von den israelischen F16 abgefeuerten Raketen sieben von den in Russland hergestellten Luftverteidigungssystemen Pantsyr-S und Buk-M2 abgefangen. Dies bedeutet, dass Russland nun Syrien aktiv gegen israelische Angriffe auf iranische Ziele unterstützt. In der Vergangenheit gab es einen Koordinierungsmechanismus zwischen den Russen und den israelischen Streitkräften (IDF), aber jetzt sagen russische Beamte, dass dieser nicht mehr existiert. Als er in Kraft war, hatte dies sich auf die Beziehung zwischen dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und Premierminister Benjamin Netanjahu bezogen. Mit dem Wegfall Netanjahus besteht die Verbindung nicht mehr, die Moskau dazu veranlasst, eine andere Richtung in seiner Herangehensweise in Syrien einzuschlagen.