Mit Bravour hat Joachim Gauck seinen ersten Staatsbesuch in Israel und den Palästinensischen Autonomiegebieten hinter sich gebracht. Demütig, gewinnend, immer wieder emotional bewegt, ja, zu Tränen gerührt – so sei das neu gewählte deutsche Staatsoberhaupt aufgetreten.
Gauck meinte kurz vor seinem Abflug nach Deutschland: „Die Begegnungen mit vielen engagierten Menschen hier in der Region sind es, die mir am Ende dieser Reise in einer äußerst schwierigen politischen Situation doch ein gewisses Maß von Hoffnung gestatten.“
Doch, was denken Israelis über den Israel-Besuch des deutschen Staatsoberhaupts?
Es erweist sich als schwierig, einen Israeli zu finden, der den Besuch von Bundespräsident Gauck überhaupt wahrgenommen hat. In Radio und Fernsehen wird (fast) gar nicht darüber berichtet. Am letzten Tag des Israelbesuchs druckt das Massenblatt „Yediot Aharonot“ auf Seite 14 ein Bild der beiden Präsidenten aus Yad Vashem. Die auflagenstärkste kostenlose Verteilzeitung „Israel Hajom“ machte auf Seite 5 eine kurze Erwähnung, dass laut Gauck der Iran eine Bedrohung des ganzen Westens sei. Die Tageszeitung Ma´ariv schreibt überhaupt nichts über den „viel beachteten Besuch“.
Eine israelische Abiturientin nimmt den ihr erteilten Auftrag sehr ernst und befragt 30 Lehrer und 50 Schüler an einer der Eliteschulen der israelischen Hauptstadt: Drei Lehrer und drei Schüler haben von dem Besuch gehört. Kein einziger weiß, wie der höchste Repräsentant der Bundesrepublik Deutschland heißt.
Tatsächlich sind die Schachweltmeisterschaft in Moskau, die Überführung von Terroristenleichen an die Palästinensische Autonomiebehörde, Irans Drohung, Israel anzugreifen, sollte der Westen in Syrien eingreifen, das Diktat der Ultraorthodoxen, der neue Computervirus „Flame“, ein möglicher Boykott israelischer Waren beim Schweizer Konzern Migros und die Frage, wie „pornografisch“ Nachrichten über Verbrechen berichten dürfen, aus israelischer Sicht so wichtig, dass für eine Berichterstattung über den Besuch des deutschen Bundespräsidenten kein Raum mehr bleibt.
Wertet man den Besuch in Israel und den Palästinensergebieten aufgrund der medialen Wahrnehmung aus, dann war der Besuch in den Palästinensergebieten ein sehr großer Erfolg, denn die palästinensischen Medien berichten breit und umfassend über den Besuch. Dagegen fand dieser Besuch in den israelischen Medien, wie auch die Besuche seiner Vorgänger, so gut wie gar nicht statt.
Umso umfangreicher und umfassender, vor allem aber fairer und wohlwollender fand der Besuch in den deutschen Medien seinen Niederschlag. Gauck selbst war nach seiner Rückkehr am Donnerstag dankbar und zufrieden, aber auch abgespannt von seinem Besuch, und ein wenig glücklich.