Luthers Kritik am damaligen Reliquienwahn und Ablasshandel der Kirche führte nicht nur zur Gründung der evangelischen Kirche. Der Beginn der Reformation war auch das Ende uneingeschränkter Macht der Autoritäten, denn die Menschen entdeckten ihre eigene Persönlichkeit und wurden mündiger gegenüber Staat und Kirche.
Mit seiner Übersetzung der Bibel legte Luther zudem den Grundstein für die Entstehung einer einheitlichen deutschen Sprache. „Martin Luther gilt in protestantisch geprägten Teilen des Landes als ein Volksheld, auch wenn im heutigen Wandel der Zeit viele Menschen den 31. Oktober eher mit Halloween als mit der Reformation in Verbindung bringen. Er trug zu den Entwicklungen unserer Gesellschaft ab dem 16. Jahrhundert einen erheblichen Teil bei“, sagt Björn Rudek, Geschäftsführer des Vereins Historic Highlights of Germany e.V. (HHoG).
Laut der Überlieferung soll der Mönch und Theologieprofessor Martin Luther am Tag vor Allerheiligen 1517 an die Tür der Schlosskirche zu Wittenberg 95 Thesen in lateinischer Sprache zu Ablass und Buße angeschlagen haben, um eine akademische Disputation herbeizuführen. Damit leitete er die Reformation der Kirche ein.
Im Kern bestritt er die damals herrschende Ansicht, dass eine Erlösung von der Sünde durch einen Ablass in Form einer Geldzahlung möglich sei. Luther wies darauf hin, das dies schon durch das Opfer Jesu am Kreuz geschehen sei. Er hatte seine Thesen in Briefform mehreren geistlichen Würdenträgern und Bischöfen des Reiches zugesandt. Als die Bischöfe nicht reagierten, soll er die 95 Thesen an die Schlosskirche Wittenbergs angeschlagen haben.
Der Reformationstag, das Reformationsfest oder auch der Gedenktag der Reformation wird von evangelischen Christen in Deutschland und Österreich am 31. Oktober im Gedenken an die Reformation der Kirche durch Martin Luther gefeiert. In der Schweiz gilt der erste Sonntag im November als Reformationstag. Auch in in Slowenien und Chile ist der Reformationstag ein gesetzlicher Feiertag.
Mehr als 1000 neue Wörter durch Martin Luther. Als Martin Luther die Bibel in die deutsche Alltagssprache übersetzte, entfaltete er sein großes Talent zur Sprachgestaltung. Heute noch sprechen wir von »Luthers Wortwitz«, denn für viele Worte der ursprünglichen biblischen Sprachen gab es keine deutschen Entsprechungen. So musste er sich seiner Fantasie bedienen. Heute noch benutzen wir etliche lutherische Wortkreationen und Sprachbilder wie »Ebenbild«, »Nachteule«, »Herzeleid«, »Lästermaul«, »Nächstenliebe«, »Lockvogel«, »Gewissensbisse« oder »Judaslohn«, um nur eine kleine Auswahl zu nennen. Zudem prägte er viele heute noch gängige Redewendungen. Wussten Sie, dass beispielsweise »im Dunkeln tappen«, »ein Machtwort sprechen«, »für immer und ewig«, »im Schweiße des Angesichts«, »Wolf im Schafspelz« oder »die große Unbekannte« auf diesen findigen Sprachgestalter zurückgehen?
Luthers Bibelübersetzung legte außerdem den Grundstein für unseren gemeinsamen Sprachraum, lange bevor der Staat Deutschland existierte. Während sich in anderen Ländern die einheitliche Sprache in den einflussreichen Städten bildete oder von der politischen Macht verordnet wurde, formte sie sich in Deutschland mit der muttersprachlichen Aneignung der Heiligen Schrift. Luthers Bibelübersetzung vereinheitlichte das vorherrschende Mundartchaos und sorgte für eine überregionale, allgemein verständliche Nationalsprache. Der große Einfluss dieses Reformators, der wollte, dass das normale Volk Gottes Wort selbst lesen und verstehen kann, stieß in Deutschland eine gewaltige Entwicklung an. Schließlich trieb eine deutsche Bibel die Alphabetisierung und die allgemeine Bildung der Bevölkerung enorm voran – und ganz nebenbei entwickelte sich Deutsch zur Sprache der Dichter und Denker.
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