Konservative Anglikaner sagen sich vom Erzbischof von Canterbury los

85 Prozent der anglikanischen Christen wollen neue Strukturen aufbauen, die von der Kirche von England und ihrem Oberhaupt unabhängig seien. Seit Jahrzehnten streiten die Anglikaner über Frauenpriestertum und Homosexualität. Bislang einigte man sich stets darauf, uneinig zu sein, in Geschwisterlichkeit und gegenseitigem Respekt. Laut Professor Asonzeh Ukah Universität Kapstadt herrscht auf beiden Seiten Furcht vor der Scheidung. „Also scheinen sie indirekt miteinander zu kommunizieren. Jede der beiden Gruppen appelliert unterschwellig an die andere, vernünftig zu urteilen und ihre Handlungen und Positionen nachzuvollziehen.“

Das theologisch konservative Netzwerk GAFCON in der anglikanischen Kirche (Global Anglican Future Conference) hat sich von der Kirche von England und ihrem Oberhaupt, Erzbischof Justin Welby, losgesagt.

Der Erzbischof von Canterbury gilt traditionell als Ehrenoberhaupt der weltweiten Anglikanischen Gemeinschaft. Die Lossagung geht aus einer Erklärung hervor, die am 21. April 2023 auf einer Konferenz in der ruandischen Hauptstadt Kigali verabschiedet wurde. An dem Treffen nahmen 1.302 Delegierte aus 52 Ländern teil, darunter 315 Bischöfe und 456 andere Geistliche. Grund für die Erklärung ist der Beschluss der Generalsynode der anglikanischen Kirche von England, die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare zuzulassen. Sie hatte im Februar einem entsprechenden Vorschlag ihrer Bischofskonferenz zugestimmt. Damit habe die Führung der Kirche von England beschlossen, „die Sünde zu segnen“, heißt es in der Erklärung der GAFCON.

Die führenden Vertreter der GAFCON seien in Kigali mit Vertretern der ebenfalls theologisch konservativen Gemeinschaft der Anglikanischen Kirchen des Globalen Südens (Global South Fellowship of Anglican Churches/GSFA) zusammengetroffen. Zusammen repräsentierten diese beiden Zusammenschlüsse rund 85 Prozent der anglikanischen Christen weltweit. Ihre Vertreter seien bei dem Treffen übereingekommen, neue Strukturen einer weltweiten Gemeinschaft ihrer Kirchen aufzubauen, die von der Kirche von England und ihrem Oberhaupt unabhängig seien. mehr Informationen

Seit Jahrzehnten streiten die Anglikaner über Frauenpriestertum und Homosexualität. Bislang einigte man sich stets darauf, uneinig zu sein, in Geschwisterlichkeit und gegenseitigem Respekt. Jetzt aber erklärten die GAFCON-Delegierten: „Wir können nicht länger in guter Uneinigkeit mit jenen gemeinsam gehen, die sich bewusst dazu entschlossen haben, sich vom Glauben abzukehren.“

Für die Reformierte Evangelikale Anglikanische Kirche Südafrikas (REACH) ist dies längst Realität. Das heutige GAFCON-Mitglied habe sich bereits 1938 von der Mutterkirche losgesagt, berichtet Bischof Glenn Lyons. Für ihn steht fest: „Es ist unmöglich für Canterbury, die Gemeinschaft zusammenzuhalten angesichts einer so grundlegenden Abkehr von der biblischen Lehre, was Geschlecht und Sexualität betrifft.“ In Lyons‘ Augen ist die Spaltung längst vollzogen. „Egal, was auf dem Papier steht: Tatsächlich existieren bereits zwei verschiedene anglikanische Gemeinschaften auf dieser Welt: die orthodoxe und die liberale.“

Laut Professor Asonzeh Ukah Universität Kapstadt herrscht auf beiden Seiten Furcht vor der Scheidung. „Also scheinen sie indirekt miteinander zu kommunizieren. Jede der beiden Gruppen appelliert unterschwellig an die andere, vernünftig zu urteilen und ihre Handlungen und Positionen nachzuvollziehen.“

„Unsere Kirche im südlichen Afrika hat über viele Jahrzehnte gelernt, ohne Canterbury zu überleben“, so Bischof Lyons. mehr Informationen

Der vollständige Text des Kigali Commitment sowie weitere Informationen zu Gafcon befinden sich auf der Homepage der Konferenz: gafcon23.org.

Die Anglikanischen Erzbischöfe von Canterbury und York haben in einer Stellungnahme um Entschuldigung dafür gebeten, dass sie zuvor die überlieferte christliche Sexualmoral vertreten haben.
In einer Stellungnahme vom 30. Januar 2023 stellten sie fest, dass eine pastorale Leitlinie, die in der Woche davor veröffentlicht worden war, das „Vertrauen gefährdet“ habe. Justin Welby, Erzbischof von Canterbury, und John Sentamu, Erzbischof von York, baten um Entschuldigung für „die Spaltung und das Leiden, die dadurch verursacht wurden“. Die pastorale Leitlinie für zivile Partnerschaften homosexueller und heterosexueller Paare hatte betont, dass Sexualität ihren Ort in der Ehe habe. Sexuelle Verhältnisse außerhalb einer Ehe zwischen Mann und Frau würden nicht dem Plan Gottes entsprechen, heißt es in der Leitlinie mit Bezug auf das „Book of Common Prayer“, dem liturgischen Gebetbuch der anglikanischen Kirche. mehr Informationen

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