Immer wieder kommt es in den überfüllten Unterkünften zu handfesten Auseinandersetzungen zwischen Flüchtlingsgruppen. Kein Wunder, sagen viele: Schließlich werden dort Gruppen zusammen einquartiert, die völlig unterschiedliche Wertvorstellungen haben oder sich gar spinnefeind sind. FOCUS Online zeigte die größten Konfliktlinien.
1. Religion
Grundlegende Wertvorstellungen können hier ebenso zu Streit führen wie unterschiedliche Alltagsgewohnheiten.
„Ich kann in meinem Asylbewerberheim nicht offen sagen, dass ich Christ bin. Dann werde ich bedroht“, sagte ein Flüchtling aus einem Asylbewerberheim im südlichen Brandenburg kürzlich der Zeitung „Welt“. Er habe sogar Todesdrohungen bekommen.
Die meisten Streitigkeiten gibt es laut Rainer Wendt, dem Vorsitzenden der Deutschen Polizeigewerkschaft, zwischen den Anhängern verschiedener islamischer Strömungen: „Da kämpfen Sunniten gegen Schiiten, da gibt es Salafisten unterschiedlichster Ausprägung. (…) Frauen werden zur Verschleierung gezwungen. Männer werden gezwungen zu beten. Islamisten wollen dort ihre Werte und Ordnung einführen“.
Mit anderen Worten: Die religiösen Konflikte werden mitgenommen und nicht einfach mit der Überschreitung der Grenze hinter sich gelassen.
2. Rassismus
Das bekannte Freund-Feind-Schema aus dem Heimatland ist tief verwurzelt. Schon aufgrund der Sprachbarriere ist eine Durchmischung der Flüchtlingsgruppen mit unterschiedlicher Herkunft oft nicht möglich. Deshalb bilden sich in den Unterkünften Gruppen, die sich ganz gezielt voneinander abgrenzen. In vielen Ländern des Nahen Ostens sei beispielsweise die Diskriminierung von Schwarzen alltäglich. Auch Roma leiden häufig unter Diskriminierung.
3. Ethnische Konflikte
Eine ethnische Gruppe ist eine abgrenzbare Menschengruppe, der aufgrund ihres intuitiven Selbstverständnisses und Gemeinschaftsgefühls eine eigenständige Identität entwickelt haben. Ein Beispiel ist die angespannte Beziehung zwischen Kosovo-Albanern und Serben. Zu Auseinandersetzungen komme es allerdings meist vor allem wegen der räumlichen Enge. Unter normalen Umständen würde man sich wahrscheinlich aus dem Weg gehen.
4. Konflikte aus den Heimatländern
Besonders brisant werde es, wenn direkte Konfliktparteien aus den Herkunftsländern nah beieinander untergebracht werden. Beispiele sind Türken und Kurden, Sunniten und Schiiten und auch jesidische und sunnitisch-arabische Iraker. Besonders wahrscheinlich sind persönlich motivierte Racheakte.
5. Kommunikationsprobleme
Kommunikationsprobleme können zu Missverständnissen und Streitigkeiten führen. Ein Beispiel ist die Wahrnehmung körperlicher Nähe und Lautstärke bei Gesprächen. Während sich die Angehörigen einer kulturellen Gruppe durch das Unterschreiten eines bestimmten Mindestabstands bedrängt oder bedroht fühlen könnten, sei das für eine andere Gruppe ganz normal und üblich.
6. Perspektivenlosigkeit
Neid und Konkurrenzdenken spielen bei Auseinandersetzungen zwischen Flüchtlingen auch eine Rolle. Diejenigen, die keine Aussicht auf Asyl haben, seien oftmals enttäuscht und verärgert. Auch der Bildungsstand der Flüchtlinge ist sehr unterschiedlich und spielt eine Rolle.
Diese Konfiktfelder werden uns auch als ganze Gesellschaft in der Zukunft mehr beschäftigen, da eine „Gemeinschaft der Verschiedenen“ (nach Bundespräsident Joachim Gauck) neue „Umgangsformen“ beherrschen muss. (Siehe Artikel: Schritte zur Versöhnung PDF).
Vergleiche Artikel: Andere besser verstehen lernen – Transkulturelle Kommunikation
Weitere Hintergrundinformationen erhalten Sie in einer Präsentation mit Hanspeter Obrist (Erwachsenenbildner in transkultureller Kommunikation).
Artikel, die einzelne Aspekte des Glaubens von Juden, Christen und Muslimen vergleichen: PDF
Juden, Christen, Muslime – das gleiche Ziel?
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Der Mensch für Juden, Christen und Muslime
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Artikel zum Thema Flüchtlinge:
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