14.6.23 Die Schlusspredigt von Quinton Ceasar brachte sehr gut auf den Punkt für was der Kirchentag und die evangelische Kirche steht, was der Applaus der Zuhörer bestätigt. „Wir sind alle die Letzte Generation. Jetzt ist die Zeit, zu sagen: Black lives always matter. Jetzt ist die Zeit, zu sagen: Gott ist queer. Jetzt ist die Zeit, zu sagen: We leave no one to die. Jetzt ist die Zeit, zu sagen: Wir schicken ein Schiff. UND wir empfangen Menschen in sicheren Häfen.“ „Es ist auch die Zeit für das Ende der Geduld.“
Nicht alle sind glücklich mit diesen Aussagen. Anhalts Kirchenpräsident Joachim Liebigärgert sich auch darüber, wie Ceasar das Motto des Kirchentages ausgelegt hat, nämlich „Jetzt ist die Zeit“, ein Satz, den die Bibel Jesus zuschreibt. „Die Zeit ist dann da, wenn Gott das für richtig hält. Und wenn jetzt ein Prediger meint, festlegen zu können, wann jetzt was genau Thema sein soll, dann ist das eine Überschätzung der eigenen Fähigkeiten und ein theologischer Grundsatzfehler.“
So schreibt jemand: „Die Aussage: „Gott ist queer“ ist Gotteslästerung.“ „Die Kirche als Vorreiter des gesellschaftlichen Mainstreams? Nein danke!“(Gott ist in einem anderen Sinn anders: Jesaja 55,8 „Denn meine Gedanken sind nicht eure Gedanken, und eure Wege sind nicht meine Wege, spricht der HERR.“)
Gott ist natürlich nicht „queer“. Diese Einschränkung werde „Gott in keiner Weise gerecht“, betonte der Leiter der Evangelischen Landeskirche Anhalts, Joachim Liebig.
Eine andere Person: „Nach diesem Kirchentag ist mir klar geworden, daß es nicht mehr meine Kirche ist! Diese Projekte und neue Ausrichtung will ich nicht mehr mitfinanzieren!“ Jemand schreibt: „Insgesamt hat Ceasar mehr gespalten als verbunden.“ „unnötigerweise schwingt Ceasars skurille Unterstellung mit, als würde sonst von der Kanzel herunter überwiegend gelogen“. „der Weg kann doch nicht sein, den Spieß umzudrehen. Das Ende der Geduld auszurufen, Verbündete gegen andere zu suchen, bestimmte Lebensweisen zu feiern und andere zu verdammen.“
Die Vertreter der alten Friedensbewegungen aus West und Ost waren in Nürnberg zwar weiter präsent, erfuhren dort aber keine große Resonanz mehr. Der Kirchentag hat sich in Nürnberg von seinem pazifistischen Sonder- und Sendungsbewusstsein verabschiedet. Die neue Ausrichtung auf die gewaltbereite Bewegung „Letzte Generation“ wird die Kirche noch weiterhin beschäftigen.
Die Frage ist auch, ob die Kirche nun zur Gewalt aufruft? „Es ist auch die Zeit für das Ende der Geduld.“ „Wir sind alle die Letzte Generation„. „Nicht warten, sondern machen„, sagte Kirchentagspräsident Thomas de Maizière im Abschlussgottesdienst auf dem Nürnberger Hauptmarkt. Der Grünen-Politiker und Bundesminister Robert Habeck sagte, der Protest der Letzten Generation erzeuge nur Ärger und Zorn und treibe die Leute weg; er sei keine Hilfe beim Klimaschutz.
Der rapide Verfall der beiden großen Kirchen wurde weitgehend ausgeklammert. Nur ganz wenige der rund 2000 Veranstaltungen beschäftigten sich mit deren Krise. Die Strukturfragen der verfassten Kirche sollten nicht auf dem Kirchentag diskutiert werden, hieß es zur Begründung. Der Kirchentag lebt in seiner jetzigen Form stark von den übergemeindlichen Verbänden und Funktionsstellen, die von den anstehenden Kürzungen in der verfassten Kirche überproportional betroffen sein werden.
Es gibt beim Kirchentag 35 Veranstaltungen zu «Trans» und «Queer», es wird gegendert wie verrückt, zum Beispiel auf den T-Shirts mit einem QR-Code und der Aufschrift «Diakon*innenjagd», mit denen Bewerber gesucht werden.«
Vom Publikum wurde Baerbock nach ihrem eigenen Glauben gefragt. Sie sei wegen der vermittelten Werte Mitglied der evangelischen Kirche, glaube aber nicht an Gott. Gauck dagegen bekannte seinen christlichen Glauben. „Der Glaube hat mich davor bewahrt, vor den Herrn der Welt meine Knie zu beugen. Ich beugte sie vor einer anderen Instanz“, sagte er.
Der Kirchentag ist nicht die EKD! Sondern ein von Laien getragener, eigenständiger Verein, der sich als evangelisches Experimentierfeld versteht. Mit der verfassten Kirche ist er lose verbunden. Deshalb sind alle kirchlichen und politischen Amtsträger, die da auftauchen, zunächst einmal nur geladene Gäste. Was der Kirchentag predigt oder predigen lässt, ist Sache des Vereins – und nicht der EKD. Doch die EKD hat sich auch nicht kritisch gehäussert.
Nächste Kirchentage:
„Zukunft hat der Mensch des Friedens“. Katholikentag, Ehrfurt, 29. Mai bis 2. Juni 2024
2025, 30. April – 4. Mai, 39. Deutscher Evangelischer Kirchentag Hannover
8.6.23 Unter dem Motto „Jetzt ist die Zeit“ hat der Kirchentag am Mittwoch 7.6.23 in Nürnberg begonnen. Der Deutsche Evangelische Kirchentag findet noch bis Sonntag in und um Nürnberg statt.
Zeit für was?
In seiner Eröffnungsrede thematisierte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier vor allem den „brutalen, menschenverachtenden Angriffskrieg Wladimir Putins“ in der Ukraine. Der Umgang mit dem Krieg fordere Europa, aber auch Christen heraus.
Als „größte Herausforderung“ nannte Steinmeier die Bewahrung der Schöpfung. Lobende Worte fand der Bundespräsident für das Engagement vieler Christen im Kampf gegen die Klimakrise. „Ich weiß, viele von Euch engagieren sich schon seit Jahren, um unsere Schöpfung zu bewahren, unermüdlich und in oft mühsamer Überzeugungsarbeit, und dafür möchte ich Euch danken!“
Der Erzpriester Radu Constantin Miron warb in seinem Grußwort für mehr Ökumene. mehr Informationen Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), Georg Bätzing, sprach in Nürnberg auf dem Stand der Reformbewegung „Wir sind Kirche“ – als erster katholischer Bischof. Bätzing erklärte, er wolle den Weg der Reformen in der katholischen Kirche fortsetzen. „Wir lassen nicht locker“, betonte er. Und, dass er es befürworte, dass Laien in den Gottesdiensten predigen dürfen.
Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) äußerte auf der Pressekonferenz den Wunsch, dass ein Signal der Mission vom Kirchentag ausgehe. Gerade in den aktuellen Krisenzeiten könne die Kirche für den Glauben und Antworten auf existenzielle Fragen anbieten.
Welche Bedeutung haben solche Treffen in Zeiten, in denen die Kirchen an gesellschaftlicher Relevanz verlieren? fragt domradio.
Michael Schrom (Ressortleiter „Religion und Kirche“ bei Publik Forum): Bei der entsprechenden Stelle im Markusevangelium heißt es in voller Länge: „Jetzt ist die Zeit der Umkehr. Das Reich Gottes ist nahe. Bekehrt euch und glaubt an das Evangelium.“ Davon findet man im Kirchentag-Motto nichts.
Zunächst ist es eine inhaltliche Leerformel, die sich aber als aktuell erweisen kann. Denn die Frage ist berechtigt: Für was ist jetzt die Zeit? Für Waffen? Für Friedensgespräche? Ist jetzt die Zeit zu handeln oder die Zeit der letzten Generation? Es sind viele offene Fragen, insofern passt das Motto beim zweiten Lesen durchaus.
In den 2.000 Veranstaltungen findet man im Titel „Jesus“ (20mal) oder „Christus“ (36mal) vorkommt. 87mal Frieden, 71mal Klima, 51mal Rassismus/Rassicm, 33mal Queer, 32mal Gender, 26mal Islam, 21mal Feminismus, 20mal Migration. Rechtsextremismus (12mal), Ukraine (9mal), Asyl (6mal) Mittelmeer (5mal), Afrika ( 5mal), Corona (3mal). 1mal (in Worten „einmal“) findet man das Stichwort „Meinungsfreiheit“ und zwar als „politisches Nachgebet.“ Der abtreibungskritischen „Aktion Lebensrecht für Alle“ (ALfA) hat man eine Teilnahme und einen Stand im Rahmen des „Marktes der Möglichkeiten“ verwehrt.
Dafür findet man paar andere Highlights: Wenn man 16 Jahre alt ist, kann man ins Theater gehen. Aufgeführt wird „Vulva reloaded – Ein starkes Stück für alle Geschlechter.“ Das „grüne“ Mitglied des Bundestag Tessa Ganserer redet andernorts mit drei anderen über „Trans*Hype! – Echt jetzt“. FDP-Dame Nicola Beer spricht über „Wir müssen die Demokratie umbauen“. Deutschlands Klima-Ikone Luisa Neubauer diskutiert auf einem Podium über “Wenn Yoga und Tee nicht mehr helfen“. Robert Habeck spricht unter anderem mit Ex-Siemens-Chef und Neubauer-Duz-Freund Joe Kaeser (vulgo: Josef Käser) über das ungewollt passende Thema „Wer hat’s verbockt?“ Baerbock, Deutschlands Außenministerin, stellt sich dem Thema „Werte, Ethik, Interessen: Außenpolitisches Handeln in der Zeitenwende“. Arzt-Comedian von Hirschhausen geht auf musikalische „Klima-Entdeckungsreise“ – um den Hals bestimmt mit einem Stethoskop bewaffnet.
Thomas de Maizière, Präsident des Evangelischen Kirchentages, zum Motto: „Wir wollen nicht mit dem moralischen Zeigefinger auf andere zeigen. Vielmehr müssen wir uns fragen, was denn jetzt unsere Aufgabe in der Gesellschaft über Singen und Beten hinaus ist. „
Habeck warnte davor, dem Klimaschutz alles unterzuordnen. „Wenn wir die Klimafrage über alles stellen .. wozu führt das denn?“, fragte Habeck. Seiner Menung nach führe die Schuldfrage im Grunde dazu, „dass man handlungs- und auch denkunfähig wird.“ Stattdessen müsse die Frage sein: „Wie schaffen wir Klimaneutralität unter den Bedingungen einer funktionierenden Gesellschaft?“
Die Nürnberger Gruppe „Christians for future“ wollte gemeinsam mit dem Bund Naturschutz, Extinction Rebellion und anderen Aktivisten eine Menschenkette von der Kirche St. Sebald in der Nürnberger Innenstadt bis zum Müllheizkraftwerk im Stadtteil Sandreuth bilden. Doch soweit ging die Kette nicht. Sie endete schon am Plärrer. Mit der Aktion wollten die Organisatoren Druck auf die Bundesregierung machen, den CO2-Ausstoß schnell und konsequent zu senken. Für fünf Minuten blockierten sie die Straßen und riefen: „Jetzt ist die Zeit – für Klimaschutz“ – angelehnt an das Motto des Deutsch Evangelischen Kirchentags. Pfarrerin Ute Böhne mahnte: „Wir müssen umkehren und zwar ganz schnell.“ An die Stadt Nürnberg richten Böhne und ihre Mitaktivisten u.a. die Forderung, den Frankenschnellweg in der Stadt nicht auszubauen und die Fernwärme nicht mehr mit fossilen Energieträgern zu erzeugen.
Man rechnet nur noch mit etwa 50.000 Dauerteilnehmern, in Dortmund 2019 waren es noch gut 80.000. Nach Veranstalterangaben haben bisher 60.000 Menschen ein Ticket für den Kirchentag gekauft.
Vertreter theologisch konservativer Gruppen in der evangelischen Kirche haben den Ausschluss von mehreren Lebensrechtsbewegungen vom Deutschen Evangelischen Kirchentag in Nürnberg kritisiert. Zum Hintergrund: Die „Aktion Lebensrecht für Alle“ (ALfA/Augsburg), KALEB (Kooperative Arbeit Leben Ehrfürchtig Bewahren/Chemnitz) und „Hilfe zum Leben“ (Pforzheim) dürfen sich nicht am Protestantentreffen vom 7. bis 11. Juni beteiligen. Der Schutz des menschlichen Lebens und vor allem der Schwachen und Wehrlosen habe in der Ethik der Bibel absolute Priorität. Die nun ausgeschlossenen Gruppen schafften Alternativen für Mütter und beseitigten Notlagen, „damit Mutter und Kind leben können. Dieser Einsatz wird durch den Kirchentag diffamiert und unsichtbar gemacht.“ Der Verzicht auf jegliche Begründung für den Ausschluss lasse diesen zudem „als reine Willkür“ erscheinen.
Im Zentrum Juden und Christen werden während des Kirchentages in Nürnberg 40 Veranstaltungen stattfinden – darunter verschiedene Formate zu gemeinsamen Bibelauslegungen, Kulturangeboten und Diskussionsrunden, unter anderem zu interreligiösem Dialog an Schulen, Antisemitismus in Deutschland oder der Situation von Minderheiten in Israel. Viele Programmangebote finden in Kooperation mit der Israelitischen Kultusgemeinde statt – zum Beispiel Führungen durch die gegenwärtige Synagoge der Gemeinde oder das Dialogformat „Tacheles“. Nach dem Gottesdienst am Ort der zerstörten Synagoge wird dort am selben Abend noch Havdala begangen, das jüdische Abendgebet zum Abschluss des Schabbats. Zu allen Veranstaltungen sind Kirchentagsbesucher:innen herzlich eingeladen. Messianische Juden sind aber nicht Teil des Programms.
Der evangelische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm hat Christen zu Gesprächen mit nicht gläubigen Menschen ermuntert. „Es lohnt sich, auf die zu hören, die uns von außen den Spiegel vorhalten“, sagte Bedford-Strom. Er selbst lerne aus Gesprächen mit Atheisten „wahnsinnig viel“.
Für was ist jetzt die Zeit?
Jesus und Paulus predigten das Reich Gottes. Also davon wie Gott durch uns in diese Welt einwirken kann. Dein Reich komme. Dein Wille geschehe.