«Bei der Frage nach dem „Wie“ der Menschwerdung Gottes kapitulieren viele Theologen und Bibelwissenschaftler» schreibt das Sonntagsblatt vom 2. Dezember 2013.
Langsam setzt sich bei vielen die Auffassung durch, dass Jesus ein ganz normaler Mensch war, der von seinen Jüngern beraten und gefördert wurde.
Aber Jesus hat deutlich gemacht, dass er Gott ist. Die Reaktion seines Umfeldes zeigt, dass sie das verstanden haben.
Mittwoch, 10. Juli 24, 14 Uhr, Überraschendes zu Jesus – Gott ist Mensch geworden mit Hanspeter Obrist, Radio Maria Schweiz
Muslime verstehen Jesus, oder Isa, wie sie ihn nennen, als Propheten.
Juden interpretieren Jesus heute bestenfalls als Rabbi für Nichtjuden.
Der Jünger Thomas sagte zu dem auferstandenen Jesus: „Mein Herr und mein Gott“.
Wenn Jesus nur ein Mensch mit einem göttlichen Auftrag ist, dann ist er ein Prophet wie Moses, Elia oder Elisa. Dann sind auch seine Worte relativ und können zeitgeschichtlich interpretiert werden. Dann mögen seine Worte damals eine Bedeutung gehabt haben, aber heute haben wir uns weiterentwickelt. So wird immer wieder argumentiert.
Im Internet wird immer wieder behauptet, dass Jesus habe nie gesagt, dass er Gott sei. Aber stimmt das?
Den Satz «Ich bin Gott» hat Jesus so tatsächlich nicht gesagt. Aber in einer Diskussion mit seinen Zuhörern hat Jesus gesagt, dass sein Vater Gott ist. Jesus sagt in Johannes 8,54: „Mein Vater ist es, der mich verherrlicht, er, von dem ihr sagt: Er ist unser Gott.“
Jesus sagt, dass Gott sein Vater ist. Nun könnte man argumentieren, dass dies nur allgemein gemeint ist, so wie es die Juden zuvor in Vers 41 gebrauchten: „Wir haben nur den einen Vater: Gott.“
Aber Jesus macht in Vers 56 eine wichtige Aussage: «Euer Vater Abraham jubelte, weil er meinen Tag sehen sollte. Er sah ihn und freute sich.» Sie fragen ihn: „Du willst Abraham gesehen haben?“ (Vers 57).
Für die Zuhörer ist klar, dass Jesus damit sagen will, dass er der dritte Mann ist, der Abraham in 1. Mose 18 erschienen ist und als Gott (JHWH) bezeichnet wird.
Wenn Abraham Jesus getroffen und gesehen hat, dann muss Jesus der Gottmensch gewesen sein. Die Reaktion der Zuhörer entspricht genau dieser Erkenntnis. Warum sonst reagieren sie so erregt und wollen Jesus steinigen?
Jesus hat noch ein zweites Mal deutlich gemacht, dass er Gott ist. In Johannes 10,11 sagt Jesus: „Ich bin der gute Hirte.“ Anschließend wollen ihn seine Zuhörer ebenfalls steinigen.
Was ist an diesem Bild so anstößig?
In Hesekiel 34 heißt es: „11 Denn so spricht GOTT, der Herr: Siehe, ich selbst bin es, ich will nach meinen Schafen fragen und mich um sie kümmern. 12 Wie ein Hirt sich um seine Herde kümmert … ich werde sie retten …15 Ich, ich selber werde meine Schafe weiden und ich, ich selber werde sie ruhen lassen – Spruch GOTTES, des Herrn. 16 Das Verlorene werde ich suchen, das Vertriebene werde ich zurückbringen, das Verletzte werde ich verbinden, das Kranke werde ich kräftigen.»
Gott ist der gute Hirte. Auch Psalm 23 greift dieses Bild auf.
Mit den Worten: Ich bin der gute Hirte, sagt Jesus: Ich bin Gott.
Darum heißt es in Johannes 10,31: „Da hoben die Juden wiederum Steine auf, um ihn zu steinigen. … 33 du bist nur ein Mensch und machst dich selbst zu Gott.“ (EU).
Jesus hat sich selbst als Menschensohn bezeichnet.
In Daniel 7,13-14 heißt es: „13 Immer noch hatte ich die nächtlichen Visionen: Da kam mit den Wolken des Himmels einer wie ein Menschensohn. …14 Ihm wurden Herrschaft, Würde und Königtum gegeben. Alle Völker, Nationen und Sprachen dienten ihm. Seine Herrschaft ist eine ewige, unvergängliche Herrschaft. Sein Reich geht niemals unter.“
Indem Jesus sich als Menschensohn bezeichnet, stellt er einen Bezug zu Daniel 7,13-14 her. Der Menschensohn aus dem Himmel kommt auf diese Erde und wird von den Menschen angebetet.
Das aramäische Wort, das hinter dem ‚dienen‘ steht, wird im ganzen Buch Daniel im Zusammenhang mit anbeten verwendet. Zum Beispiel in Daniel 3,18, als die Freunde Daniels das Standbild Nebukadnezars nicht anbeten.
Wenn Jesus sagt, dass er der Menschensohn ist, dann sagt er, er sei der verheißene Messias, der vom Himmel her gesandt wurde, um das Reich Gottes zu errichten und angebetet wird.
In Matthäus 2,11 heißt es über die Weisen aus dem Osten: «11 Sie gingen in das Haus und sahen das Kind und Maria, seine Mutter; da fielen sie nieder und huldigten ihm.» Das Wort hinter «huldigen» ist proskyneo (προσκυνέω) und bedeutet auch anbeten, sich niederwerfen.
Kannten die Weisen die Verheißung vom Menschensohn in Daniel 7,14? Daniel war ein Weiser in Babylon und prophezeite dort: „Ihm wurden Herrschaft, Würde und Königtum gegeben. Alle Völker, Nationen und Sprachen dienten (anbeten) ihm. Seine Herrschaft ist eine ewige, unvergängliche Herrschaft. Sein Reich geht niemals unter.“
Jesus sagt mit verschiedenen Bildern und Handlungen, dass er Gott ist. Er lässt es auch zu, dass Leute sich vor ihm niederwerfen. Das ist sonst in der Bibel nur Gott vorbehalten.
In Jesus begegnet uns der unsichtbare Gott. In ihm hat sich Gott den Menschen durch alle Zeiten hindurch offenbart.
Das Herausfordernde ist: Gott ist nicht nur in Menschengestalt erschienen, sondern er wurde als Mensch geboren.
Für die Umwelt von Jesus ist es undenkbar, dass der göttliche Erlöser als Mensch geboren wird.
In Johannes 7,27 diskutieren die Zuhörer, ob Jesus der versprochene Retter ist. Doch dann sagen sie: „Von dem hier wissen wir, woher er stammt; wenn jedoch der Christus kommt, weiß niemand, woher er stammt.“
Die Theologin Margot Käßmann hat in einem Zeitungsinterview die Vorstellung von der Jungfrauengeburt für überholt erklärt. Die historisch-kritische Bibelforschung habe gezeigt, dass Maria ganz einfach junge Frau gewesen sei.
Für Eugen Drewermann ist die Jungfrauengeburt kein historisches Ereignis. Er meint: „Jesus ist als Mensch gezeugt und geboren wie jeder andere Mensch auch. Ungewöhnlich war nicht seine Geburt, sondern sein Leben.“
In der Bibel gibt es jedoch einen spannenden Hinweis.
Gott sagte zu Abraham, als er ihm die unmögliche Geburt Isaaks ankündigte: „Ist denn beim HERRN etwas unmöglich?“ (1.Mose 18,14). Wörtlich heißt es dort: «Kein Wort, das von Gott kommt, wird kraftlos sein».
Genau diese Worte sagte auch der Engel Gabriel zu Maria, als er ihr die unmögliche Geburt Jesu ankündigte. Wörtlich heißt es in Lukas 1,37: „Denn kein Wort, das von Gott kommt, wird kraftlos sein“.
Immer wieder wird auch argumentiert, Gott könne nicht an zwei Orten gegenwärtig sein.
Auch das finden wir schon im ersten Teil der Bibel:
In 2.Chronik 7,1-2 heißt es bei der Einweihung des Tempels: „Die Herrlichkeit des HERRN erfüllte den Tempel. 2 Die Priester konnten das Haus des HERRN nicht betreten, da die Herrlichkeit des HERRN es erfüllte.“
In Vers 14 sagt Gott dann: Wenn „mein Volk, über das mein Name ausgerufen ist, sich demütigt und betet, mich sucht und von seinen schlechten Wegen umkehrt, dann höre ich es im Himmel. Ich verzeihe seine Sünde und bringe seinem Land Heilung.“
Und in Vers 16: „Ich habe jetzt dieses Haus (den Tempel) erwählt und geheiligt, damit mein Name ewig hier sei. Meine Augen und mein Herz werden allezeit hier weilen.“
Gott kann gleichzeitig im Himmel und hier auf der Erde gegenwärtig sein.
In 1.Mose 19,24 heißt es: „Der HERR (JHWH) ließ auf Sodom und Gomorra Schwefel und Feuer regnen, vom HERRN (JHWH), vom Himmel herab.“ Gott kann vor Abraham stehen und gleichzeitig im Himmel gegenwärtig sein.
Gott hat mehr Dimensionen, als in unser menschliches Denkschema passen. Übrigens spricht die Wissenschaft heute schon davon, dass es mehr Dimensionen geben muss, als wir Menschen wahrnehmen können.
Oder eben wie es in 1.Mose 18,14 heißt: „Ist denn beim HERRN etwas unmöglich?“
Wir können menschlich nicht erklären, wie Gott uns in Jesus begegnet. Könnten wir es erklären, dann würden wir uns auf der Ebene Gottes bewegen. Alle menschlichen Versuche Gott zu erklären, scheitern. Auch die Christen der ersten Jahrhunderte konnten nicht logisch erklären, wie jemand Gott und Mensch zugleich sein kann. In den Konzilien wurde viel darüber diskutiert.
Jesus sagt in Johannes 14,20, dass der Heilige Geist in uns bewirkt, dass wir annehmen können, dass Jesus und der Vater eins sind.
Mit der Hilfe des Heiligen Geistes können wir annehmen, dass Gott uns in Jesus begegnet, auch wenn wir es menschlich nicht erklären können.
Ein Muslim hatte Schwierigkeiten mit Gott Vater, Sohn und Heiligem Geist und wehrte sich gegen den christlichen Glauben. Dann hatte er eine Gotteserfahrung und wurde Christ. Als ihn ein Christ, der ihn schon lange kannte, fragte, was er nun von der Dreieinigkeit halte, antwortete er: Diese Frage sei für ihn nun nicht mehr relevant.
Aber es geht noch einen Schritt weiter. Gott kann sich in Jesus auf die menschlichen Möglichkeiten beschränken.
Paulus schreibt in Philipper 2,6: „Er war Gott gleich, hielt aber nicht daran fest, Gott gleich zu sein, 7 sondern er entäußerte sich und wurde wie ein Sklave und den Menschen gleich. Sein Leben war das eines Menschen; 8 er erniedrigte sich und war gehorsam bis zum Tod, bis zum Tod am Kreuz.9 Darum hat ihn Gott über alle erhöht und ihm den Namen verliehen, der größer ist als alle Namen, 10 damit alle im Himmel, auf der Erde und unter der Erde ihr Knie beugen vor dem Namen Jesu 11 und jeder Mund bekennt: Jesus Christus ist der Herr zur Ehre Gottes, des Vaters.“
In Jesus will Gott die Perspektive des Menschen erfahren, das Menschsein verstehen und zeigen, wie der Mensch in Gemeinschaft mit Gott leben kann.
In Jesus beschränkt sich Gott auf die menschlichen Möglichkeiten und lebt uns ein Leben des Vertrauens vor.
Also Jesus hätte also alle Macht und verzichtet darauf und beschränkt sich auf die Möglichkeiten, die wir alle haben, wenn wir in vollkommener Gemeinschaft mit dem himmlischen Vater leben. Er lebt uns vor, dass nur der Wille Gottes geschehen soll, indem wir uns diesem freiwillig unterstellen.
Was bedeutet das nun für uns?
Das ist zunächst einmal eine ermutigende Botschaft. Wir haben es mit einem Gott zu tun, der nicht irgendwo weit weg und unerreichbar für uns ist. Gott besucht uns Menschen. Er interessiert sich dafür, wie es uns geht.
Johannes schreibt: „Das Wort (war Gott und Vers 1) ist Fleisch (Mensch) geworden und hat unter uns gewohnt und wir haben seine Herrlichkeit geschaut, die Herrlichkeit des einzigen Sohnes vom Vater, voll Gnade und Wahrheit“ (Johannes 1,14).
Jesus hat nicht eine Botschaft von Gott empfangen. Er selbst ist die Botschaft. In ihm begegnet uns Gott. Er lebt, was Gott auf dem Herzen liegt. Jesus ist nicht vergöttlicht worden, sondern in ihm ist Gott Mensch geworden, was das Wort Inkarnation (Fleischwerdung) ausdrückt.
Er kennt alle unsere menschlichen Fragen. Er weiß auch, was dich und mich bewegt. Das ist sehr ermutigend und tröstlich.
Entscheidend ist, dass Gott uns in Jesus begegnet. Seine Worte haben göttliche Autorität. Er spricht in der ersten Person: „Ich sage euch“ und nicht „Gott hat zu mir gesagt, ich solle euch dies und jenes sagen“. Seine Auslegung der Heiligen Schrift zeigt uns die wahre Bedeutung der biblischen Aussagen.
Zentral ist, wer Jesus für uns ist. Johannes schreibt in 1.Johannes 4,2 (EU): „Daran erkennt ihr den Geist Gottes: Jeder Geist, der Jesus Christus bekennt als im Fleisch gekommen, ist aus Gott“.
In Johannes 8,42 sagt Jesus zu den Juden: „Wenn Gott euer Vater wäre, würdet ihr mich lieben; denn von Gott bin ich ausgegangen und gekommen. Ich bin nicht von mir aus gekommen, sondern er hat mich gesandt.»
Die Liebe zum göttlichen Jesus ist der Angelpunkt des christlichen Glaubens.
Wir können über Gott und die Welt diskutieren, aber die Frage, wer Jesus für uns ist, hat Auswirkungen auf unser ganzes Leben aus. Dann geht es nicht mehr um uns und unsere Wünsche, sondern darum, dass Gottes Wille geschieht. Dass er souverän entscheidet, was jetzt dran ist.
Thomas bekennt: „Mein Herr und mein Gott!“ (Johannes 20,28 / EU). Die angebrachte Haltung gegenüber Jesus ist respektvoll, würdevoll und vertrauensvoll.