Rabbiner Raphael Evers beschreibt in der Jüdischen Allgemeinen die jüdische Messiaserwartung. Hier einige Kernaussagen:
Wir erleben eine langsame Entwicklung, in der die Menschheit allmählich auf das messianische Friedensreich vorbereitet wird. So schreibt schon Maimonides: »Auch wenn sein Kommen lange auf sich warten lässt, so hoffe ich doch jeden Tag auf sein Kommen«.
Nach der talmudischen Tradition wird diese Welt, wie wir sie kennen, 6000 Jahre andauern. In der jüdischen Zeitrechnung befinden wir uns in diesem Moment (20.08.2021) im Jahr 5781 seit der Erschaffung der Welt.
Nach dem Talmud waren die ersten 2000 Jahre der Welt ein geistiges Chaos, eine Zeit ohne jegliches Bewusstsein für die Tora.
Im Jahr 1948 nach der Schöpfung (vor 3833 Jahren) stand Awraham (Abraham), unser Erzvater, auf und begann, Wissen über die Tora zu verbreiten. Die Tora (5 Bücher von Mose) wurde uns im Jahr 2448 nach der Schöpfung gegeben. Die zweite Periode von 2000 Jahren war die Periode, in der die Tora ausgearbeitet und schließlich die mündliche Lehre (der Talmud und die Essenz des Judentums) niedergeschrieben wurde.
Die letzten 2000 der 6000 Jahre, die wir in dieser G’ttesfinsternis zu gehen haben, wird die Ära des Messias genannt. Der Messianismus verweist auf eine Geschichte der Erlösung. Das Judentum sieht jedoch einen fließenden Übergang zwischen der menschlichen Geschichte und der Apokalypse in Form eines zunehmenden G’ttesbewusstseins und einer stärkeren Ausrichtung auf g’ttgefällige Ziele.
Was ich im Moment sehe, ist eine langsame Evolution. Nach jüdischen Quellen ist die erste Phase der Erlösung die Wiederherstellung der davidischen Herrschaft. Die zweite Phase ist die endgültige Verwirklichung des vollkommenen Weltfriedens unter G’ttes Inspiration und Führung, mit dem Maschiach als Herrscher hier auf Erden.
Der Maschiach wird von David abstammen und als Friedensfürst ein universelles Friedensreich der Liebe und Gerechtigkeit errichten. Es wird keinen Krieg mehr geben. Alle Völker werden die Erwartungen G’ttes auf harmonische und einheitliche Weise erfüllen. G’ttes Wort wird von Zion aus die ganze Welt bedecken.
Derjenige, dem es gelingt, die messianischen Erwartungen zu erfüllen, ist der wahre Maschiach. Das Christentum hat den messianischen Scheck vor zwei Jahrtausenden eingelöst.
Im Talmud wird versprochen, dass der Messias sich vor dem Jahr 6000 offenbaren wird. Wir sind jetzt im Jahr 5781 (Herbst 2020-2021), also kann es noch 219 Jahre dauern.
Laut dem Talmud wird Maschiach Ben Josef verlieren und Ben David triumphieren.
Die Toraexegeten Rambam und Redak erwähnen weiter, dass die Sammlung der Exilanten unter der Schirmherrschaft der Nationen stattfinden wird, während der Talmud hinzufügt, dass der Boden des Landes Israel vor der Ankunft des Maschiach wieder kultiviert werden wird. Alle diese Bedingungen sind heute realisiert.
Die Bedingung, dass die Mehrheit des jüdischen Volkes in Israel leben muss, ist jedoch bis heute nicht erfüllt worden.
Es gab zwei Jahrtausende der völligen Verderbtheit und Dunkelheit. Dann folgten zwei Jahrtausende der Tora – die Zeit, in der wir uns langsam auf die messianische Zeit vorbereiten.
In messianischer Zeit werden wir wieder in der Lage sein, alles Irdische, Materielle und Physische vollständig mit dem g’ttlichen Geist zu verbinden, der die Grundlage dieses Universums ist. Der wiederaufgebaute Tempel wird das Beispiel für eine Verschmelzung von Physischem und Geistigem sein. mehr Informationen
Einige Anmerkungen:
Die jüdische Messiaserwartung hat ihre Quelle im Talmud, welcher nach und in Reaktion auf die Botschaft von Jesus entstanden ist.
Der Messias Ben Josef und Ben David drückt sich im christlichen Glauben in Jesus dem leidenden Gottesknecht (Jesaja 53) und Jesus dem wiederkommenden Herrn aus. Jesus hat gelehrt, dass er wiederkommen wird und damit in der jüdischen Bibel (Tenach) nicht zwei Personen gemeint sind. Auch Christen bereiten sich auf eine messianische Zeit vor. Der Unterschied liegt in einer persönlichen Erlösung aus alten Gebundenheiten und einer Erneuerung durch den Heiligen Geist. Die Gegenwart Gottes (Schechina) ist für alle Menschen überall erlebbar, wenn sie sich auf den Messias Ben Josef, den leidenden Gottesknecht Jesus, einlassen.
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