Israels Justizreform

Die Gesetzgebung zur Justizreform in Israel wird vorerst eingefroren. Sie wird erst in der Sommersitzung der Knesset wieder aufgegriffen. Ziel war es die dritte Lesung vor Pessach durchzuziehen und damit definitv zu verabschieden.

In der Zwischenzeit sollen Verhandlungen über die Reformen stattfinden.

Zuvor hatte sich die Lage dramatisch zugespitzt: Massenproteste legten das Land nahezu komplett lahm. Natanjahu hat aber zu lange gezögert und ein Teil des Vertrauens verloren. 

Die religiös-konservative Regierung hat aktuell genügend Stimmen, um die Gesetzesänderungen durchzusetzen. Seine Koalitionspartner, allen voran der nationalistischen Sicherheitsminister Itamar Ben Gvir warnten Netanjahu, er dürfe der „Anarchie der Straße“ keinesfalls nachgeben. Am Abend gab Ben Gvir überraschend bekannt, er stimme der Verzögerung der Gesetzgebung zu. Dies nachdem klar wurde, dass auch konservative Kreise nicht hinter der jetztigen Fassung der Reform stehen.

Bei der umstrittenen Justizreform geht es im Kern um zwei Punkte. Künftig soll die Regierung mehr Mitsprache bei der Ernennung der Obersten Richter erhalten. Pro Amtszeit kann sie aber höchstens zwei der 15 Richter neu ernennen, für alle weiteren benötigt sie Unterstützung aus der Opposition. Bisher konnten die Obersten Richter dank einer Justizvertreter-Mehrheit im Ernennungs-Ausschuss dafür sorgen, dass sich an ihrer Zusammensetzung praktisch nichts änderte: ein elitärer, politisch linksorientierter Club aus fast ausschließlich säkularen, europäisch-stämmigen Israelis.

Mitte der 1990er Jahre befand das Oberste Gericht, dass bestimmte Gesetze Verfassungscharakter haben. Es ermächtigte sich selbst, Gesetze für ungültig zu erklären, die diesen „Grundgesetzen“ widersprachen. Danach entschied das Gericht, dass der Generalstaatsanwalt gegen jeden Regierungsbeschluss ein Veto einlegen kann. Für diese Regelung gibt es kein Gesetz, sie ist eine Erfindung der Richter. Israel hat keine Verfassung, sondern ein System aus Grundgesetzen und Gerichtsbeschlüssen.

Problematisch ist jedoch der zweite Teil der Reform. Demnach kann das Parlament, die Knesset, Entscheidungen des Obersten Gerichts mit einfacher Mehrheit zurückweisen. Da Israel keine zweite Kammer hat, könnte die Mehrheit damit „durchregieren“. Die jetzige und auch künftige Regierungen wären nicht zu stoppen, wenn sie Gesetze gegen Minderheiten beschließen oder Menschenrechte einschränken. Das wollen viele Israelis, auch solche aus der politischen Mitte, nicht hinnehmen.

Ein Vorschlag wäre, dass zu einem solchen Beschluss mehr als 61 Stimmen notwendig sind, also auch die Opposition einbezogen werden muss, um ein Gerichtsbeschluss zu stürzen. Es geht also um das Geleichgewicht zwischen der gesetzgebenden, der ausführenden und richterlichen Gewalt in Israel.

Da über die Richter Politik betrieben wurde (Anklage von Netanjahu wegen juristischen Kleinigkeiten) entstand eine Bewegung gegen die Macht der Richter.

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