Messdaten zeigen, dass in Nordkorea im Jahr 2010 zwei geheime Atombombentests stattgefunden haben. Mehrere Geheimdienste glauben: mindestens einer davon war ein iranischer.
Seit Jahren verdächtigt die internationale Staatengemeinschaft den Iran, neben seinem zivilen auch ein militärisches Nuklearprogramm zu betreiben. Zwar mehren sich die Anzeichen für ein solches militärisches Programm, doch Teheran bleibt hartnäckig bei seiner Aussage, lediglich die friedliche Nutzung der Kernenergie anzustreben.
Noch immer schenkt auch so mancher westliche Rüstungskontrollexperte diesen Beteuerungen Glauben. Trotz zahlreicher Indizien gelte schließlich auch für den Iran die Unschuldsvermutung. Erst wenn eine Nation einen Nukleartest durchgeführt habe, seien ihre militärischen Absichten eindeutig bewiesen. Und im Iran habe definitiv noch nie ein Test stattgefunden.
Was aber, wenn der Iran bereits eine Nuklearwaffe getestet hätte? Und dies nicht etwa auf iranischem Territorium, sondern dort, wo ohne Rücksicht auf die Weltmeinung noch immer Nukleartests durchgeführt werden und wo man bislang stets bereit war, nukleare Expertise und Technologie gegen harte Devisen zu exportieren – in Nordkorea?
Ausgelöst hat diese Debatte ein Bericht der renommierten Fachzeitschrift „Nature“ im vergangenen Monat. Hierin werden Erkenntnisse des schwedischen Nuklearphysikers Lars-Erik de Geer vorgestellt, der für die Swedish Defence Research Agency in Stockholm Radioisotope in der Atmosphäre erforscht. De Geer zufolge hat Nordkorea im Jahr 2010 wahrscheinlich zwei geheime Nuklearwaffentests durchgeführt.
Warum aber sollte Nordkorea um die Tests eine solche Geheimniskrämerei betreiben, nachdem es die früheren Tests ja medienwirksam vermarktet hatte?
Das eigentlich Sensationelle an de Geers Feststellungen ist, dass das Ausgangsmaterial beider Tests Uran gewesen ist. Nordkoreas jahrelangen Beteuerungen zufolge besaß das Land aber gar kein waffenfähiges Uran.
Woher also stammt das waffenfähige Uran für die beiden 2010 getesteten Sprengsätze? Hierfür gibt es nur zwei mögliche Erklärungen, die auch die strenge Geheimhaltung der Tests sinnvoll und notwendig erscheinen lassen. Zum einen könnte es sich um waffenfähiges Uran aus Nordkoreas eigener geheimer Produktion handeln. In den Jahren bis zu den beiden Tests von 2010 hätte Nordkorea problemlos hochangereichertes Uran für zwei Sprengköpfe produzieren können.
Die zweite Erklärung wäre, dass Nordkorea einen nuklearen Fremdtest durchgeführt hat – in diesem Fall eines iranischen Sprengsatzes. Der naheliegende Einwand gegen dieses Szenario wäre, dass der Iran nach den Erkenntnissen der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) bisher noch kein waffenfähiges Uran produziert hat. Doch dieser Einwand steht auf schwachen Füßen.
Wo ist die Produktion aus der Zeit von 1998 bis 2007? Die IAEO kontrolliert nur die Anreicherungsanlagen von Natans und Fordo. Das bedeutet, dass die Anreicherung von Uran im Iran mit der Inbetriebnahme von Natans im Jahr 2007 begonnen hat. Zugleich weiß die IAEO aber, wie ihr früherer stellvertretender Direktor vor einiger Zeit unmissverständlich feststellte, dass im Iran spätestens seit 1998 Uran angereichert wurde – wo auch immer. Wenn das aber stimmt – und darüber gibt es keine ernsten Zweifel –, wo ist dann die Produktion aus der Zeit von 1998 bis 2007?
Es gilt als ziemlich sicher, dass das iranische Militär bis 2003 an der Entwicklung von Nuklearwaffen gearbeitet hat. Selbst wenn man konzediert, dass der Iran seine gesamten nuklearen Aktivitäten 2003 ausgesetzt hat, bleibt die Frage nach der Produktion aus den Jahren 1998 bis 2003.
Für den Betrieb von Kernkraftwerken reicht ein Anteil von einigen Prozent Uran-235. Möchte man allerdings eine Uran-Atombombe bauen, so sind Anreicherungsgrade von mindestens 80 Prozent erforderlich.
Vor wenigen Tagen wurde bekannt, dass der IAEO ein Dokument vorliegt, wonach es der religiöse Führer Ayatollah Khomeini selbst war, der bereits im Jahr 1984 entschied, das nach der Entmachtung des Schahs eingestellte Nuklearwaffenprogramm wieder aufzunehmen. Wie sein Nachfolger Ayatollah Chamenei erklärte, betrachtete man eine iranische Atombombe als den einzigen Weg, um die Islamische Revolution zu schützen und sie auf die Ankunft des Imam Mehdi vorzubereiten.
Somit wird deutlich, dass es sich bei Khomeinis oft zitierter Fatwa (islamisches Rechtsgutachten), derzufolge Nuklearwaffen nicht mit dem Islam vereinbar seien, um ein reines Täuschungsmanöver handelt. Der Iran ist seit Jahrzehnten fest entschlossen, Nuklearmacht zu werden. Natürlich werden die Beteiligten all dies dementieren.
Hätte Nordkorea einen nuklearen Sprengkopf des Iran getestet, wäre dies zwar eine Überraschung, der Vorgang als solcher ist in der Geschichte der Atomwaffen nicht ungewöhnlich. Nukleare Tests durch befreundete Nationen beziehungsweise auf fremdem Territorium hat es regelmäßig gegeben. Am bekanntesten ist der als „Vela Incident“ in die Geschichte eingegangene Test einer israelischen Neutronenwaffe in unmittelbarer Nähe der zu Südafrika gehörenden Prince-Edward-Inseln, 2500 Kilometer südlich von Kapstadt. Zwar bestreiten alle Beteiligten offiziell bis heute diesen Test.