Für die Kinder aus den Müll-Slums in Kairo heisst sie nur«Mama Maggie». Die arbeitet unter Ägyptens Ärmsten und ist deshalb für den Friedensnobelpreis nominiert worden.
Eine Frau sitzt in Kairo zitternd auf der Straße und verkauft Kohlestücke, neben sich ihre neunjährige Tochter mit zerschlissenen Schuhen. «Möchtest du neue Schuhe?» fragt Gobran sie. Das Mädchen nickt, wählt im Geschäft aber Schuhe in Erwachsenengröße: «Meine Mutter braucht die Schuhe dringender als ich.» Dieses Erlebnis wird Maggie Gobran nie vergessen. Es hat das Leben der ägyptischen Informatikprofessorin grundlegend ändern. Die Großzügigkeit des Kindes hat Maggie Gobran die Sprache verschlagen, mehrere Nächte schlief sie kaum, wie sie erzählt. «Ich hätte diese Mutter sein können, meine Kinder hätten ihre sein können.»
Zu dieser Zeit arbeitete Gobran, selbst Mutter zweier Kinder, als Professorin an der Amerikanischen Universität in Kairo. Sie kommt aus einer wohlhabenden Akademikerfamilie, bis zu diesem Erlebnis hatte sie kaum Kontakt zu Kairos Ärmsten.
50’000 bis 70’000 sogenannte Müllleute, «Zabaleen», gibt es – Menschen, die seit mehreren Generationen vom Müll der ägyptischen Hauptstadt leben, ihn sammeln und recyceln. Fast alle Zabaleen sind koptische Christen. «Das erste Mal, als ich in die Müll-Slums kam, wurde mir von dem Gestank dort übel», erinnert sich Maggie Gobran.
Die Professorin Gobran hatte den Eindruck, Gott habe sie aufgerufen, ihr bequemes Leben hinter sich zu lassen und in die Müll-Slums zu gehen. Deshalb gründete sie 1989 mit drei weiteren Mitarbeitern die Organisation «Stephen’s Children». Ihr Wunsch: Sie möchte den Ärmsten der Armen eine Mutter sein. Und die Ungeliebten mit der Liebe Gottes lieben. Gobran begann mit ihrem Team, regelmäßig Familien zu Hause zu besuchen, ihnen mit Essen oder Kleidung zu helfen oder sich an den Schulgebühren für die Kinder zu beteiligen.
«Wenn du uns helfen willst, dann hilf unseren Kindern», sagte eine Mutter ihr. Deshalb gründete sie mit ihrem Team Kindergärten, in denen kleine Jungen und Mädchen Hygieneunterricht und medizinische Hilfe erhielten sowie erstes Wissen in Arabisch und Mathematik.
Die Frau mit den durchdringenden Augen ist überzeugt:«Jedes Mal, wenn ich ein Kind umarme, dann fühle ich Gottes Arme um mich.» Luxus für sich lehnt sie ab, «Mama Maggie» trägt immer nur ein einfaches, weißes Gewand. «Ich möchte zeigen, dass es nicht auf den äußeren Reichtum ankommt, sondern auf unsere inneren Schätze.» «Wir wollten den Armen helfen, dass sie ein besseres Leben haben, aber sie haben uns geholfen, bessere Menschen zu sein.»