Heiße Luft um Ratzinger-Papst

Historiker, Bestseller-Autor und Vatikan-Kommentator Michael Heseman schreibt:

In der ganzen Kardinal Ratzinger betreffenden Passage des Münchner Berichtes, auf 72 Seiten, geht es, zumindest was sein Bistum und seine Amtszeit betrifft, um keinen einzigen Fall eines sexuellen Missbrauchs. Es gab kein einziges Opfer eines solchen, weder Junge noch Mädchen, Mann oder Frau, weder minderjährig noch volljährig. Ihm daher mangelnden Opferschutz vorzuwerfen ist geradezu absurd.

So trat die Instruktion „Crimen sollicitationis“, gegen die Ratzinger zwischen 1977 und 1982 verstoßen haben soll, überhaupt erst mit dem Codex Iuris Canonici von 1983 in Kraft, für dessen Verabschiedung kein anderer als – Joseph Kardinal Ratzinger, jetzt als Präfekt der Glaubenskongregation, verantwortlich zeichnete.

Wer nach Beweisen, Indizien oder gar harten Fakten sucht, die den Ratzinger-Papst der Lüge überführen könnten, wird ganz schnell enttäuscht.

Die Vorwürfe aus dem Missbrauchs-Gutachten haben den Zweck, der Kirche, für die Ratzinger steht, also einem theozentrischen Katholizismus, den Todesstoß zu versetzen und an ihrer Stelle die Zeitgeist-Kirche zu installieren.  mehr Informationen

„Der emeritierte Papst Benedikt XVI. hat 2011 und 2012 rund 400 Priester wegen Kindesmissbrauchs ihres Amtes enthoben. Dies belegt eine interne Statistik des Vatikan.“

Seit 2001 versucht die katholische Kirche, Tausende von Vorwürfen des Kindesmissbrauchs durch ihre Priester in aller Welt in den Griff zu bekommen. Eine zentrale Rolle dabei nahm der inzwischen emeritierte Papst Benedikt XVI. ein – zunächst als Kardinal und Präfekt der Glaubenskongregation, dann als Kirchenoberhaupt ab 2005. Eine Statistik des Vatikans zeigt nun, wie im Laufe der Zeit das Vorgehen gegen Priester, denen sexueller Missbrauch vorgeworfen wurde, verschärft wurde.

So wurden 2011 und 2012 fast 400 Priester wegen Kindesmissbrauchs des Amtes enthoben. Es ist die aktuellste Zahl der Priester, die wegen sexueller Verfehlungen verstoßen wurden. Das war eine erhebliche Zunahme gegenüber 2008 und 2009, als 170 Priester verstoßen wurden.

Erst 2005 – als Ratzinger Papst Benedikt XVI. wurde – begann die Kongregation, die Zahl der Fälle mitzuteilen, die ihr übermittelt wurden.

2008 änderte sich der Umgang des Vatikans mit den Vorwürfen völlig. Benedikt reiste in die USA und erklärte, er sei beschämt über das Ausmaß des Missbrauchs. Er könne es nicht fassen, wie Priester auf derart versagen könnten.

Erstmals stellte der Vatikan in jenem Jahr klar, dass Opfer sexuellen Missbrauchs durch Kirchenverfahren nicht daran gehindert würden, sich an die Polizei zu wenden.

Bischof Stefan Oster: „Ich habe in der umfangreichen Biographie von Peter Seewald „Benedikt XVI – Ein Leben“ von 2020 nachgelesen und war überrascht: Auf Seite 938 (siehe Bild) haben die präzisen und aufwändigen Recherchen des Autors ergeben, dass Erzbischof Joseph Ratzinger in der entscheidenden Sitzung im Jahr 1980 dabei war, als es um die Aufnahme des Missbrauchstäters H. aus der Diözese Essen in München ging. Und der Erzbischof hat dem Ansinnen zugestimmt, dass sich H. in München einer Therapie unterziehen könne. Seewalds Recherchen hatten also Ratzingers Teilnahme bereits offen gelegt. Das heißt aber: Benedikts Beteiligung an dem verhängnisvollen Vorgang war damit längst öffentlich dokumentiert, noch ehe Dr. Ulrich Wastl diese Beteiligung der Weltöffentlichkeit als Neuheit präsentiert hat.“

Es stellt sich  die Frage, warum die Gutachter von WSW absichtlich etwas skandalisieren, wohl wissend dass es irrelevant ist. Und da stellt sich die Frage der Boshaftigkeit.

Vor allem war für die Verantwortlichen auf der Ebene der Orts- und Weltkirche die Erkenntnis schmerzlich, dass es Missbrauch von Seiten der Priester und Ordensleute gibt, dass sie weit hinter den Ansprüchen der Nachfolge Christi zurückbleiben. Kardinal Joseph Ratzinger hat diesen Schmerz in der Meditation zusammengefasst, die er für den Kreuzweg am Karfreitag 2005 geschrieben hat: „Wie viel Schmutz gibt es in der Kirche und gerade auch unter denen, die im Priestertum Ihm [Christus] ganz zugehören sollten?“

Durch die neuen Normen, die unter der Federführung von Kardinal Ratzinger geschaffen, durch seine Intervention immer weiter verbessert und später von ihm in einer Neufassung veröffentlicht wurden, ist es gelungen, die Strafverfolgung von Missbrauchstätern zu erleichtern und damit wirksamer vorzugehen. Es gibt Listen von Priestern, die von Papst Benedikt XVI. wegen ihrer Vergehen aus dem Klerikerstand entlassen wurden.

7.2.22

Der frühere Abt von Einsiedeln Martin Werlen dürfte mit seiner neuesten Aktion den konservativen Teil der katholischen Kirchenträger einmal mehr vor den Kopf stoßen: Als Propst von St. Gerold lud er am vergangenen Wochenende zu einer sogenannten «Auskotzete» nach Vorarlberg in Österreich ein.

Werlen schreibt auf der Webseite der Propstei: «Ein ehemaliger Papst, der zum Schutz der Institution und seiner Person die ganze Welt anlügt, und mit der Wahrheit nur Stück um Stück herausrückt, lässt die Sprache verschlagen.…. In der Propstei darf man über dieses verletzende Kasperltheater, das auf tiefstem Niveau stattfindet, sprechen. Hier ist Platz, dass Wut, Enttäuschung, Entsetzen und Leiden ausgesprochen werden können. Miteinander wollen wir Wege in die Zukunft entdecken mit einer Kirche, die anders ist. Eine Kirche, die bei den Menschen ist.»

Auf Kath.ch dazu: Die Haltung der Kirche müsse aber sein: «Ich habe einen Fehler gemacht und wie geht es nun weiter?» «Das größte Problem mit den Verbrechen ist, dass wir so getan haben, als wäre nichts geschehen, und dass wir die Opfer nicht angehört haben», sagt Martin Werlen. «Die Kirche muss hinnehmen, dass die Menschen ihre Wut äußern und Schuldige benennen. Jesus hat das auch getan, wenn er diese als Heuchler und blinde Narren bezeichnet hat», sagt Martin Werlen. Es tue gut, wenn man irgendwo mal abladen könne, das sei der erste Schritt zur Heilung. Er zitiert Papst Franziskus: «Wir brauchen keine andere Kirche. Aber wir brauchen eine Kirche, die anders ist

11.2.22

Die Gutachter haben Benedikt zeitlich unter Druck gesetzt und sein Recht auf rechtliches Gehör eingeschränkt und dadurch dessen Verteidigungsmöglichkeiten bewusst und unangemessen beschnitten haben. Die Gutachter haben Benedikt mit nahezu 8.000 Seiten Urkunden konfrontiert. Sinnigerweise wurden diese Urkunden nicht in Papierform vorgelegt, sondern ausschließlich digital, was die Bearbeitung sehr stark behindert hat – auch wegen der viel zu kurz gesetzten Bearbeitungsfristen. Es konnte nur ein Berater diese vielen Urkunden im Computer aufrufen, er konnte sie allerdings nicht kopieren, um sie den anderen Beratern vorzulegen; er konnte sie noch nicht einmal speichern oder ausdrucken. Damit war Benedikt der sogar verfassungsrechtlich verankerten Möglichkeit beraubt, die Stellungnahme auf das Gutachten durch seine Berater in der üblichen Weise erarbeiten zu lassen. Ihm war die wichtigste Möglichkeit der Verteidigung und Aufklärung abgeschnitten. Allein diese Vorenthaltung rechtfertigt die Annahme, dass das Gutachten zumindest in Bezug auf Papst em. Benedikt XVI. wertlos ist. Letztendlich haben die Gutachter während der Pressekonferenz, in der das Gutachten der Welt präsentiert wurde, einräumen müssen, dass sie keine gerichtsfesten Beweise für ein Fehlverhalten Benedikts vorweisen können. Deshalb haben sie davon gesprochen, dass „wahrscheinlich“ ein Fehlverhalten vorliege. Die Beweisführung in Sachen Benedikt ist schlicht und einfach eines Anwaltes unwürdig. In einem Gerichtsprozess würde dieses Vorgehen als falsche Anschuldigung gewertet und strafrechtlich verfolgt werden. Sie wissen sehr wohl, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, um einem Betroffenen Verfehlungen nicht nur zu unterstellen, sondern auch nachzuweisen. Kardinal Marx muss sich das Handeln der Gutachter als eigenes zurechnen lassen. Er hat die Gutachter beauftragt, nicht eine unabhängige dritte Stelle, wie es hätte sein müssen. Er hätte wissen müssen, dass durch diese Anschuldigungen der Prozess der Zerstörung der Kirche neue Nahrung erhalten würde.

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