Paulus hatte im Traum einen Mann gesehen. Nun begegnet er in Apostelgeschichte 16,11-40 einer Frau.
Das Spannende ist: Gott öffnet Lydia das Herz – nicht Paulus. Paulus ist eher zögerlich. Sollten sie wirklich in das Haus einer Frau gehen? Lydia muss sie erst überzeugen.
Paulus fühlt sich durch die Rufe der Wahrsagerin in Philippi in seinen Gebeten und Gesprächen gestört. Die Frau sagt nichts Unwahres, aber sie stört den Gottesdienst. Nur weil etwas wahr ist, muss es nicht von Gott kommen. Der Teufel reißt Dinge aus dem Zusammenhang, um Unruhe zu stiften.
Paulus wollte Ruhe und nun wird er der Unruhe angeklagt und geschlagen. Auch die Anklage ist verdreht.
Mitten in der Nacht finden Paulus und Silas im Gefängnis plötzlich zum Lobpreis. Ihr Lobpreis ist Ausdruck eines tiefen Gottvertrauens.
Gott sprengt die Fesseln durch ein Erdbeben. Ein Bild auch für uns, wenn wir in unserer Not Gott loben. Wir können aus den Fesseln der Hoffnungslosigkeit befreit werden.
Ganzer Text:
Voller guter Erwartungen aufgrund des Traumes des Paulus kommen sie in Europa an. Lukas schreibt seit der Traumdeutung in der Wir-Form. Das heißt, er ist seit Troas Teil der Reisegemeinschaft.
Samothrake ist eine Insel, bei der die Schiffe damals auf günstigen Wind für die Weiterfahrt warteten. Neapolis, das heutige Kavala, war der Hafen von Philippi und lag ebenfalls an der Via Egnatia. Die Via Egnatia verband das heutige Istanbul mit der Ostküste von Albanien. Es war die Hauptverbindung nach Rom. Philippi wurde das kleine Rom genannt und war ein beliebter Altersruhesitz für römische Bürger.
In der Stadt gab es Juden, aber keine Synagoge. So traf man sich am Wasser, wie schon in Babylon. „An den Strömen von Babel, da saßen wir und wir weinten, wenn wir Zions gedachten“ (Psalm 137,1).
Paulus hatte im Traum einen Mann gesehen. Nun begegnet er einer Frau.
Lydia ist nicht die Frau eines Kaufmanns, sondern sie selbst ist Kauffrau. Frauen konnten damals auch eigenständig sein. Sie konnten reich sein und ein Haus und Angestellte haben (vgl. auch die Frau von Mohammed). Lydia lebt ihren Glauben und gewinnt offenbar auch andere dafür. Sie ist eine sogenannte gottesfürchtige Griechin. Lydia ist in ihrer Heimatstadt wahrscheinlich Juden begegnet (Thyatira hatte eine Synagoge).
Das Spannende ist: Gott öffnet ihr das Herz – nicht Paulus. Paulus ist eher zögerlich. Sollten sie wirklich in das Haus einer Frau gehen? Lydia muss sie erst überzeugen.
Paulus hat eine besondere Verbindung zu dieser Gemeinde. Keine andere Gemeinde darf ihn zum Beispiel finanziell unterstützen (Philipper 4,15). Lydia von Philippi hinterlässt bei Paulus einen bleibenden Eindruck. So wie einige Frauen Jesus dienten (Lukas 8,3), so diente Lydia mit ihren Möglichkeiten Paulus.
Paulus fühlt sich durch die Rufe der Wahrsagerin in Philippi in seinen Gebeten und Gesprächen gestört. Die Frau sagt nichts Unwahres, aber sie stört den Gottesdienst. Nur weil etwas wahr ist, muss es nicht von Gott kommen. Der Teufel reißt Dinge aus dem Zusammenhang, um Unruhe zu stiften. Paulus hat die Frau und ihre Besitzer nicht angegriffen. Trotzdem lassen sie Paulus und Silas nicht in Ruhe. Geister instrumentalisieren Menschen. Charakteristisch ist, dass die Frau keine Kontrolle mehr hat.
Der Heilige Geist geht nur so weit, wie der Mensch es zulässt. Er drängt sich nicht auf.
Paulus wollte Ruhe und nun wird er der Unruhe angeklagt und geschlagen. Auch die Anklage ist verdreht. Es geht um etwas ganz anderes. Man klagt nicht: Wir haben unser Geschäft verloren. Man spricht von fremden Sitten und Gebräuchen. Manche Streitthemen sind die Projektion einer ganz anderen Ursache.
Das Volk lässt sich instrumentalisieren. Oft werden Konflikte mit der Hilfe von anderen Menschen ausgetragen.
Statt Dialog gibt es Eskalation. Paulus und Silas werden an den Pranger gestellt. Sie werden mundtot gemacht, indem man sie aus-, respektive einsperrt.
Mitten in der Nacht finden Paulus und Silas plötzlich zum Lobpreis. Manch einer hätte in ihrer Situation wohl eher verzweifelt um Gottes Hilfe gefleht. Ihr Lobpreis ist Ausdruck eines tiefen Gottvertrauens. Im Lob Gottes wirkt Gottes Kraft. Vielleicht dachten sie an David, der geschrieben hat: „Lobe den Herrn, meine Seele, und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat!“ (Psalm 103,2).
Gott sprengt die Fesseln durch ein Erdbeben. Ein Bild auch für uns, wenn wir in unserer Not Gott loben. So können wir aus den Fesseln der Hoffnungslosigkeit befreit werden. Hier wird das dritte Befreiungswunder der Apostelgeschichte beschrieben (Apostel in Apg. 5,17-42; Petrus in Apg. 12,1-23).
Es ist erstaunlich, dass auch die anderen Gefangenen nicht geflohen sind. Hat Gott bewirkt, dass die Gefangenen blieben? Jedenfalls beeindruckt die ganze Situation den Gefängniswärter so sehr, dass er Paulus fragt: „Was muss ich tun, um gerettet zu werden?“ Paulus antwortet: „Glaube an Jesus“.
Glaube ist nicht ein Fürwahrhalten biblischer Geschichten. Das tun auch die Dämonen (Jakobus 2,19). Glauben heißt, sich Jesus anvertrauen. Am Anfang war es ein „mit Jesus gehen“, dann wurde es ein „Jesus ins Leben aufnehmen“ (Johannes 1,12).
Auffallend ist, dass Paulus nun sein römisches Recht in Anspruch nimmt. Konnte oder wollte er das vorher nicht? Vielleicht ist es ihm wichtig zu zeigen, dass sein Glaube nicht auf das römische Bürgerrecht vertraut, sondern auf Gott, der aus jeder Situation etwas Gutes machen kann. So erhielt die neue Gemeinde auch den Schutz der römischen Behörden.
Text: Hanspeter Obrist März 25
Impuls aus dem offenen Bibel-Treff Ebnat-Kappel
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