Du sollst nicht töten! In diesem Gebot sind sich religiöse wie nicht-religiöse Menschen weitgehend einig. Die Realpolitik zeigt jedoch, dass es in bestimmten Situationen nicht vermeidbar ist, Gewalt anzudrohen und in letzter Konsequenz auch anzuwenden. Das schreibt Laila Mirzo in der jüdischen Rundschau.
Wann aber ist Gewalt gerechtfertigt und wer bestimmt darüber?
Man muss kein Philosoph sein, um festzustellen, dass Moral und Werte Konstrukte sind, auf die sich eine Gruppe Menschen geeinigt haben. Für eine andere Gruppe können diese moralischen Maßstäbe vollkommen absurd, ja sogar verwerflich sein. In unserer globalisierten Welt treffen verschiedene Werte-Konstrukte aufeinander. Das kann gut gehen, wenn man sich in gegenseitigem Respekt begegnet.
Wisst ihr, was unser Problem ist?
Wir verkennen die Abgründe des Menschen. Unser Weltbild beruht auf idealistischen Parametern. Wir gehen davon aus, dass unser Gegenüber genauso respektvoll und umsichtig mit uns umgeht, wie wir es tun würden. Aber leider sieht die Realität anders aus. Es gibt genug Menschen da draußen, die nicht gesprächsbereit sind, geschweige denn bereit sind, Kompromisse einzugehen, die ein Miteinander erleichtern würden. Doch dies wollen die meisten von uns nicht sehen.
Ein Kopte aus Ägypten hat die leidvolle Geschichte seiner Gemeinde mit den Muslimbrüdern erzählt. Es ist eine Geschichte der Demütigungen, Übergriffe und Vergewaltigungen. Er sagte mir, dass es nicht so weit hätte kommen müssen. Die Christen hätten sich mehr wehren müssen und nicht auch noch „die andere Backe hinhalten“ sollen. Mit dieser Haltung werden wir ausgelöscht werden, sagte er.
Wie begegnet man gewaltbereiten Menschen, die das Töten Andersgläubiger sogar als sakralen Akt feiern? Unser Anstand kann als Schwäche und als Einladung weiter zu machen ausgelegt werden.
Wo sind wir gezwungen Grenzen zu setzen? Auch Jesus zog sich zurück oder forderte auf, Dinge zu unterlassen. Er konnte auch mal die Händler aus dem Tempel schmeißen, aber auch Gewalt-Exzesse bis zu Tod aushalten.
Wo ist für dich die Grenze? Manchmal müssen wir auch für unsere Rechte kämpfen. Die freie Annahme des Leidens, wie bei Jesus, ist dagegen ein ganz anderes Signal.
Siehe auch Artikel.
Lieber Hanspeter,
ich habe Deine Mail, den „Weiterlesen“ Beitrag, den weiterführenden Link, die kurzen Videos und schließlich die von YouTube vorgeschlagenen 4 Folgen einer Holocaust-Dokumentation gesehen. Ich bin stumm vor Gott, ich weine … und alle Hinweise meiner eigenen Zeit schreien mich an „es geht weiter. Wir haben nicht gelernt. Die kurz aufgeflackerte Buße verblasst … Und Deine fehlende Antwort auf die Schlussfrage „Wo ist für dich die Grenze?“ mit dem implikativen Anhängsel „Manchmal müssen wir auch für unsere Rechte kämpfen.“ ohne Fragezeichen steht da im Raum und ich wünschte, da hätte ein Fragezeichen gestanden – gefolgt von dem Zeigefinger auf Karfreitag.
Hallo Klaus
Die Schwierigkeit ist, dass es wohl keine allgemeine Antwort gibt, weil Friedfertigkeit nicht immer die Lösung ist. Gott möchte auch, dass man sich für das Recht der Schwachen (Witwen) einsetzt.