Feindesliebe – Gottes Markenzeichen

Jesus bezeichnet die Liebe für den, der mir gegenüber feindlich gesinnt ist, als das Markenzeichen des himmlischen Vaters. Von dieser Liebe Gottes sollen wir uns anstecken lassen.

Jesus sagt (Matthäus 5,43-48): 
43 Ihr habt gehört, dass gesagt ist: Du sollst deinen Nächsten lieben und deinen Feind hassen. 44 Ich aber sage euch: Liebt eure Feinde, und betet für die, die euch verfolgen, 45 damit ihr Söhne eures Vaters seid, der in den Himmeln ist! Denn er lässt seine Sonne aufgehen über Böse und Gute und lässt regnen über Gerechte und Ungerechte. 46 Denn wenn ihr liebt, die euch lieben, welchen Lohn habt ihr? Tun nicht auch die Zöllner dasselbe? 47 Und wenn ihr allein eure Brüder grüßt, was tut ihr Besonderes? Tun nicht auch die von den Nationen dasselbe? 48 Ihr nun sollt vollkommen sein, wie euer himmlischer Vater vollkommen ist.

Jesus ist revolutionär und fordert die Feindesliebe (Matthäus 5,44-45).

Was fällt auf? Der andere ist immer noch mein Feind und nicht mein Freund. Ein Feind ist jemand, der mich bekämpft. Der mich denunziert, der mich erniedrigt, der mich zu Fall bringen will. Oder er ist nicht für mich, sondern will mich benutzen und instrumentalisieren.

Was sagt Wikipedia? Eine Feindschaft kann aufgrund einer Rivalität, einer asymmetrischen Beziehung oder einer mit negativen Emotionen behafteten Beziehungsgeschichte entstehen. Im Gegensatz zum normalen Gegner wird ein Feind auch mit unfairen Mitteln bekämpft.

Die Bibel beschäftigt sich oft mit Feindschaft.

Was Feindschaft ist, sehen wir bei Josef und seinen Brüdern: „Als aber seine Brüder sahen, dass ihr Vater ihn mehr liebte als alle seine Brüder; da hassten sie ihn und konnten ihn nicht mehr grüßen (und konnten nicht mehr friedlich mit ihm reden) (1.Mose 37,4).

Bei den Söhnen Isaaks wird es so geschildert: „Esau war dem Jakob feind wegen des Segens, mit dem sein Vater ihn gesegnet hatte; und Esau sagte in seinem Herzen: Es nahen die Tage der Trauer um meinen Vater, dann werde ich meinen Bruder Jakob erschlagen(1.Mose 27,41).

Feind ist mir jemand, nicht weil ICH etwas gegen ihn habe, sondern weil er aus irgendeinem Grund gegen mich ist. Der Feind kann sich nicht mitfreuen, sondern versucht, das Erfreuliche zu bekämpfen.

Bei Nehemia wurden Sanballat, Tobija, die Araber, Ammoniter und Aschdoditer zornig als sie hörten, dass die Juden zusammenstanden und die Mauern Jerusalems wieder geschlossen werden konnten (Nehemia 4,1). So heißt es dann: „Mit der einen Hand arbeiteten sie am Werk, während die andere die Waffe hielt(Nehemia 4,11).

Den Teufel triggert es, dass der Mensch als Ebenbild Gottes und Gottes Vertreter auf Erden geschaffen wurde. Deshalb versucht er positive Erfahrungen mit Gott und unser Vertrauen in ihn zu zerstören und zu verdrehen. Dazu stachelt er auch Menschen gegen uns auf, die uns dann feindlich gesinnt sind.

Hier setzt Jesus an. Behandelt alle Menschen gleich und gebt so auch denen, die euch feindlich gesinnt sind, eine Chance zur Umkehr.

Vorbild ist der himmlische Vater, der über alle Menschen die Sonne scheinen lässt und auch allen den Regen schenkt.

Aber wie steht das mit dem Hassen der Feinde von Vers 43?

Salomo rät: „Wenn dein Feind fällt, freue dich nicht, und wenn er stürzt, jauchze dein Herz nicht“ (Sprüche 24,17) und: „Wenn dein Hasser Hunger hat, gib ihm Brot zu essen, und wenn er Durst hat, gib ihm Wasser zu trinken! Denn glühende Kohlen häufst du auf sein Haupt, und der HERR wird es dir vergelten“ (Sprüche 25,21-22).

Bei den jüdischen Essenern finden wir eine Auslegung dieser Sätze. In den Schriftrollen von Qumran werden die Gemeindemitglieder verpflichtet, „alle Söhne des Lichts zu lieben, …, aber alle Söhne der Finsternis zu hassen. Jesus hat sich in der Bergpredigt wahrscheinlich auf diese Tradition bezogen (Matthäus 5,43), denn die Aufforderung, den Feind zu hassen, findet sich im ersten Teil der Bibel nicht.

In 2. Könige 5 gibt es eine interessante Geschichte. Dort steht, dass Naaman, der Heerführer der Feinde Israels, aussätzig wird. Eine israelitische Sklavin, die zuvor auf einem Raubzug aus Israel verschleppt worden war, sagt zu ihrer Herrin, dass es in Israel einen Propheten gebe, der Naaman heilen könne. Obwohl dieses Mädchen in ihrer leidvollen Situation Schadenfreude hätte empfinden können, will sie nur das Beste. Sie lebt Feindesliebe. Manche Dinge, wie die Situation dieses Mädchens, können wir in unserem Leben nicht erklären. Trotzdem hat dieses Mädchen den Glauben an einen Gott bewahrt, der Wunder tun kann und sie wünscht sich nur das Beste, sogar für ihren Feind.

Wie geht das Judentum mit Feindschaft um?

Wenn im Judentum alle Versuche einer friedlichen Koexistenz mit dem Feind gescheitert sind, rät der jüdische Talmud: „Töte, bevor du getötet wirst“.

Rabbiner Baruch Rabinowitz stellt in der Jüdischen Allgemeinen fest:

Kriege sind schon so lange geführt worden, wie es Menschen auf dieser Welt gibt. Götter, Engel, Geister und Dämonen führen miteinander seit Ewigkeiten einen bitteren Kampf.

Auch in der Tora finden wir direkte Befehle, Kriege zu führen und Menschen zu töten.

Aber es gibt auch eine messianische Hoffnung. Wir glauben, dass die Zeit kommt, in der »Gott Bogen und Schwert zerbricht, in der es keinen Krieg mehr gibt und in der Gott Ruhe und Sicherheit finden lässt« (vgl. Hosea 2,20).

Nachdem alle Versuche einer friedlichen Existenz mit dem Feind gescheitert sind, kann man nur schwer über Moral und Ethik reden. Was theoretisch schön, ethisch und menschlich erscheint, ist in der Praxis oft nur sehr schwer umsetzbar. Die Zeit von offenen Feldschlachten, nur mit Armeen und ohne Zivilisten, ist endgültig vorbei. Wer herausgefordert wird, muss nach den Regeln spielen, die von der anderen Seite vorgegeben werden. Soweit die Auszüge des Rabbiners Baruch Rabinowitz.

Oft hört man den Satz: „Stell dir vor es ist Krieg und keiner geht hin.“ Wenn niemand hingeht, gibt es keinen Krieg. Es gibt nur Krieg, wenn jemand hingeht. Deshalb geht der Satz mit dem Krieg nicht auf. Wenn einer hingeht, gibt es zwei Möglichkeiten: Man unterwirft sich dem Feind und wird wie er. Oder man stellt sich ihm entgegen.

Das jüdische Volk hat erlebt, dass Pazifismus nicht vor dem Holocaust gerettet hat. Deshalb ist seit dem Warschauer Aufstand das Motto aus dem Talmud wieder erwacht.

Der einzige Schutz ist die Abschreckung. Das Bewusstsein, dass man nichts gewinnt, sondern nur verliert, wenn man angreift. Es geht um die Verhinderung eines unerwünschten Verhaltens, weil man die Konsequenzen nicht möchte.

Was aber will uns Jesus in der Bergpredigt sagen?

Paulus schreibt an die Korinther (2. Korinther 5,20): „Lasst euch versöhnen mit Gott!“ und in 1. Korinther 1,19-21: „Denn es hat Gott wohlgefallen, dass in ihm (Jesus) alle Fülle wohnen sollte und er durch ihn alles mit sich versöhnte, es sei auf Erden oder im Himmel, indem er Frieden machte durch sein Blut am Kreuz. Auch euch, die ihr einst fremd und feindlich gesinnt wart in bösen Werken.“

Wir alle leben von der Versöhnung am Kreuz. Gott möchte alle Menschen mit sich versöhnen. Deshalb soll von den Menschen, die mit Gott leben, kein Hass ausgehen. Wir wünschen allen Menschen Frieden mit Gott. Und deshalb behandeln wir alle Menschen gleich. So wie der Vater im Himmel die Sonne für alle scheinen lässt und auch allen den Regen schenkt. Wir im Norden empfinden die Sonne mehr als Segen, in trockenen Gegenden steht der Regen für Segen.

Die Feindesliebe behandelt den Feind mit Respekt und verschließt ihm nicht die Tür zur Versöhnung. Ganz eindrücklich hat das David in der Beziehung zu Saul vorgelebt. Er gibt Saul die Chance zum Umdenken, selbst als er die Möglichkeit gehabt hätte, ihn auszulöschen.

Feind ist mir jemand wegen seiner Einstellung nicht wegen meiner. Wenn mir jemand feindlich gesinnt ist, schütze ich mich.

Paulus schreibt in 1.Timotheus 6,12Kämpfe den guten Kampf des Glaubens und in Epheser 6,13„Deshalb ergreift die ganze Waffenrüstung Gottes, damit ihr an dem bösen Tag widerstehen … könnt!“

Von uns geht keine Aggression aus, weil wir wissen, dass auch uns gilt, was Mose dem Volk Israel gesagt hat: „Der HERR wird für euch kämpfen, ihr aber werdet still sein“ (2.Mose 14,14).

Bild: Stein in En Gedi – dem Versteck von David vor Saul

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