Der Wiener Islamwissenschaftler Nico Prucha will den IS besiegen. „Die Videos des IS sind professionell gemacht, das muss man anerkennen“, sagt Prucha. Sie handeln nicht nur von Krieg und Gewalt, sagt Prucha. Im Netz finde sich auch unzähliges Material, das sich mit theologischen Fragen befasst – und Anhängern und Interessierten ein zusammenhängendes islamistisches Weltbild liefert.
Seit Jahren forscht der Islamwissenschaftler der Universität Wien über die Propaganda von Jihadisten im Internet. Jetzt will er zurückschlagen – und hat dafür eine mächtige Organisation als Verbündeten gewonnen: die Nahdlatul Ulama (Wiedererwachen der Gelehrten) in Indonesien mit rund 50 Millionen Mitgliedern. „Noch definieren die Extremisten im Internet, was ein guter Muslim ist.“
Prucha soll der Nahdlatul Ulama erklären, wie der Islamische Staat tickt. Er informiert die Indonesier außerdem darüber, welche Themen die Islamistenszene gerade besonders bewegt und mit welchen Hashtags oder über welche Kanäle eine große Reichweite erzielt werden kann.
Die Theologen der Nahdlatul Ulama sollen die Koran-Interpretation des IS dann mit ihrem Fachwissen zerlegen – und ein Netz von Aktivisten die moderaten Botschaften im Internet verbreiten. Prucha coacht und versorgt außerdem österreichische Jugendarbeiter mit der indonesischen Auslegung des Islams.
Prucha hat diese Erfahrung gemacht: Viele muslimische Geistliche in Europa würden den IS nicht als Problem des Islams sehen, sondern als eine verrückte Gruppe religiöser Analphabeten. „In der NU in Indonesien haben wir aber eine ganze Reihe an Theologen, die bereit sind, die IS-Filme anzuschauen, die Schriften der Radikalen durchzuarbeiten – und eine islamische Gegenreaktion vorzubereiten.“
Wenn der IS mit dem Koran rechtfertigt, dass Homosexuelle von Hochhäusern geschmissen werden, dann sollen die indonesischen Geistlichen nun erklären, warum das gerade nicht so ist. „Mit ähnlichen oder gleichen Stellen im Koran kann ich zu Gewalt und Intoleranz aufrufen oder aber zu einem Nebeneinander und Pluralismus“, sagt Prucha.
Noch gebe es wenig Inhalte, die man dem IS entgegenstellen könnte, sagt Prucha. Ihm ist klar, dass man die bereits radikalisierten Jugendlichen mit solchen Maßnahmen kaum wieder zurückholen kann. Darum geht es ihm aber nicht. „Wir müssen den Unentschlossenen zeigen, dass es viele Arten des Islam gibt“, sagt er. „Und das pluralistische Indonesien ist hierfür ein perfektes Beispiel.“ mehr Informationen
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