Der 23. Juni 2016 wird zweifelsohne in die Geschichtsbücher eingehen als der Tag, an dem eine Mehrheit der britischen Bevölkerung für den Ausstieg aus der EU stimmte. Er sollte aber auch noch aus einem anderen Grund in Erinnerung bleiben: als der Tag, an dem die EU-Parlamentarier einen offen antisemitischen Hetzer bejubelten.
Mahmud Abbas behauptete in Brüssel: „Wenn die Besatzung endet, wird der Terrorismus verschwinden, es wird keinen Terrorismus im Nahen Osten und nirgends mehr sonst auf der Welt geben.“ Buchstäblich nichts an diesem Satz ist wahr.
„Unsere Hände sind im Wunsch nach Frieden ausgestreckt, wir haben den politischen Willen, Frieden zu erreichen“, meinte Abbas weiter. Komisch seit einiger Zeit werden Verhandlungen mit Israel grundsätzlich verweigert.
„Bestimmte Rabbis in Israel haben ihre Regierung sehr klar dazu aufgefordert, dass unser Wasser vergiftet werden sollte, um Palästinenser zu töten.“ Abbas wiederholte damit eine Behauptung, die von der Autonomiebehörde seit einigen Tagen verbreitet wird. Der Rabbi, der diese Forderung angeblich gestellt haben soll, existiert nicht; die israelische NGO, die über den inkriminierten Spruch berichtet haben soll, weiß davon nichts.
Kein EU-Parlamentarier widersprach Abbas, niemand verließ unter Protest den Raum. Ganz im Gegenteil: Der Präsident des Europäischen Parlaments, Martin Schulz, bedankte sich via Twitter für die „inspirierende Ansprache“.
In ausländischen Medien wurde über die Hetze von Abbas berichtet. Die New York Times etwa sprach von „substanzlosen Behauptungen“ sowie vom „Echo der antisemitischen Behauptungen, die im Mittelalter zum Massenmord an Juden geführt haben“. mehr Informationen
Abbas berief sich auf eine Meldung der türkischen Medien, wonach ein Rabbiner namens Shlomo Mlma, angeblich Vorsitzender des Rabbiner-Rats der Siedlungen in Judäa und Samaria, die Siedler aufgerufen hätte, das Wasser der Palästinenser zu vergiften. Am Ende seiner Rede erhielt der palästinensische Präsident tosenden Beifall von den Parlamentsmitgliedern.
Nachdem die Nachrichtenagentur Reuters keinerlei Hinweise auf einen derartigen Aufruf finden konnte und es ihr auch nicht gelang, einen Rabbiner namens Shlomo Mlma oder den erwähnten Rabbiner-Rat ausfindig zu machen, stellte sich heraus, dass die ganze Geschichte nichts als eine Erfindung war.
Daraufhin veröffentlichte das Büro des palästinensischen Präsidenten folgende Erklärung: „Nachdem sich herausstellte, dass es die in der Rede erwähnte Forderung des Rabbiners nicht gegeben hat, möchte der Präsident betonen, dass es nicht in seiner Absicht lag, das Judentum oder das Jüdische Volk zu beleidigen und das aufgrund seines tiefen Respekts, den er allen Religionen und darunter auch dem Judentum, entgegenbringt.“ mehr Informationen
Weshalb trug er dann seine Beschuldigungen, für die er nach nun eigener Auskunft nie Belege hatte, überhaupt noch in Brüssel vor?
Jordanien zieht dagegen die israelische Armee möglichem palästinensischem Grenzschutz im Jordantal vor. Nachdem die Grenzen zu Syrien und Irak wegen den Islamisten geschlossen wurden, bevorzugen sie an der Ostgrenze die israelische Armee und wollen keine palästinensische Miliz, welche schnell durch islamistische Kräfte kontrolliert werden könnte. mehr Informationen
Europa nicht mehr der gleiche Kontinent wie zuvor. Die Menschen in den Mitgliedstaaten haben längst den Anschluss an die stramm voranschreitende politische Verschmelzung verloren. Inzwischen verlangen sie aber das zurück, was ihnen zusteht: Kontrolle über die Politik.
Cameron hat das EU-Referendum anberaumt, um dem internen Zwist in der Konservativen Partei ein für alle Mal ein Ende zu bereiten. Das Ergebnis aber war das genaue Gegenteil.
Man muss jedoch positiv festhalten: Nie zuvor in der Geschichte gab es eine derart lange Friedensphase im Gebiet der heutigen EU-Mitglieder. Das Hauptproblem Europas ist aber, dass es auf einem Ideal beruht, welches nicht immer mit dem Volkswillen vereinbar ist.
Die EU weiss spätestens jetzt, dass sie die Personenfreizügigkeit als absolut geltendes Prinzip überdenken muss, will sie nicht Austrittsdiskussionen in weiteren Mitgliedsländern riskieren.
Für den Schweizer Aussenminister Didier Burkhalter bietet der anstehende Austritt Grossbritanniens aus der EU auch Chancen für die Schweiz, ihren Streit um die Zuwanderung mit der EU zu lösen.