Bei einer Veranstaltung des Waldai-Klubs am 27. Oktober 2022 sagte Putin laut der staatlichen Nachrichtenagentur Tass: „Russland sah und sieht sich nicht als Feind des Westens.“
Beim Waldai-Klub handelt es sich um eine jährliche Versammlung von russischen Politikern, Journalisten und weiteren Personen des öffentlichen Lebens. Putins zentrale Botschaft bei seiner Rede: Der Westen versucht seine eigene Position aufzuzwingen und hat dabei keine Achtung für die Interessen anderer Länder, während die russische Politik auf Koexistenz abziele.
Putin unterstrich bei seiner Rede, die USA würden Druck auf andere Länder ausüben, was eine „falsche Politik“ sei. Er sprach von einer „blutigen und schmutzigen“ Politik des Westens, der die Souveränität sowie Identität von Ländern und Bevölkerungen ablehne. Daneben warf er dem Westen vor, die Menschheit alleine kontrollieren zu wollen. Putin warnte die westlichen Länder vor solchen Plänen: „Wer Wind sät, wird den Wirbelsturm ernten.“
Trotz all seiner Vorwürfe war es jedoch Putin selbst, der die Souveränität eines anderen Staates infrage stellte. Bei der Anerkennung der Souveränität der sogenannten „Volksrepubliken Luhansk und Donezk“ verwies er auf die Geschichte und sprach der heutigen Ukraine regelrecht die Souveränität und sogar das Existenzrecht ab. Sein Vertrauter Dimitri Medwedew drohte der Ukraine sogar mit dem „Verschwinden von der Weltkarte“.
Im Gegensatz zum Westen wolle Russland kein Hegemon werden, behauptete der Kreml-Chef. Stattdessen habe Moskau versucht, die Beziehungen zum Westen wiederherzustellen und die Botschaft übermittelt: „Lasst uns zusammen leben.“ Dabei habe sich Russland „absolut aufrichtig“ verhalten. Der Westen jedoch habe auf die Bemühungen Russlands nicht positiv geantwortet.
„Russland ist keine Semi-Kolonie des Westens“, unterstrich der russische Machthaber und fügte hinzu: „Die Zeit der ungeteilten Dominanz des Westens ist vorbei, die unipolare Welt ist Vergangenheit.“
Was Putin allerdings nicht erwähnt: Politische Gegner sowie Demonstranten werden verhaftet und zum Schweigen gebracht.
Der Kreml-Chef äußerte sich auch zur Ukraine und zur Nato-Erweiterung. So behauptete er, russische Bedenken zur Ausbreitung des Bündnisses seien einfach ignoriert worden, obwohl der Westen gewusst habe, „dass die Nato-Erweiterung auf Kosten der Ukraine für Russland inakzeptabel ist“.
Mit Blick auf die Annektierung von ukrainischem Territorium sagte er: „Russland konnte nicht die Unabhängigkeit vom Donbass anerkennen und sie dann einfach im Stich lassen.“ Es handle sich um einen historischen Fakt, „dass ukrainische und russische Menschen gleich sind“. Immerhin habe Russland die heutige Ukraine „erschaffen“ und nur Moskau könne daher die Sicherheit des Landes garantieren.
„Die Welt befindet sich vor einem historischen Wendepunkt.“ Das „wichtigste Jahrzehnt seit Ende des Zweiten Weltkrieges“ stehe bevor.
Traditionelle Gesellschaften mit traditionellen sowie geistlichen Werten seien dabei das Fundament. Der Westen dürfe hier keine „neumodischen Trends in Form von dutzenden Geschlechtern“ auferlegen. mehr Informationen
Putin bringt immer wieder neue Argumente, was das eigentliche Problem sein. Neu geht es um tradionelle Werte.
2.12.22 Der Historiker Timothy Snyder auf t-online: Russland muss diesen Krieg zu seinem eigenen Besten verlieren. Denn sonst könnte sich das Land niemals von seinem imperialen Wahn verabschieden. Es kann in Russland weder ein Rechtsstaat noch eine lebendige Zivilgesellschaft entstehen, solange alles der Wiederrichtung des Imperiums untergeordnet und dem verlorenen Kolonialreich nachgetrauert wird. Die erfolgreichen rechtsstaatlichen Demokratien in Europa, beginnend mit Deutschland selbst, entstanden nach eindeutigen militärischen Niederlagen, die sie in imperialen Kriegen erfahren haben. weiterlesen: Sieg der Ukraine hilft Russland längerfristig