Bassam Tibi schreibt in der BAZ: Wer in Deutschland dem Glaubenssatz «Wir schaffen das!» nicht zustimmt, wird als «Populist» und «islamophob» ausgegrenzt. Mit Demokratie hat das nichts mehr zu tun.
In der DNA der deutschen politischen Geschichte fehlt eine Kultur des sachlichen Debattierens miteinander. Der jüdische Soziologe Reinhard Bendix definierte Demokratie als politisches Mandat des Volkes, als eine politische Kultur, die in England und Frankreich im 16. Jahrhundert – später auch in der Schweiz – in einem Prozess der Transformation geboren wurde. Eine solche Entwicklung kennen die Deutschen nicht, und es überrascht deshalb nicht, dass die amtierende Bundeskanzlerin existenzielle Entscheidungen obrigkeitsstaatlich trifft, wie etwa die Entscheidung, 1,5 Millionen Muslime nach Deutschland hineinzulassen.
H.-H. Tiedje, Medienberater von Bundeskanzler Kohl, urteilt in einem Artikel für die NZZ vom 8. August: Merkel kenne aus ihrer DDR-Vergangenheit «das Volk nur als Masse, das die Vorgaben der Politik zu beachten» habe. Das Volk habe Merkels Slogan «Wir schaffen das!» widerstandslos zu befolgen, und dies tun die Deutschen, obwohl sie nicht zustimmen. Mit «Wir» meint Merkel alle Deutschen, und wer abweicht, ist ein «Rechtspopulist».
Das grösste Geschenk, das Deutschland nach seiner Niederlage 1945 von den westlichen Siegermächten bekam, ist die Demokratie und das Grundgesetz. Diese wurden verordnet, sie sind nicht aus Deutschland selbst entstanden.
Deutschland hatte seit 1945 unter Adenauer und Schmidt grosse Fortschritte bei der Verwestlichung seiner politischen Kultur geleistet.
Doch die politische Kultur Deutschlands ist nicht so demokratisch, wie das Grundgesetz es vorsieht. Die „Verwestlichung“ wird heute durch Merkels Herrschaft, die faktisch einer „Veröstlichung“ der politischen Kultur gleichkommt, abgelöst.
Unter Merkels Herrschaft, flankiert von den zujubelnden Medien, entsteht eine Diktatur des vorherrschenden Narrativs, von der keiner abweichen darf. Kritiker erleiden in Deutschland Stigmatisierungen.
Der grösste Mangel an Demokratie resultiert aus der Vorherrschaft einer öffentlichen Meinung.
Vor dem Zustrom der Armutsflüchtlinge in diesem und dem letzten Jahr hat der Anteil der Wahldeutschen, die keine ethnischen Deutschen sind, an die 20 Prozent der Wohnbevölkerung erreicht.
Deutschland ist formal ein säkulares Land, das keine Staatsreligion in seiner Verfassung trägt. Ausserrechtlich gibt es jedoch ein Mantra namens «Willkommenskultur», verbunden mit dem Glaubenssatz «Wir schaffen das!». Wer dem nicht zustimmt, wird zwar nicht als Ketzer, dafür aber als «Populist» und «islamophob» ausgegrenzt. Armutsflüchtlinge sowie ihre veredelten vormodernen Kulturen sind in Deutschland uneingeschränkt willkommen, nicht aber «unbequeme Gedanken». mehr Informationen
Eine solche Entwicklung kennen die Deutschen sehr wohl! Auch schon vor 1945 gab es eine deutsche Demokratie. 1792/93 Rheinisch-Deutscher Nationalkonvent, 1830 Hambacher Fest, 1848/49 Märzrevolution und Frankfurter Nationalversammlung. Der damals entstandene Grundrechtekatalog ist zentraler Bestandteil unsere Grundgesetzes. 1919-1933 Weimarer Republik.