Die Bergpredigt – Die Vision von Jesus

Jesus predigt das Reich Gottes. So heißt es in Matthäus 4,23: „Er (Jesus) zog in ganz Galiläa umher, lehrte in den Synagogen, verkündete das Evangelium vom Reich und heilte im Volk alle Krankheiten und Leiden“.

Aber was genau meint er damit? Was ist seine Vision? Was sind seine Prioritäten?

Die Bergpredigt ist das Manifest oder Programm Jesu und die erste schriftliche Überlieferung von Jesus. Was sie uns sagen will, wollen wir in einer neuen Reihe über die Bergpredigt untersuchen.

Radio Maria Schweiz, 9. April 2025, Live 14 Uhr, Wiederholung 22 Uhr und Donnerstag 10. April  2 Uhr

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Hier eine Zusammenfassung:

Die Bergpredigt steht in Matthäus 5-7. Dieser Evangeliums Bericht wurde vom Jünger Matthäus geschrieben.
Matthäus war als Levit aufgewachsen. Er verlinkt die Ereignisse von Jesus immer wieder mit dem ersten Teil der Bibel. Dann war er zuvor auch Zöllner (Matthäus 10,3) und damit auch schreibkundig. Als gebildeter Mann hatte er sich während der Predigt von Jesus wahrscheinlich Notizen gemacht. So kann er als einziger die Schwerpunkte der Bergpredigt wiedergeben. Die Bergpredigt ist damit auch ein Hinweis darauf, dass die vier Evangelien Augenzeugenberichte wiedergeben.

Die Evangelisten Matthäus und Johannes waren Jünger Jesu. Markus war der Schreiber des Petrus. Lukas war der Schreiber des Paulus und recherchierte bei den Augenzeugen (Lukas 1,2-3).

Die Bergpredigt ist also die erste schriftliche Überlieferung von Jesus. Sie findet auf einem Berg statt. So lesen wir in Matthäus 5,1: „Als Jesus die vielen Menschen sah, stieg er auf den Berg. Er setzte sich und seine Jünger traten zu ihm. 2 Und er öffnete seinen Mund, er lehrte sie und sprach.“

Auch die Gesetzestafeln bei Mose wurden auf einem Berg überreicht (2.Mose 19-32). Es geschieht hier also etwas wichtiges. Gott offenbart uns durch Jesus seine Gedanken.

Jesus eröffnet seine Predigt mit der Seligpreisung. Sie ist ein Paradox. Jesus fordert seine Zuhörer auf, den Blick nicht auf die Starken, sondern auf die Schwachen zu richten. Es geht nicht um gesellschaftliche Stellungen, sondern um Einstellungen. Nicht die Not hört auf, aber man ist in ihr gesegnet.

Jesus beginnt mit „Selig“ …  Das Wort „Selig“ hat heute eine neue Bedeutung. Wenn jemand verstorben ist, wird er in amtlichen Dokumenten als „selig“ bezeichnet. Manchmal wird das Wort auch mit „von allen irdischen Übeln erlöst“ gedeutet. In den englischen Bibeln wird selig mit „blessed“ übersetzt. Also „gesegnet sind“. Das trifft den Kern der Aussage von Jesus sehr gut.

Das griechische Wort ist makarios (μακάριος). Damit wird eine Bedingung für eine Heilszusage eröffnet. 60 Prozent aller biblischen Makarismen finden sich in den Psalmen. Zum Beispiel in Psalm 1. So übersetzt die Einheitsübersetzung Psalm 1,1 so: „Selig der Mann, der nicht nach dem Rat der Frevler geht…“, andere übersetzen mit: Wohl dem, der nicht wandelt im Rat der Gottlosen …“ Hier wird in der Septuaginta, der griechischen Übersetzung der hebräischen Bibel, das Wort ascheri (אַשְׁרֵי־הָאִישׁ) (glückselig; glücklich) mit makarios übersetzt.

Also selig meint: gesegnet, glücklich ist oder wohl dem Menschen.

Im Judentum werden Feiern mit einem Segen eröffnet. So beginnt Jesus nach jüdischem Brauch seine Rede mit einem Segensspruch: „Gesegnet sind die arm sind vor Gott, die Trauernden, die Sanftmütigen, die nach Gerechtigkeit hungern, die Barmherzigen, die rein sind im Herzen, die Frieden stiften und Verfolgten.“

Jesus will das Reich Gottes mit eigenartigen Menschen aufbauen.

Denn erfolgreich scheinen in dieser Welt eher die Gelehrten, die Glückspilze, die Dominanten, die Individualisten, die am Prinzip orientierten Menschen, die Schlaumeier, die Kämpfer und die Mächtigen zu sein, die das Gegenteil von denjenigen sind, welche Jesus erwähnt.

Jesus setzt in der Bergpredigt einen besonderen Akzent. Er will sein Reich nicht mit den Starken aufbauen, sondern das Augenmerk auf die Schwachen legen. Er hebt die Not nicht auf, sondern gibt darin Hoffnung. Er unterwirft nicht mit Macht, sondern wirbt mit Liebe.

Das irdische Leben ist nicht das Ziel, sondern die Vorbereitung auf ein ewiges Leben in Gemeinschaft mit Gott. Das Reich Jesu gibt jedem Menschen wieder Hoffnung und eine Zukunft, auch wenn die unmittelbare Veränderung noch ausbleibt.

Jesus zog durch ganz Galiläa, lehrte in den Synagogen und predigte vom Reich Gottes. Seine Wahlheimat Kapernaum lag am Flaschenhals der damaligen Handelsstraßen. So verbreitete sich seine Botschaft über die Via Maris nach Syrien, Galiläa, in die freien Städte, nach Jerusalem, Judäa und sogar jenseits des Jordans (Matthäus 4,23-25). Jesus hat seine Botschaft im damaligen Facebook und Internet platziert.

Die Bergpredigt beschreibt eine Leitlinie, ein Ideal. Sie ist wie die Mittellinie einer Straße. Andere Gebote in der Bibel beschreiben den Straßenrand. Wer ihn überschreitet, kommt zu Schaden. Unser Leben pendelt zwischen dem Ideal, der Wirklichkeit und dem Scheitern. Jesus gibt auf unserem Weg neue Hoffnung.

Jesus fordert seine Zuhörer auf, den Blick nicht auf die Starken, sondern auf die Schwachen zu richten. Er hebt die Not nicht auf, sondern gibt darin Hoffnung. Wo können wir das sehen?

Die einzelnen Seligpreisungen (Matthäus 5,3-12) haben ganz überraschende Aussagen. Schauen wir uns nun die einzelnen Passagen an:

3 Selig, die arm sind vor Gott; denn ihnen gehört das Himmelreich

Das Gegenteil von arm ist reich. Jesus verspricht aber nicht wohlhabende Ministerposten. Auch nicht, dass es uns hier auf Erden gut geht. Dieser Vers meint auch nicht Ungebildete, oder einfache Menschen oder solche, die geistig benachteiligt sind.

Die Formulierung ist speziell: „Selig, die arm sind vor Gott; denn ihnen gehört das Himmelreich.“ Das trifft es sehr gut. Wer seine Bedürftigkeit vor Gott einsieht, den beschenkt Gott mit seiner Gegenwart. Erst wenn ich einsehe, dass ich Gott brauche, kann er mir helfen. Dann öffnet er mir den Blick für Gott und sein Reich. Es geht also darum, dass wir unsere Bedürftigkeit vor Gott realisieren und uns Gottes Gegenwart wünschen – sein Himmelreich.

Jesus sagt dann in Vers 4: 4 Selig die Trauernden; denn sie werden getröstet werden.

Die Frage, die sich stellt: Worüber trauern diese Menschen? Bemitleiden sie sich selbst? Erleiden sie Schicksalsschläge? Oder trauern sie wie Jesus um eine Menschheit, die sich nicht auf Gott einlassen will?

In Lukas 19,41-42 heißt es: „Als er (Jesus) näher kam und die Stadt (Jerusalem) sah, weinte er über sie und sagte: Wenn doch auch du an diesem Tag erkannt hättest, was Frieden bringt. Jetzt aber ist es vor deinen Augen verborgen.“

In Offenbarung 21,4 heißt es, Er wird alle Tränen von ihren Augen abwischen: Der Tod wird nicht mehr sein, keine Trauer, keine Klage, keine Mühsal. Denn was früher war, ist vergangen.“

Vielleicht will Jesus uns sagen, dass menschlicher Trost versagt. Nur Gott kann uns trösten. „sie werden getröstet werden Niemand kann unser Defizit füllen, als Gott allein.

In Vers 5 heißt es: 5 Selig die Sanftmütigen; denn sie werden das Land erben.

Oft sind es nicht die Sanftmütigen, die etwas bekommen, sondern die dominanten Menschen, die sich bedienen. Manchmal kann man ein ganzes Leben darauf warten, dass jemand unsere Qualitäten entdeckt oder diese fördern möchte.

Spannend ist das Verb „erben“. Bei Gott verdient man sich seinen Lohn nicht, sondern man bekommt ein Erbe. Wir erhalten als freies Geschenk, was der Vater im Himmel uns zuteilt. Paulus beschreibt in 1.Korinther 15,50, dass „Fleisch und Blut können das Reich Gottes nicht erben; das Verwesliche erbt nicht das Unverwesliche.“.

Das bedeutet, der Sanftmütige erhält eine Aufgabe (Land) im unvergänglichen Reich Gottes. Das kann eine Aufgabe in Hier und Jetzt sein und auch eine Aufgabe im himmlischen Jerusalem. Da werden wir einander zudienen. Jesus hat uns in Johannes 14,2 Wohnraum versprochen. „Im Haus meines Vaters gibt es viele Wohnungen. Wenn es nicht so wäre, hätte ich euch dann gesagt: Ich gehe, um einen Platz für euch vorzubereiten?

Gott schenkt also denen die den Mut haben sanft zu bleiben, eine Aufgabe in seinem ewigen Reich.

In Vers 6 steht dann: 6 Selig, die hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit; denn sie werden gesättigt werden. 

Wer ein Aufmerksamkeitsdefizit hat und dieses durch Hyperaktivität auszugleichen versucht, darf erfahren, dass Gott alle Bedürfnisse stillt. In Johannes 4,14 sagt Jesus zur Frau am Jakobsbrunnen: „Wer aber von dem Wasser trinkt, das ich ihm geben werde, wird niemals mehr Durst haben; vielmehr wird das Wasser, das ich ihm gebe, in ihm zu einer Quelle werden, deren Wasser ins ewige Leben fließt“.

Jesus füllt unser Defizit aus. Jeder von uns ist irgendwo ungerecht behandelt worden. Unter uns Menschen wird es nie gerecht zu und her gehen. Wir können uns auch nicht gegenseitig geben, was wir in unserem Innersten benötigen, denn Gott möchte Gerechtigkeit in uns schaffen. Uns geben was uns fehlt und einstehen für unser Recht. In Psalm 62,2 heißt es: „Bei Gott allein wird ruhig meine Seele, von ihm kommt mir Rettung.“

Jesus bringt mit wenigen Worten auf den Punkt, mit wem er Reich Gottes bauen will. Wer seine Bedürftigkeit vor Gott einsieht, den beschenkt Gott mit seiner Gegenwart. Gott ist der Tröstende. Er gibt neue Aufgaben und Gott stillt alle Bedürfnisse. Welche weiteren Menschen hat Jesus im Blick?

Ab Vers 7 heißt es: 7 Selig die Barmherzigen; denn sie werden Erbarmen finden.

Wer sich für andere einsetzt, für den wird sich auch der Vater im Himmel einsetzen (Matthäus 19,29). Barmherzigkeit bedeutet: Ich helfe jemandem aus freien Stücken heraus. Jesus sagt in Lukas 6,36: „Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist!“ Wie wir mit anderen Menschen umgehen, ist zentral. Eine Hilfe kann uns sein, dass wir nicht auf das achten, was wir gerade mit unseren Augen sehen, sondern uns vor Augen halten, zu was Gott diesen Menschen geschaffen hat und dass Gottes Barmherzigkeit jeden Menschen verändert. Dann werden wir barmherzig, lassen uns aber nicht von anderen ausnutzen und manipulieren.

In Vers 8 heißt es: 8 Selig, die rein sind im Herzen; denn sie werden Gott schauen.

Das ist eine interessante Aussage. Bei Gott zählen die Motive. Und es geht um die Gemeinschaft mit Gott. Das Gott schauen. Johannes schreibt in seinem ersten Brief, Kapitel 3,2-3: „wir werden ihn sehen, wie er ist. 3 Jeder, der diese Hoffnung auf ihn setzt, heiligt sich, so wie er heilig ist.“ Im Reich Gottes geht es um die Nähe Gottes. Das Leben dreht sich nicht um uns, sondern wird inspiriert von der Gemeinschaft mit dem Vater im Himmel und dem Wunsch Gott zu sehen, wie er ist. Gott können wir nichts vormachen. Das ist auch ein befreiender Gedanke. Wir können ihm unser Herz ausschütten, denn er weiß schon lange was uns bewegt.

In Vers 9 heißt es:  9 Selig, die Frieden stiften; denn sie werden Kinder Gottes genannt werden.

Wer mit Gott unterwegs ist, hat einen Wunsch: Die Versöhnung mit Gott. Paulus schreibt in 2.Korinther 5,20: „Wir bitten an Christi statt: Lasst euch mit Gott versöhnen!“ Und in Römer 8,14: „Denn die sich vom Geist Gottes leiten lassen, sind Kinder Gottes.“ Johannes schreibt in Johannes 1,12: „Allen aber, die ihn aufnahmen, gab er Macht, Kinder Gottes zu werden, allen, die an seinen Namen glauben“. Wer aus dem Frieden mit Gott heraus handelt, kann mit einer inneren Ruhe unterwegs sein. Wer die innere Gewissheit hat, ein Kind Gottes zu sein, muss auch nicht mehr für sich kämpfen. Wer bei Gott angekommen ist, der strahlt einen göttlichen Frieden aus.

Nun folgt ab Vers 10 eine herausfordernde Aussage:

10 Selig, die verfolgt werden um der Gerechtigkeit willen; denn ihnen gehört das Himmelreich. 11 Selig seid ihr, wenn man euch schmäht und verfolgt und alles Böse über euch redet um meinetwillen. 12 Freut euch und jubelt: Denn euer Lohn wird groß sein im Himmel. So wurden nämlich schon vor euch die Propheten verfolgt.

Hier zeigt sich wieder das Paradox. Man kann sich freuen, wenn man verfolgt wird. In Vers 12 heißt es: Freut euch und jubelt“. Verfolgung richtet sich nicht gegen uns als Person, sondern gegen unsere Verbundenheit mit Gott „der Gerechtigkeit willen“, genauso wie bei den großen Propheten. Die Menschen nehmen Gott in uns wahr und daran nehmen sie Anstoß. Für uns gilt die Verheißung Jesus aus Offenbarung 22,12: „Siehe, ich komme bald und mit mir bringe ich den Lohn und ich werde jedem geben, was seinem Werk entspricht.“

Menschen, die mit Jesus leben, haben immer auch eine Zukunfts-Perspektive. Es geht nicht nur um mein aktuelles Wohlbefinden. Sondern es lohnt sich auch Not auszuhalten, im Wissen um das ewige Leben in Gemeinschaft mit Gott.

Jesus fordert in seiner Predigt zu einem umgekehrten Denken auf.

Gottes Reich wird mit Menschen gebaut, die von Gott abhängig sind und seine Kraft in sich wirken lassen. Gott baut sein Reich mit den Menschen, die sich ihm anvertrauen und mit seiner Hilfe rechnen.

Das bedeutet, wir können nichts ohne ihn tun. Aber wir wollen offen sein, wo er durch uns Menschen das Reich Gottes erfahrbar machen will.

Am Anfang der Bergpredigt stehen zuerst göttliche Zusagen.

Nicht wir dienen Gott, sondern Gott dient durch uns den Menschen.

Reich Gottes dreht sich nicht nur um das Hier und Jetzt, sondern hat eine Ewigkeitsperspektive.

Das führt zu einem befreiten Christsein, das ansteckend ist.

Hanspeter Obrist April 2025

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