Der Erfolg der Salafisten in Ägypten an der Urne entbehrt nicht einer gewissen Ironie: Eigentlich lehnen sie westliche Erfindungen wie Verfassungen, Parlamente und Politik ganz allgemein ab. Im Gegensatz zu den Muslimbrüdern wurden sie unter Hosni Mubarak kaum verfolgt, eben weil sie keine politischen Ambitionen hegten und damit dem Regime nicht gefährlich werden konnten. Wie die Muslimbrüder konzentrierten sie ihre Ressourcen in wohltätigen Organisationen und erarbeiteten sich so Respekt und Ansehen in den ärmeren Bevölkerungsschichten.
Ihr plötzliches Interesse an der früher verschmähten Politik begründen sie mit dem Umstand, dass das neue Parlament auch die 100 Mitglieder der verfassungsgebenden Versammlung ernennen wird. Bei der Ausarbeitung wollen sie sicherstellen, dass Ägypten nicht plötzlich ein laizistischer Staat wie die Türkei wird.
An einer Pressekonferenz im Oktober zum Thema «Die Rolle der Frauen» erklärte einer ihrer Referenten, nur deshalb Kandidatinnen für die Parlamentswahlen aufzustellen, weil es das Gesetz verlangt. «Kein Land wird erfolgreich sein, wenn es von Frauen regiert wird», fügte ein anderer an. mehr Informationen