Koch und Pozzo di Borgo haben zwei Dinge gemeinsam: Sie sind von den Schultern abwärts gelähmt – und aufgrund ihrer Verletzung populär. Pozzo di Borgos Lebensgeschichte war jüngst im Kinohit „Ziemlich beste Freunde“ zu sehen. Samuel Kochs Biografie „Zwei Leben“ stürmte die Bestsellerlisten. Durch die Sendung „Stern TV“ kamen die ungleichen Männer erstmals in Kontakt: Koch ist 23 und Student, Pozzo di Borgo ist 61, Adelsspross, bis heute wohlhabend und lebt in Marokko. Doch ihr Schicksal verbindet sie. Samuel Koch verletzte sich bei einem Kunststück mit Sprungstelzen in der Sendung „Wetten, dass..?“ schwer, Pozzo di Borgos Lähmung ist Folge eines Gleitschirmunfalls.
Der gläubige Christ Koch erklärt im Gespräch: „Mir erschließt sich der Sinn meines Unfalls leider noch nicht so recht. Aber ich glaube, dass Gott auch auf krummen Zeilen gerade schreiben kann, beziehungsweise, dass er krumme Wege gerade machen kann und auch ich mir mit der Zeit einen Sinn erarbeiten kann.“
Auch Pozzi di Borgo kam nach seinem Unfall ins Nachdenken über den Glauben: „Wenn es Gott gibt, dann ist er in jedem Fall unschuldig. Er hat das nicht gewollt. Es ist Pech, ein Missgeschick, ein Fehler von uns oder ein Unfall, aber es ist auch eine Chance für uns“. „Die Spiritualität ist für mich als Behinderten essentiell geworden. Was das Christentum von vielen anderen Religionen unterscheidet, ist, dass es nicht unbedingt eine göttliche Hand ist, die alles entscheidet, sondern dass Gott uns als freie Menschen will, die ihre Verantwortung annehmen.“
Für den Franzosen ist seine Popularität vor allem ein Segen. „Vielleicht können wir mit unserer Prominenz nützlich für andere Rollstuhlfahrer sein, vielleicht auch für die Nichtbehinderten. Es macht mir nichts aus, der Clown des Systems zu sein – das ist in Ordnung. Ich war stets überzeugt, dass wir eine Verantwortung tragen – egal in welchem Gesundheitszustand wir sind“, sagt er.
Für Koch ist die Lage komplizierter: „Ich fühle mich ja schon unwohl, wenn ich allein in meinem Zimmer im Rollstuhl sitze und mich nicht bewegen kann. Dieses Unwohlsein empfinde ich erst recht, wenn ich nach draußen gehe und von anderen angeschaut werde. Noch schlimmer ist es, wenn ein Kamerablitzlicht auf mich gerichtet ist.“ Doch auch er ist überzeugt: „Wenn diese Öffentlichkeit etwas Gutem dient oder eine gewisse Produktivität hat, hilft einem das über die Sinnlosigkeit eines solchen Unfalls ein wenig hinweg, allein dadurch, dass woanders ein Sinn entsteht.“
Die Hoffnung auf eine vollständige Genesung will Koch nicht aufgeben. Dennoch versuche er, mit seiner Lage leben zu lernen: „Philippe hat mir sein Buch mit den Worten signiert: ‚Stick in the present!‘ Ich lebe erst mal im Hier und Jetzt.