Zwingli erscheint im Film als sozialer Reformer, der von der Herrschaft der Kirche befreit. Vielleicht ist deshalb der Film so ein Erfolg, weil er die heutigen Fragen aufnimmt, wie soziale Ungerechtigkeit, Ausbeutung, der Kampf um die gesundheitliche Grundversorgung, Zölibat und inwieweit wir eine Institution Kirche brauchen.
Eingeladen nach Zürich wurde Zwingli, weil er gegen das Söldnergeschäft war. Durch seine Predigten entdeckten die Leute, dass sie sich auch ohne Vermittlung direkt an Gott wenden konnten.
Nicht erwähnt wird im Film, dass man in Zürich zuvor den gleichen Ablass erhalten konnte wie in Rom. Zwingli hat sich zuvor für den Papst eingesetzt und deshalb die Stelle in Glarus verloren und ist nach Einsiedeln gegangen. Auch die Kappeler Milchsuppe wird ausgeblendet, obwohl sie die Grundlage gelegt hat, dass sich die Eidgenossen nicht endlos bekriegt hatten. Wahrscheinlich hat der Tod Zwinglis bewirkt, dass man dachte, die Reformation komme ohne ihren Kopf zu einem Ende. Gut kommt im Film zum Ausdruck, dass die Reformation in der Schweiz nicht eine Einzelaktion war, sondern von einem Kollektiv mitgeprägt wurde.
Hier einige ergänzende Informationen: Die etwas andere Reformation in der Schweiz
Peter Opitz, Professor für Reformationsgeschichte in Zürich sagt über Zwingli: Christus war für Zwingli der Mensch gewordene Gott, der Gottes Menschenfreundlichkeit zeigt, die Welt mit Gott versöhnt und die Menschen zum Vertrauen und in die Nachfolge ruft. Die erste Barmer These von 1934, die ja indirekt von Zwingli stammt, bringt es auf den Punkt: Christus ist das eine Wort Gottes, dem allein Christen vertrauen und dem allein sie zu gehorchen haben.
Zwinglis Verständnis des christlichen Gemeinwesens war weniger durch seine Lehre von Christus geprägt als durch Zeit und Kultur des 16. Jahrhunderts. Er dachte genossenschaftlich mit einem Schuss eidgenössischem Patriotismus.
Dass der Stand Zürich wie alle anderen eidgenössischen Stände, christlich war und auch sein wollte, war ihm selbstverständlich. Eine Alternative gab es nicht. Schliesslich leistete man regelmässig Eide auf den christlichen, dreieinigen Gott, etwa als Versprechen, dass man sich an die geltenden Gesetze halten und den Bundesgenossen treu beistehen werde. Ohne regelmässigen Eid gab es keine Rechtssicherheit. Der gemeinsame christliche Glaube war also die Basis des Zusammenlebens schlechthin.
Weiter sagt Opitz: Dass die ersten Täufer in Zürich «verfolgt» wurden, habe ich früher auch geglaubt. Seit ich mich in die Quellen und die Rechtsverhältnisse des 16. Jahrhunderts vertieft habe, denke ich anders (das gilt nicht für spätere Zeiten, die man gesondert betrachten muss): Für die Jahre 1525-32 kann man in Zürich nicht von einer «Täuferverfolgung» sprechen.
Das Hauptproblem war weniger die Glaubenstaufe als die Verweigerung des christlichen Bürgereids durch die Täufer, im 16. Jahrhundert Grundlage des rechtlichen und geordneten Zusammenlebens überhaupt. In den Augen des Rates war das zwangsläufig Aufruf zur Revolution, und das Delikt war nicht religiös, sondern politisch: Meineid und renitenter Ungehorsam gegen obrigkeitliche Mandate, also staatliche Gesetze im Verständnis des 16. Jahrhunderts.
Das religiöse Bedürfnis des Volkes aller Zeiten, hat gerne «Priester», die einem die Anstrengung des eigenen Glaubens abnehmen und durch kultische Handlungen mit Gott vermitteln. Die spätere Staatkirche machte aus Pfarrern Staatsdiener.
Was uns die Reformatoren immer zu sagen haben: Die Aufgabe aller Christen aller Zeiten ist es, auf Christus zu hören, wie er in der Bibel bezeugt ist, und sich nicht zu schämen, sich öffentlich zu ihm zu bekennen, ganz egal, was das für Konsequenzen hat. Solange man in einer Gemeinde ernsthaft darüber diskutiert, was das in der Gegenwart bedeutet und bereit ist, voneinander zu lernen, ist eine Gemeinde lebendig. mehr Informationen
Februar 2019