Die beiden bisherigen Spitzen des Rates, der Oberkommandierende und Verteidigungsminister Marschall Tantawi und Generalstabschef Sami Anan, „wurden von Präsident Mursi in den Ruhestand versetzt“, wie es offiziell hieß. Zugleich wurden sie mit Lob überschüttet und mit hohen Orden ausgezeichnet. Ferner wurden sie zu Beratern des Präsidenten bestimmt.
Ein neuer Verteidigungsminister wurde ernannt, General Abel Fattah as-Sisi. Er übernimmt offenbar auch den Vorsitz des Militärrates. Auch ein neuer stellvertretender Verteidigungsminister wurde bestimmt: Muhammed al-Assas. Beide sind hochrangige Generäle und Mitglieder des Militärrates. As-Sisi soll der jüngste unter allen Mitgliedern des Rates sein. Neuer Generalstabschef wurde Sidqi Subhi, ebenfalls ein General und Mitglied des Rates. Schon am Tag zuvor hatte Mursi den Geheimdienstchef der Armee abgesetzt und einen neuen ernannt: Abdel Wahid Shebata.
Anlass zu der Machtverschiebung gaben zweifellos die Vorgänge auf der Sinai-Halbinsel, wo in der Woche zuvor 17 Grenzwächter von unbekannten Tätern, dem Vernehmen nach 35 Personen, vermutlich islamistische Radikale, überfallen und ermordet worden waren.
Der sogenannte „Verfassungszusatz“ vom 17. Juli bestimmte, dass der Präsident keine Befugnis hat, innerhalb der Armee Beförderungen vorzunehmen. Legal gesehen hat Mursi die „zusätzliche Verfassungserklärung“ der Militärführung vom 17. Juni annulliert. Aufgrund dieser Annullierung hat er dann die Neubesetzung der Führungsposten in der Armee angeordnet.
In dieser Hinsicht ist die Ernennung von Mahmud Makki zum Vizepräsidenten Ägyptens, die Mursi ebenfalls am Sonntag bekanntgeben ließ, von Bedeutung.
Die Ereignisse in Sinai sind recht undurchsichtig. Die ägyptische Presse zeigte sich skeptisch über die angeblichen militärischen Erfolge in der behaupteten Großaktion. Die indirekten Schilderungen sprachen nicht dafür, dass die Armee wirklich hart zugeschlagen und viele „Terroristen“ getötet hat. Sogar die erwähnten Bombardierungen hätten in der leeren Wüste stattgefunden, konnte man lesen. Auch seien bloß sieben der angekündigten vielen hundert unterirdischen Gänge in den Gaza-Streifen wirklich zerstört worden.
Schon am Sonntag haben Freunde der Muslimbrüder auf dem Tahrir-Platz ihre Freude über Mursis Entlassungen zum Ausdruck gebracht. Die Sprecher der Bruderschaft priesen den Präsidenten und die „zweite Revolution“, die er nun durchgeführt habe.