In der Landeshauptstadt Dhaka (Bangladesch) sind hunderte Christen und weitere religiöse Minderheiten für Religionsfreiheit auf die Straße gegangen. Sie forderten eine sofortige Aufhebung der umstrittenen pakistanischen Blasphemiegesetze.
So richteten die Demonstranten über die diplomatische Vertretung Pakistans in Bangladesch ein Memorandum an Pakistans Premierminister Imran Khan.
Organisiert hatte die Kundgebung vom Mittwoch 23.9.20 die größte interkonfessionelle christliche Vereinigung Bangladeschs, die Bangladesh Christian Association (BCA). Deren Vorsitzender, Nirmol Rozario, erklärte: „Keine Religion billigt Gewalt und Töten im Namen der Religion. Aber in Pakistan werden Christen und andere Minderheiten unmenschlichem Missbrauch und Druck ausgesetzt, ihnen wird der Dolchstoß versetzt aufgrund eines drakonischen Blasphemiegesetzes. Wir fordern ein Ende der Unterdrückung und Sicherheit für alle religiösen Minderheiten in Pakistan sowie einen sofortigen Widerruf der Blasphemiegesetze in Pakistan.“
Rozario erinnerte auch an den Fall Asif Pervaiz. Der Pakistanische Christ war wegen angeblicher Blasphemie zum Tode verurteilt worden, weil er per SMS den Islam beleidigt habe. mehr Informationen
Pakistan hat seit Einführung der verschärften Blasphemiegesetze im Jahr 1986 rund 1.500 Personen unterschiedlich hart verurteilt. Von den Behörden wurde bislang jedoch keines der zum Teil verhängten Todesurteile vollstreckt. In mindestens 60 dokumentierten Fällen nahm diese »Aufgabe« jedoch ein wütender Mob in die eigenen Hände und lynchte vermeintlic he Gotteslästerer. Neben satten Kopfgeldern wird den Mördern von angeblichen Blasphemisten oft auch eine große gesellschaftliche Anerkennung zuteil. Dass es sich bei Blasphemieanschuldigungen immer wieder um persönliche Racheaktionen ohne fundierte Grundlage gehandelt haben soll, lässt die Morde in einem doppelt grausamen Licht erscheinen.
Ein schiitischer Muslim aus dem ostpakistanischen Bahawlpur etwa ließ sich im Sommer 2017 im Zuge einer Facebook-Debatte über den Islam und die Rolle des Propheten Mohammed von einem sogenannten Antiterrorfahnder zu einer vermeintlich harmlosen Aussage hinreißen, die ihm als Gotteslästerung zur Last gelegt wurde. Die Verurteilung zum Tod am Galgen folgte wenig später.
Noch skuriller verlief 2017 der Gouverneurswahlkampf im indonesischen Hauptstadtdistrikt Jakarta. Islamistische Hardliner verbreiteten regelmäßig eine äußerst umstrittene Interpretation einer Koransure, wonach Muslime keine Nichtmuslime wählen dürften. Der christliche Amtsinhaber Basuki Purnama sagte daraufhin, dass es zwar in Ordnung sei, ihn deshalb nicht zu wählen, falls man Angst habe, dafür in der Hölle zu landen. Fakt sei jedoch, dass es sich dabei um eine Lüge handle. Das Gericht verstand dies als Verunglimpfung des Islams und verurteilte Purnama nach dem Blasphemiegesetz zu zwei Jahren Haft.
In 71 Staaten der Welt gelten heute noch Blasphemiegesetze. mehr Informationen
Bei den sogenannten Blasphemiegesetzen handelt es sich um die Artikel 295 bis 298 («Verstöße gegen die Religion») des pakistanischen Strafgesetzbuchs.
Einige Normen schützen die Religionen allgemein, andere beziehen sich explizit auf den Schutz des muslimischen Glaubens (den Koran und den Propheten Mohammed) sowie gegen die angeblich ketzerischen Ahmadiyya, denen die Verwendung muslimischer Begriffe verboten wird. Während religiöse Minderheiten nur etwa 7% der 186-Millionen-Bevölkerung stellen, richten sich etwa 40% der Blasphemieanklagen gegen sie. mehr Informationen