Deal zwischen Libanon und Israel

Die israelische Regierung hat das Abkommen zur gemeinsamen Seegrenze mit dem Libanon abschliessend verabschiedet und den Weg zur Unterzeichnung freigegeben. Dies sei eine diplomatische Errungenschaft, sagte Israels Regierungschef Jair Lapid am Donnerstag 27.10.22 zu Beginn der Sondersitzung des Kabinetts in Jerusalem.

Das Abkommen sieht vor, dass das Karish-Feld unter israelischer Kontrolle steht und das Qana-Feld an den Libanon übergeben wird. Da jedoch ein Teil des Qana-Felds jenseits der künftigen Demarkationslinie liegt, erhält Israel einen Anteil an den Einnahmen, die dem Libanon künftig daraus erwachsen werden.

Heiko Wiemen, Projektleiter für Irak, Syrien und Libanon bei der in Brüssel ansässigen Denkfabrik Crisis Group, erklärte, die Energiekrise in Europa habe eine wichtige Rolle beim Zustandekommen des Abkommens gespielt.

Das Qana-Feld umfasst Gasreserven, die derzeit auf knapp über drei Mrd. Euro geschätzt werden und dem Libanon jährliche Einnahmen zwischen hundert und zweihundert Mio. Euro pro Jahr bescheren werden. mehr Informationen

12.10.22 In Israel stößt das Abkommen auf heftigen Widerstand.

Die beiden verfeindeten Nachbarn Libanon und Israel haben sich im jahrelangen Streit um lukrative Erdgasfelder vor deren Küste geeinigt. Der Konflikt drohte zu eskalieren, da insbesondere die vom Iran unterstützte Hisbollah im Libanon eine Einigung lange ablehnte.

Israel könnte damit für die EU als Gaslieferant an Bedeutung gewinnen und Europas Energiekrise künftig mildern. Eine Absichtserklärung über Gaslieferungen via Ägypten war bereits vor Monaten unterzeichnet worden. Darüber hinaus ist eine Stabilisierung der Sicherheitslage in der Region für Europa von großer Bedeutung. „Das Gas, das Israel bereits heute aus seinen beiden Feldern Tamar und Leviathan fördert, könnte mittelfristig zehn bis 15 Prozent des Gases ersetzen, das die EU aus Russland importiert hat“, schätzt die israelische Erdgasberaterin Gina Cohen. 

Der Deal zwischen den ehemaligen Kriegsparteien wurde von libanesischer Seite als „historisches Abkommen“ bezeichnet. Dennoch sei eine solche Vereinbarung keine Partnerschaft mit Israel, sagte der libanesische Präsident Michel Aoun. US-Verhandler Amos Hochstein traf die beiden Parteien stets separat, direkte Gespräche hätten nicht stattgefunden. Die Regierung in Beirut bezeichnet Israel als Feind und erkennt das Land nicht an.

Eine offizielle Bestätigung von libanesischer Seite stand zunächst auch noch aus. Aus dem Präsidentenamt hieß es informell aber, dass auch Beirut und insbesondere die Hisbollah dem unter US-Vermittlung zustande gekommenen Abkommen zustimmt. Israels Regierung will das Abkommen binnen weniger Tag beschließen. Wenn auch der Unterzeichnung des Grenzabkommens grundsätzlich nun nichts mehr im Wege steht, wird man wahrscheinlich aber mit dem praktischen Schritt bis nach den israelischen Wahlen vom 1. November warten müsse.

Zwei Jahre lang hatte der US-Vermittler Amos Hochstein zwischen den beiden Ländern vermittelt und vor wenigen Tagen den endgültigen Vorschlag an beide Parteien übermittelt. Die Details der Einigung sind bisher nicht bekannt.

Den Ausschlag für das Ja des Libanon zur Beilegung des Grenz- und Wirtschaftskonflikts gab daher wohl die wirtschaftliche Notlage, in der sich das Land seit Jahren befindet. Der Libanon braucht die Einnahmen aus dem Gasverkauf mehr als dringend. Anders als Israel hat der Libanon aber noch nicht einmal den Förderauftrag an eine Firma vergeben. Bis libanesisches Gas fließt, wird es noch Jahre dauern. Dazu kommen vermutlich auch Zusagen der USA, den Libanon finanziell zu unterstützen.

Die konservative iranische Zeitung „Vatan Amroz“ zeigt heute Morgen Hassan Nasrallah auf dem Cover ihrer Ausgabe, neben seinem Bild titelt „Sieg der Hisbollah ohne Krieg“.

Arabischen Medienberichten zufolge wird das Karish-Feld, mit dessen Erschließung Israel vor kurzem begonnen hat, in israelischer Hand bleiben, während das nahe gelegene Qana-Feld vollständig auf libanesischem Gebiet liegen wird, was offensichtlich ein massives israelisches Zugeständnis darstellt.

In Israel stößt das Abkommen auf heftigen Widerstand. IDF-Brigadegeneral (a.D.) Amir Avivi, Gründer und Vorsitzender der Habithonistim-Bewegung des Israelischen Verteidigungs- und Sicherheitsforums (IDSF), sagte am Dienstag im israelischen Rundfunk: “Dies ist ein gefährlicher Präzedenzfall, in dem die Hisbollah uns bedroht – und wir ziehen uns vor den Wahlen mit enormer Geschwindigkeit auf die libanesischen Positionen zurück. Die Hisbollah ihrerseits hat Israel in die Knie gezwungen”.

Mehrere Organisationen haben angekündigt, die Entscheidungen von Ministerpräsident Yair Lapid in dieser Frage vor Gericht anfechten zu wollen. Sie weisen darauf hin, dass er als Chef einer Übergangsregierung kein Mandat hat, solche Entscheidungen zu treffen, und dass die Festlegung der Grenzen Israels per Gesetz ein nationales Referendum erfordert.

Oppositionsführer und Ex-Premierminister Benjamin Netanjahu erklärte am Montag, Lapid und [Verteidigungsminister Benny] Gantz hätten sich “hinter dem Rücken der Bürger Israels und der Knesset der Erpressung der Hisbollah gebeugt”. “Sie übertragen im Rahmen eines Liquidationsverkaufs strategische Vermögenswerte des Staates Israel an die Hisbollah. Die Hisbollah wird Milliarden der Gaseinnahmen nutzen, um sich mit Raketen und Flugkörpern gegen die Bürger Israels zu bewaffnen und der Iran wird sich vor Rosh Hanikra und vor Israels Gasreserven positionieren”, warnte er.

Hier sind einige Punkte aus dem Abkommen: 1. Israel gab die Verteidigungslinie auf. 2. Israel gab den Wortlaut „amerikanische Sanktionen“ auf und akzeptierte den Wortlaut der Hisbollah, der von „internationalen Sanktionen“ spricht. Das heißt: Es öffnet den iranischen Revolutionsgarden eine Tür, um vor Israels Seegrenze zu operieren. 3. Israel hat dem Libanon ein Vetorecht eingeräumt.

Gemäß dem neuen von den USA vermittelten Abkommen zwischen Israel und dem Libanon werden die USA also dessen Umsetzung durch beide Seiten garantieren. Erinnern wir uns an eine andere amerikanische Garantie vom Januar 1994: „Präsident Clinton kündigte ein Abkommen mit der Ukraine und Russland an, das gesamte Atomwaffenarsenal der Ukraine abzubauen, und begrüßte das lang ersehnte Abkommen als „einen hoffnungsvollen und historischen Durchbruch, der die Sicherheit aller drei Teilnehmer erhöht“. Im Rahmen des Abkommens werden die Vereinigten Staaten, Russland und Großbritannien der Ukraine Sicherheitsgarantien geben, wenn sie ihre Waffen aufgibt und dem Atomwaffensperrvertrag beitritt. Die Ukraine wird auch finanzielle Unterstützung beim Abbau der Waffen sowie eine Entschädigung für die Abgabe des hochangereicherten Urans in den Sprengköpfen erhalten, das in Brennstoff für zivile Kernreaktoren umgewandelt werden kann.“ Für die Ukraine hat es nicht funktioniert. Für Israel wird es wahrscheinlich auch nicht funktionieren.

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