Das geheimnisvolle Aleph-Tav

William H. Sanford und Chuck Missler verbreiten die Ansicht, dass hinter dem hebräischen Aleph-Tav-Zeichen ein Hinweis auf Jesus steht. Die Kombination Aleph-Tav beinhalte Y’shua haMashiach (Jesus der Messias). Zu diesem Schluss kommen sie, weil Jesus in Offenbarung 1,8 sagt, er sei das Alpha und das Omega (der erste und der letzte Buchstabe im griechischen Alphabet). In Offenbarung 21,6 wird das auch noch mit der Aussage kombiniert, dass Jesus der Anfang und das Ende sei. Im hebräischen Alphabet sind das Aleph und das Tav die ersten und letzten Buchstaben.

Hinter dieser Interpretation steht eine kabbalistische Auslegung der Bibel. In der Kabbala sucht man hinter dem eigentlichen Text geheime Botschaften. Es ist ein Suchen nach etwas, was der Text so nicht sagt. Der Fokus unseres Bibellesens sollte aber der Inhalt des Textes sein.

Ein Beispiel

אמת  `EMeT  bedeutet Wahrheit. Aleph ist der erste Buchstabe des hebräischen Alphabets und das Tav der letzte Buchstabe. Das Mem ist der mittlere Buchstabe. So steht nach kabbalistischer Interpretation die Wahrheit in der Mitte. Nun könnte man auch behaupten, dass man das Aleph-Tav-Zeichen erhält, wenn man der Wahrheit den Kern wegnimmt.

Mit dem Computer lassen sich viele versteckte Kombinationen finden. Doch solche Spielereien gehen am eigentlichen Sinn des Textes vorbei und haben ihren Ursprung eher darin, dass wir „göttliches“ Wissen erhalten möchten.

Der eigentliche Sinn des Aleph-Tav-Zeichens ist eine grammatikalische Funktion. In vielen Sprachen bildet man den Akkusativ durch die Satzstellung. Nicht so im Hebräischen. Dort benötigt man in bestimmten Fällen das Aleph-Tav-Zeichen, um den Akkusativ auszudrücken.

Der Akkusativ wird in den beiden folgenden Fällen durch die vorangestellte Silbe את ET gebildet:

  • wenn ein Substantiv ein Eigenname ist
  • wenn das Substantiv einen bestimmten Artikel hat, d.h. mit vorangestelltem ה Ha beginnt.

In allen anderen Fällen gibt es beim Akkusativ keine Veränderungen. Auch in der Dichtung lässt man das Akkusativzeichen weg. Wie im Deutschen erfordern auch im Hebräischen gewisse Verben den Akkusativ, andere nicht.

Nun zur Übertragung von Alpha und Omega zu Aleph-Tav. Beide sind Anfang und Ende des jeweiligen Alphabets.

Dass Gott der Anfang und das Ende ist, sagt auch die jüdische Bibel.

In Jesaja 44,6 steht: „So spricht der HERR (JHWH), Israels König, sein Erlöser, der HERR der Heerscharen: Ich bin der Erste, ich bin der Letzte, außer mir gibt es keinen Gott.“

Und in Jesaja 48,12: „Höre auf mich, Jakob, und Israel, mein Berufener! Ich bin, der da ist, ich der Erste, ich auch der Letzte.“

In Offenbarung 21,6 steht: „Und er (der auf dem Thron saß) sprach zu mir: Es ist geschehen. Ich bin das Alpha und das Omega, der Anfang und das Ende. Ich will dem Dürstenden aus der Quelle des Wassers des Lebens geben umsonst.“

Offensichtlich bezieht in Offenbarung 21,6 die Aussage auf das griechische Alphabet, weil Alpha und Omega griechische Buchstaben sind. Was hat Jesus wirklich zu Johannes gesagt? Sprach er Griechisch, Aramäisch oder Hebräisch? Hat Johannes die Aussage von Jesus in seine Zielsprache Griechisch übertragen? Wir wissen es nicht. Doch aus einer Spekulation neue theologische Aussagen zu bilden, geht am eigentlichen Sinn vorbei, dass uns in Jesus der begegnet, der Anfang und Ende ist. 

Auch kann und wird man überall in der Bibel die beiden Buchstaben Aleph und Tav entdecken. Wir treffen in jeder Sprache eine Buchstabenkombination an vielen Orten an, ohne dass sie eine besondere Bedeutung haben.

Wir wollen uns daher viel mehr auf den eigentlichen Sinn der biblischen Aussagen fokussieren, anstatt nach einem heiligen Gral* in der Schrift zu suchen, wie es im Untertitel der englischen Ausgabe steht.

*Der Heilige Gral ist der Kelch, aus dem Jesus Christus getrunken haben soll. Er ist die bekannteste aller Reliquien: Der Heilige Gral verspricht Erlösung und ewiges Leben. Josef soll eine Schale, die später als „Heiliger Gral“ bezeichnet wurde, unter die Wunden von Jesus gehalten und sie mit seinem Blut gefüllt haben.

Kabbala – die jüdische Geheimlehre

Die Kabbala (hebräisch Überlieferung) ist eine mystische Tradition und Geheimlehre des Judentums. In den 1960er Jahren wurde durch Rav Philip Berg die zweitausendjährige Tradition der Geheimlehre gebrochen, indem er das Wissen und die Weisheit der „lurianischen“ Kabbala vereinfacht der Öffentlichkeit zugänglic h machte. Sein Sohn, Yehuda Berg, veröffentlichte dann diese im Buch „Die Macht der … Kabbala – die jüdische Geheimlehre weiterlesen

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert