Mouhanad Khorchide analysiert in seinem Buch „Gottes falsche Anwälte“:
„Folgt man der muslimischen Überlieferung, begann der Prophet Mohammed im Jahr 610 mit der Verkündigung des Islams.“
„Als Hauptmedium diente die poetische Form. Die Suren wurden nicht vorgelesen, sie wurden rezitiert, ihr ästhetischer Klang sollte die Stimme Gottes (was der Inhalt des Korans darstellt) zu einem emotionalen Ereignis machen“ (Seite 21).
„Die poetische Form des Vortrags sollte eine gewisse Erhabenheit und Autorität ausstrahlen, die Anweisungen durften nicht einfach vorgelesen werden, sie mussten vielmehr zeremoniell rezitiert werden. Diese Form der Kommunikation diente an erster Stelle der Festung eines unbedingten Gehorsams“.
„Gerade die poetische Form der Vermittlung war es, die sich einem kritischen Denken in den Weg zu stellen versuchte. Denn sie zielte darauf, die Emotionen der Menschen zu bewegen. Nachdenken war hier nicht gefragt, im Gegenteil. So konnte die schleichende Festigung autoritärer Strukturen in der Gesellschaft ungehindert voranschreiten“ (Seite 35).
Eigentlich eine Gegenbewegung zu dem, was nach Khorchide die Grundabsicht war, aus fremdbestimmten Objekten eigenständige Subjekte zu machen. Denn der Gehorsam gegenüber den Machthabern wurde dem Gehorsam gegenüber Gott gleichgesetzt, soweit Khorchide.
Indem der Koran nur in Arabisch rezitiert wird, setzt man sich auch nicht inhaltlich mit der Botschaft auseinander. Sondern er ist wie ein Mantra, das einem in höhere Schwingungen versetzt und dem Sprecher Anerkennung und Autorität in allen Fragen des Lebens verleiht.
Das Sprechen im Namen Gottes ist eine problematische Frage, die sich in allen Religionen wiederfindet. Gott befreite das Volk Israel aus Ägypten, damit es ihm direkt in Freiheit dient. Jesus sagt in Johannes 8,36: „Wenn euch nun der Sohn frei macht, so seid ihr wirklich frei.“
Doch es scheint einfacher zu sein, sich einem System unterzuordnen, dass einem durch rituelle Handlungen, die man abhaken kann, Gottes Zuwendung verspricht.
Die andere Version ist, dass man die Zuwendung Gottes durch Jesus akzeptiert und sich auf eine Beziehung mit ihm einlässt.
Update folgt.
Bisherige Beiträge zu diesem Thema
Manipulierter Islam 11. Juni 2021
Das große Dilemma des Islams 18. Juni 2021
Mouhanad Khorchide ist Leiter des Zentrums für Islamische Theologie an der Universität Münster.
Update aus Diskussionen:
Der Unterschied ist, die Bibel beschreibt, was Menschen mit Gott erlebt haben. Darüber kann man diskutieren. Man findet wenig direkte Rede Gottes darin. Der Koran ist direkte Rede von Allah. Diese Texte rezitiert man und zwar nur in Arabisch. Nur Eingeweihte können die Texte beurteilen.