Corona hat das religiöse Verhalten verändert

Detlef Pollack (Religionssoziologe an der Uni Münster) sagt auf domradio:

Vor der Corona-Krise gingen in der katholischen Kirchen knapp 10 Prozent regelmäßig zum Gottesdienst, 2021 waren es weniger als die Hälfte mit 4,3 Prozent. Viele Menschen kehren nicht in die Kirchen zurück. Sie haben sich daran gewöhnt, dass man gar nicht zur Kirche gehen muss, sondern dass man auch Streamingdienste in Anspruch nehmen kann.

Wir sehen das nicht nur in der Kirche, wir sehen das auch beim Konzertleben oder bei den Theatern. Die Menschen haben an vielen Stellen erlebt, dass sie viele Dinge, die sie über Jahre hinweg gemacht haben, gar nicht so sehr brauchen. Andachten, Kirchenmusik oder Gottesdienste kann man zu Hause erleben. Viele haben das schätzen gelernt.

In der Studie haben meine Kollegin Carolin Hillenbrand und ich herausgefunden, dass doch relativ viele Menschen, nämlich knapp ein Drittel von sich sagen, dass sie während der Pandemie mehr gebetet haben als vor der Pandemie. Man kann schon sehen, dass manche Menschen diese Krise religiös verarbeiten.

Doch Not lehrt nicht unbedingt beten. Das sieht man ganz deutlich bei denjenigen, die konfessionslos sind. Die beten nicht mehr. Die Bedingung dafür, dass man mehr betet, ist, dass man schon religiös ist. mehr Informationen

Mangelnder persönlicher Kontakt zur Kirche ist nach Einschätzung des Religionssoziologen Detlef Pollack einer der Gründe für die schwächer werdende Kirchenbindung in Deutschland. Die Kirchen hätten sich seit Jahrzehnten verändert und immer neue Reformprogramme aufgelegt, erklärte Pollack. Das habe sie gesellschaftsoffener, politischer und liberaler gemacht. Den Abwärtstrend hätten sie dennoch nicht stoppen können.

Die evangelischen Kirchen seien in den letzten Jahrzehnten „menschenfreundliche, auf Dialog und Resonanz gestimmte Institutionen geworden, die versuchen, auf die individuellen Bedürfnisse der Menschen einzugehen“, würdigte der Wissenschaftler. Die Abkehr von den evangelischen Kirchen sei gleichwohl seit Jahrzehnten weitaus stärker als die von der katholischen Kirche.

Die Behauptung, die Menschen hätten ein starkes Interesse an Religion, sei „ein weithin gepflegter Irrglaube„, sagte Pollack weiter. Unter allen immer wieder abgefragten Lebensbereichen werde Religion stets die geringste Bedeutung für das eigene Leben eingeräumt. Wenn die Menschen gefragt würden, ob man auch ohne Kirche Christ sein kann, stimmten sie mehrheitlich zu. mehr Informationen

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