Christen im Süden des Iraks leiden weiterhin stark unter Angriffen radikaler Muslime und fliehen. Auch der Papst-Besuch im März habe an der mangelnden Religionsfreiheit nichts ändern können, erklären Menschenrechtler.
Im Südirak geht der Exodus der christlichen Minderheit nach Angaben von Menschenrechtlern unvermindert weiter. Die meisten Christen hätten die Region aus Angst, getötet oder entführt zu werden, inzwischen verlassen, berichtete der Nahost-Experte der Gesellschaft für bedrohte Völker, Kamal Sido, am Dienstag 25.5.21 in Göttingen. Viele der noch verbliebenen Christen zögen eine Umsiedlung in die kurdischen Landesteile oder gleich ins Ausland in Betracht.
„Auch wenn in der südirakischen Metropole Basra die Kirchenglocken noch läuten, finden die wenigen Gottesdienste in nahezu menschenleeren Gebetsräumen statt“, sagte Sido weiter. Während 2003 noch 2.000 bis 5.000 christliche Gläubige in dieser Stadt gelebt hätten, seien es heute noch etwa 500.
Christen und andere religiöse Minderheiten in dem vorderasiatischen Land leiden nach Angaben der Menschenrechtsorganisation seit Jahren unter Angriffen radikalislamistischer Gruppen sunnitischer oder schiitischer Prägung. Die irakische Verfassung vom Oktober 2005 garantiere zwar grundsätzlich die Glaubensfreiheit. Doch gleichzeitig werde der Islam zur Staatsreligion erklärt. Auch dürfe kein Gesetz verabschiedet werden, das gegen die Vorschriften des Islam und seines Rechtssystems verstoße.
Der Gesellschaft für bedrohte Völker zufolge hatten die christlichen Gemeinschaften im Irak große Hoffnungen in den Besuch des Papstes im März dieses Jahres gesetzt. Doch auch der Pontifex habe die irakische Zentralregierung und die irakischen Parteien nicht überzeugen können, der Religionsfreiheit und der Lage der Minderheiten im Land mehr Aufmerksamkeit zu schenken. mehr Informationen
Als größtes Problem für den Irak sieht der Beobachter die Einmischungen der Nachbarstaaten Iran und Türkei: Während der schiitische Iran radikale schiitische Milizen unterstütze, erhielten sunnitische islamistische Gruppen Hilfe vom NATO-Mitglied Türkei, so der GfbV-Referent. mehr Informationen
Papst Franziskus war es ein grosses Anliegen, die in den letzten Jahren entstandenen Gräben entlang der verschiedenen Volksgruppen im Irak zu schliessen. Er betonte immer wieder die Brüderlichkeit aller Menschen unabhängig ihrer Religionszugehörigkeit. Am Morgen des 6. März 2021 kam es in der heiligen Stadt Nadschaf zur Begegnung von Papst Franziskus mit dem 90-jährigen schiitischen Grossajatollah Ali al Sistani, dem bedeutendsten schiitischen Geistlichen im Irak, wo die Schiiten 70 Prozent der Bevölkerung ausmachen. Der geistliche Führer der irakischen Schiiten versicherte dem Papst, dass er sich in Zukunft dafür einsetzen werde, «dass die christlichen Bürger wie alle Iraker in Frieden und Sicherheit leben können, mit all ihren verfassungsmässigen Rechten.»
Am Mittwoch 26.5.21 gab es wieder Anti-Iran-Demonstrationen in Bagdad. Die pro-iranische Regierung ist nicht so nett zu ihnen. Es wird scharfe Munition verwendet und Menschen werden getötet.
Zu tausenden sind die Menschen in der irakischen Hauptstadt auf die Straße gegangen, um auf die tödliche Gewaltwelle gegen Demokratie-Aktivisten und Journalisten aufmerksam zu machen. Mit Porträts der Opfer, von denen einige von unbekannten Angreifern mit Schalldämpfern niedergeschossen worden waren, zogen die Demonstranten zu den wichtigsten Plätzen in Bagdad.
Viele waren aus Städten im Süden des Landes angereist. Vor rund zwei Wochen war in Kerbela etwa 80 Kilometer südlich von Bagdad der bekannte regierungskritische Aktivist Ihab al-Wasni erschossen worden. Er gehörte zu den führenden Vertretern der irakischen Protestbewegung. Der oder die Täter werden in den Reihen der schiitischen Milizen vermutet, die mit der irakischen Führung verbündet sind. Einen Tag später wurde ein Attentat auf den Journalisten Ahmed Hassan verübt. Er liegt seitdem im Koma.