«Die Lage verschärft sich zusehends. Menschen werden auf offener Strasse entführt oder erschossen.» Ein Kirchenleiter sagte dem Hilfswerk Open Doors, Autodiebstähle sowie die Entwendung von Benzin seien an der Tagesordnung. Bisher hätten nur wenige Christen das Land verlassen, «aber viele sind im Begriff, ihre Abreise zu organisieren. Um uns herum regnet es Bomben. Aber was uns am meisten zermürbt, ist die ständige Furcht.» In der Gefahr gewinnen Christen Kraft im Beten. «In unserer Kirche wird ununterbrochen gebetet», sagt ein Pastor in der Hauptstadt. Die syrischen Gläubigen appellieren an Christen im Ausland, für sie zu beten.
Syrien steckt in der Sackgasse, und die Gräben des Misstrauens zwischen den Religionsgemeinschaften vertiefen sich. Mit der am 26. Februar an der Urne genehmigten Verfassungsänderung kann kein Nicht-Muslim mehr Staatsoberhaupt werden.
Laut einem Beobachter in der Region schauen die Christen «gebannt wie eine hypnotisierte Maus auf zwei Schlangen: Die eine ist das noch bestehende System, dem gegenüber besonders die leitenden Christen, weniger die Jugendlichen, unter allen Umständen systemkonform erscheinen wollen.» Die andere seien die Islamisten.
Syrien gehört zu den Stammländern des Christentums. Die etablierten syrischen Kirchen haben unter dem Assad-Regime vergleichsweise grosse Freiräume genossen. Begreiflicherweise fürchten die Christen islamistische Herrschaft sowie Chaos und Terror wie im Irak.